„Keine übergreifende Notfallplanung“ - Internes Papier enthüllt drängende Lücken im Asylsystem
Für Kanzler Olaf Scholz ist das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) die Lösung für die Herausforderungen der Flüchtlingskrise. Ab Mitte 2026 soll dieses System den Zustrom von Migranten nach Deutschland bremsen und die Asylverfahren an den Außengrenzen beschleunigen. Doch wie die „Bild“ berichtet, gibt es große Hürden bei der Umsetzung. Ein vertrauliches Papier des Innenministeriums, der sogenannte „Nationale Implementierungsplan“ (NIP), enthüllt gravierende Mängel im deutschen Asylsystem.
Deutschland besitzt „keine übergreifende Notfallplanung“
Demnach sind die deutschen Behörden bei der Bearbeitung von Flüchtlingsanträgen nicht nur überfordert, sondern müssen auch massive finanzielle Mittel aufbringen. So benötigt der Bund 86 Millionen Euro, um die notwendigen Geräte, Fahrzeuge und Software für die Umsetzung des GEAS zu beschaffen.
Besonders erschreckend: Es existiert nach wie vor kein Notfallplan, um auf den Zustrom von Flüchtlingen adäquat reagieren zu können. „Deutschland verfügt bislang im Bereich Migration und Asyl über keine übergreifende Notfallplanung“, heißt es in dem Bericht des Innenministeriums.
„Standortkonzept“ notwendig
Die „Bild“ weist darauf hin, dass in Deutschland mehr als 600 Ausländerbehörden zuständig sind, die teilweise mit völlig unterschiedlichen Computersystemen arbeiten. Dadurch gibt es keine zentralen Daten zu Unterbringung und Kapazitätsauslastung der Flüchtlingsunterkünfte.
In Zukunft sollen diese Behörden jedoch neue Aufgaben übernehmen, wie etwa die Umsetzung des Asylgrenzverfahrens. Dafür muss ein „Standortkonzept“ erstellt werden, um die Unterbringung von besonders schutzbedürftigen Gruppen wie alleinreisenden Jugendlichen oder Familien zu gewährleisten.
Behörden fehlt Ausstattung
Die fehlende Ausstattung der Behörden ist ein weiteres Problem. So haben die Grenzbehörden nicht ausreichend Scanner, um Dokumente der Migranten sicher zu erfassen. Künftig sollen diese Dokumente zusammen mit den Fingerabdrücken an das EU-Asylsystem übermittelt werden. Allein die Kosten für das Leasing der notwendigen Geräte bei der Bundespolizei belaufen sich demnach auf jährlich 126.000 Euro.
Zudem wird eine große Anzahl neuer Räume benötigt, um die erkennungsdienstliche Behandlung der Flüchtlinge sicherzustellen. Das kostet insgesamt 8,1 Millionen Euro. Weitere 4,4 Millionen Euro sind für zusätzliche Polizei-Transporter vorgesehen, um Flüchtlinge zwischen den Grenzen und den Unterkünften zu transportieren.
Das Asyl-Bundesamt steht vor der Herausforderung, die Software an das neue EU-Asylsystem anzupassen – dies verursacht weiteren 26 Millionen Euro an Kosten. Hinzu kommen 1,8 Millionen Euro für Ton-Recorder, da alle Anhörungen von Flüchtlingen zukünftig aufgezeichnet werden sollen. Und nicht zu vergessen: Die laufenden Kosten für das GEAS werden auf etwa 20 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.