SPD-Bürgerdialog in München - Liz (19) findet, dass Olaf Scholz "ein Lichtblick" für die Gen-Z ist

Noch lässt sich nicht erahnen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz hier in etwa 90 Minuten sprechen wird. Vor dem Löwenbräukeller in der Münchner Innenstadt ist am späten Samstagnachmittag nicht viel los. Nur wenige Meter von dem Ort entfernt, an dem am 13. Februar ein Mann in eine Menschenmenge raste, veranstaltet die SPD ein Bürgergespräch. 

Im urigen Saal der Brauerei angekommen, sind viele Plätze noch unbesetzt. Von der ausgelassenen Stimmung, die zu Oktoberfest-Zeiten in dem Gastbetrieb herrschen dürften, keine Spur. Die Betroffenheit über die jüngsten Ereignisse, sie ist spürbar. Dennoch scheint es unter den Anwesenden eine gewisse Zuversicht zu geben. Das macht sich in den Gesprächen immer wieder bemerkbar. So etwa im Austausch mit der 35-jährigen Sabrina. 

Sabrina (35) mag die "besonnene" Art von Olaf Scholz

"Die politische Situation ist gerade schwierig, ja. Die Wankelmütigkeit von Friedrich Merz überzeugt mich als Bürgerin aber überhaupt nicht. Olaf Scholz ist mit seiner besonnen, ruhigen Art der richtige Kandidat", findet die Bayerin, die in der Verwaltung einer Beratungsstelle für psychisch Erkrankte arbeitet. 

Der schreckliche Anschlag am Stiglmaierplatz werde ihre Wahlentscheidung nicht beeinflussen. "Ich finde es schwierig, dass, wenn so etwas vor einer Wahl passiert, immer hervorgehoben werden muss, aus welcher Nation diese Person kommt. Das ist meiner Meinung nach unerheblich."

Löwenbräu
1,5 Stunden vor Beginn herrscht noch Leere vor dem Veranstaltungsort. Focus online

Carlotta (19) findet es "gruselig, wie nah das jetzt ist"

Der Löwenbraukeller füllt sich nun langsam. Inmitten von Familien, Freunden oder eben Leuten, die allein kommen, fällt auf: Viele junge Frauen sind hier. 

Ganz am Rand des Saals sitzt die 19-jährige Studentin Carlotta. Die gebürtige Düsseldorferin will sich die Veranstaltung "einfach mal anschauen". Als Erstwählerin findet sie, dass die Sozialdemokratische Partei die ist, mit der sie "am ehesten sympathisiert". "Ich glaube, niemand hat gerade die perfekten Antworten. Aber Olaf Scholz hat die besseren. Wenn man sich die letzten Monate anschaut, ist es gruselig, wie nah das jetzt ist. Der Anschlag passierte wenige Straßen von da, wo ich wohne. Das macht sehr betroffen", sagt Carlotta mit ruhiger, aber klarer Stimme. 

Ob sie als junge Frau Angst hat, nachts unterwegs zu sein? "Da habe ich auf jeden Fall Bedenken. Die Taxi-Gutscheine hier in München finde ich eine gute Alternative, die nutzen auch super viele Freundinnen von mir."

Inge (56) will trotz allem "positiv bleiben"

Ganz so entschieden wie die Damen vor ihr ist die 56-jährige Inge (Name von der Red. geändert) nicht, wenn man sie fragt, ob ihr Olaf Scholz als Kanzler ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Nachdenklich antwortet die Diplom-Sozialpädagogin aus München mit einem langgezogenen "Joa" und holt dann aus: "Wenn man die Alternative anschaut, dann ja. Ich vertraue der SPD und ich vertraue auch dem Kanzler Scholz. Gut, die Umfragen sind leider schlecht, das wird sich wahrscheinlich auch nicht mehr gravierend ändern. Man muss trotzdem positiv bleiben." 

Vor sechs Jahren ist die Bayerin in die SPD eingetreten. Sie hat auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur gemacht, "ein Teil, den man der SPD zu verdanken hat", wie sie sagt. Warum sie außerdem Mitglied ist? "Nicht zu vergessen natürlich das Jahr 1933, das für mich immer präsent ist. Die Sozialdemokraten sind damals aufgestanden gegen den größten Mörder aller Zeiten - und niemand von den anderen Parteien."

Elisabeth (33) wünscht sich "Nähe von diesem Abend"

Am anderen Ende des Saals sitzt ein junges Paar. Er hat die Arme um ihre Stuhllehne gelegt, sie unterhalten sich angeregt. Kurz stören darf man trotzdem. Der 37-jährige Felix, der als Ingenieur tätig ist, ist mit Olaf Scholz' Entscheidungen der letzten Jahre "zufrieden". Seine Freundin Elisabeth holt weiter aus. Mit Blick auf die Wahl kommendes Wochenende sagt die 33-Jährige: "Ich gehe eher emotionaler an so eine Entscheidung ran. Die Ausstrahlung von Herrn Scholz gibt mir mehr Sicherheit als manch anderer Kandidat, weil er einfach souverän und kompetent rüberkommt. Vielleicht hat er nicht die stärkste Ausstrahlung, das braucht ein Mensch in seiner Position meines Empfindens aber auch nicht." 

Was sich die Sales-Managerin, die mit ihrem Partner seit neun Jahren in München lebt, von diesem Abend mit Olaf Scholz erwartet? "Nähe. Spaßeshalber habe ich vorhin schon gesagt, das ist wie bei einem Popstar, den man zum ersten Mal sieht."

Olaf Scholz
Bei der SPD-Wahlkampfveranstaltung beantwortete Olaf Scholz die Fragen der Bürgerinnen und Bürger. Photo by Michaela STACHE / AFP via Getty Images

Während der Schweigeminute hallt ein Schluchzen durch den Saal

Bevor der "Popstar" des Abends kommt, begrüßt die bayerische SPD-Riege aber erstmal pünktlich um 18.00 Uhr alle "Gäste sowie Genossinnen und Genossen". Gleich danach wird die Anteilnahme betont, die man nach dem Anschlag verspüre. Die Stimme von Ronja Endres, Vorsitzende der Bayern-SPD, wird brüchig, als sie die Anwesenden wenig später informiert: "Falls Sie die Eilmeldungen noch nicht gesehen haben, soeben wurde bekannt, dass eine Mutter und ihr zweijähriges Kind bei dem Anschlag ums Leben gekommen sind." 

Es folgt eine Schweigeminute, viele schließen dabei die Augen. Ein lautes Schluchzen erschüttert den sonst so stillen Saal. 

Wie nun weitermachen? Irgendwie geht das doch. Nach einem SPD-Werbespot, ein bisschen Musik und ein paar mehr Lichteffekten ist er dann da, der Mann, auf den hier alle gewartet haben. Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzen und applaudieren. Lange gefackelt wird nicht, jetzt muss Olaf Scholz dem Publikum Rede und Antwort stehen. Der Kanzler nennt den Anschlag dabei eine "unverzeihliche Tat", der Täter müsse "nach dem Verbüßen seiner Strafe auch in das Land zurückgeführt, werden, wo er herkommt". Danach geht es um hohe Mieten, das Gesundheitswesen, die Deutsche Bahn, wie Integration gelingen kann. Manche derjenigen, die nach ihrem Handzeichen das Mikrofon hingehalten bekommen, wollen dem Kanzler aber auch einfach nur "Danke" sagen. 

Liz (19) fragt den Kanzler, was er für die Gen-Z machen kann

So pünktlich wie der Abend begonnen hat, endet er schließlich um 20.00 Uhr auch wieder. Wer mag, kann nun mit dem Kanzler für ein Foto posieren. Schnell bildet sich eine lange Schlange. In dem Getümmel befindet sich auch die 19-jährige Liz. Während der Fragerunde wollte sie von Olaf Scholz wissen, wie er die Zukunftsaussichten für die Gen-Z verbessern kann. "Ich fand die Antwort des Kanzlers sehr gut und ja doch, zukunftsversprechend. Teilweise hätte es jedoch noch konkretere Punkte gebraucht. Also was genau muss noch verändert werden? Denn jetzt haben wir noch keine perfekte Version der Welt für die Gen-Z. Im Großen und Ganzen waren seine Ansätze aber ein Lichtblick. Also wenn sie so umgesetzt werden, wie er gesagt hat."

Liz
Abiturientin Liz kann sich vorstellen, später selbst mal in die Politik zu gehen. Focus online

In der Schlange für ein Selfie mit Olaf Scholz befindet sich auch Sabrina, die 35-jährige Dame vom Anfang dieses Textes. Sie beschreibt die SPD-Veranstaltung als gelungen. Etwas enttäuscht ist sie nur darüber, dass sie nicht die Chance bekommen hat, ihre Frage an den Bundeskanzler zu stellen. Sie hätte gerne das Thema psychische Gesundheit angebracht. 

Immerhin das mit dem Foto dürfte dann noch geklappt haben. Kompromisse sind in der aktuellen Zeit ja keine Selbstverständlichkeit mehr.