China lobt „neue Grundlage“ der Freundschaft mit Russland – und setzt auf globalen Süden
Außenminister Wang Yi lobt China als Friedensmacht und die „neuen Grundlagen“ der Beziehungen zu Russland. Den Fokus legte er bei seiner Pressekonferenz auf mehr Macht für die Entwicklungsländer.
Die traditionelle Pressekonferenz des Ministerpräsidenten zum Nationalen Volkskongress wird es in China nicht mehr geben. Der einzige ungefilterte Zugang zur Sicht der Regierung auf die Welt sind nun die Pressebegegnungen der Minister. Am Mittwoch hatte sich Handelsminister Wang Wentao den Fragen von Reportern gestellt, am Donnerstag war Außenminister Wang Yi an der Reihe. Dieser machte gleich zu Beginn klar, wie er die Rolle der Volksrepublik wahrnimmt: China sei entschlossen, inmitten von Ungewissheiten eine friedliche Kraft in der Welt zu sein, betonte Wang zum Auftakt.
So habe China gerade erst bei einem Friedensabkommen im Norden Myanmars vermittelt, sagte Wang. Dort kämpfen Rebellengruppen gegen die Militärregierung. Der größte Coup für China ist bislang 2023 eine Versöhnung zwischen Saudi-Arabien und Iran, die Wang Yi selbst vermittelt hatte. Dies sei Teil der Bemühungen Pekings, den globalen Süden zu vereinen und Konflikte mit politischen Mitteln zu lösen, betonte der Minister.
Wangs Pressekonferenz zeigt Chinas wachsenden Fokus auf den globalen Süden
Auf die entsprechenden Fragen bekräftigte Wang bekannte Positionen: etwa die gewohnte Kompromisslosigkeit gegenüber Taiwan und die Forderung nach einer Zweistaatenlösung im Gaza-Krieg. Den Fokus aber setzte Wang gezielt auf den globalen Süden. Das fing schon bei der Auswahl der internationalen Fragesteller an, die stets vorab geplant ist und einer politischen Logik folgt. Insgesamt bezogen sich viele der 21 Fragen, die Wang beantwortete, auf die Beziehungen Chinas zu den Entwicklungsländern – als deren natürlicher Anwalt und Anführer sich Peking sieht. So betonte der Außenminister, dass der globale Süden nicht mehr nur die „schweigende Mehrheit“ sei, sondern der Schlüssel zu internationaler Macht. Einer Macht, mit deren Hilfe China die derzeit vom Westen dominierte Weltordnung in seinem Sinne verändern will.
Unter anderem forderte Wang, die Vereinten Nationen zu stärken und zu reformieren, um „Repräsentation und Mitsprache der Entwicklungsländer zu stärken“. Auffällig: Er erwähnte dabei nicht die von vielen Entwicklungsländern geforderte Reform des UN-Sicherheitsrats. Diese sieht Peking nämlich kritisch, denn als Vetomacht würde China bei Abschaffung oder Ausweitung des Vetorechts auf zusätzliche Staaten eher verlieren.
China verhandelt nur mit anderen Großmächten
Wangs Aussagen zeigten zudem einmal mehr, wie China die Welt vor allem aus der Perspektive einer Großmacht sieht, die mit anderen Großmächten auf Augenhöhe über die Weltordnung verhandelt. Zu diesen Großmächten gehören aus Sicht Pekings China selbst, die USA und auch Russland. So betonte Wang, die Beziehung zu Moskau zeige „ein neues Paradigma der Zusammenarbeit von Großmächten, das sich völlig von der Ära des Kalten Krieges unterscheidet“. Russland und China müssten ihre Koordination auf multilateraler Ebene verstärken, um regionale und globale Stabilität zu sichern.
Das bevölkerungsreichste Land Indien sieht Peking dagegen bislang nicht als ebenbürtig an. Die EU würde für China als Großmacht gelten, wenn sie mit einer Stimme spricht und sich strategisch unabhängiger von den USA positioniert, wie Pekings Außenpolitiker immer wieder betonen. China sieht zwar bessere Kooperationschancen mit Europa als mit den USA, empfindet Brüssel aber dennoch als zu abhängig von Washington.
Wang wirbt weiter um Kooperation mit Europa
Wang betonte nun, die Zusammenarbeit sollte ein „bestimmendes Merkmal“ der chinesisch-europäischen Beziehungen sein. „China und Europa sollten beide Verfechter des Multilateralismus sein. Solange China und Europa eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit haben, wird es keine Blockkonfrontation geben.“ Peking kritisiert seit langem die Bemühungen der Europäer um ein „De-Risking“ von China und lehnt naturgemäß Handelsbeschränkungen gegen chinesische Produkte ab.
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Als Geste guten Willens kündigte Wang an, die Visafreiheit für bis zu 15-tägige Reisen nach China noch in diesem Monat auf sechs weitere europäische Länder auszudehnen; unter anderem deutsche Staatsbürger können schon jetzt ohne Visum einreisen.

Wang wiederholt bekannte Positionen
Zentral ist für Pekings Außenpolitik das Verhältnis zu Washington. Die Beziehungen zwischen den USA und China hätten sich seit dem Treffen der beiden Präsidenten im letzten Jahr „etwas verbessert“, sagte Wang. Falsche Vorstellungen über China bestünden in Washington allerdings fort. Umgekehrt lobte Wang erwartungsgemäß die „neuen Grundlagen“, auf die Russland und China ihre Beziehungen gestellt haben – sowie den florierenden Handel: „Russisches Erdgas ist in Tausenden von Haushalten in China angekommen, und chinesische Autos fahren auf den Straßen Russlands“, sagte Wang. Peking hält trotz des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stoisch zum Kreml, auch wenn es sich offiziell als neutral bezeichnet.
China befürworte im Ukraine-Krieg Gipfeltreffen zum „richtigen Zeitpunkt“, wenn alle Parteien gleichberechtigt daran teilnehmen, erklärte Wang. Chinas Vermittlungsbemühungen finden aufgrund seiner fehlenden Neutralität allerdings wenig Widerhall im Westen. Dennoch ist der Ukraine-Sondergesandte Li Hui derzeit das zweite Mal in Europa unterwegs und wurde am heutigen Donnerstag in Kiew erwartet.