Schöne und schlaue Last-Minute-Geschenktipps
Fehlt noch ein schlaues, spannendes, unterhaltsames Geschenk für den Gabentisch? Hier sind unsere Last-Minute-Tipps: Aktuelle Bücher von Autoren, die schon denkwürdige Auftritte in Weilheim hatten.
Weilheim – Rund 80 renommierte Autoren sind bis dato mit dem überregional bekannten Literaturprojekt am Gymnasium Weilheim verbunden. Neuerscheinungen von elf von ihnen seien an dieser Stelle stellvertretend – und wärmstens – für den Gabentisch empfohlen. Von ihnen allen gibt es „Weilheimer Hefte zur Literatur“, sie hielten Dichterlesungen im Gymnasium, und drei von ihnen bekamen sogar den Weilheimer Literaturpreis. Und das Beste: Diese Geschenke kann in der Regel noch jede Buchhandlung vor Ort über Nacht besorgen – oder hat sie sogar vorrätig.
Loriot
Nicht nur Loriots TV-Sketche (das haben die Erinnerungssendungen zum 100. Geburtstag des Meisterkomikers kürzlich wieder bewiesen) sind Meilensteine. Auch sein zeichnerisches Werk überdauert die Zeiten – was den Diogenes-Verlag zu immer neuen, immer wieder köstlichen Zusammenstellungen mehr oder weniger bekannter Knollennasencartoons veranlasst: „Wahre Liebe mit Loriot“ und „Tierfreuden mit Loriot“ (jeweils 128 Seiten, 14 Euro) sind wahre Geschenke eines Menschen- und Tierfreunds für Menschen- und Tierfreunde.
Sasa Stanisic
„Guck, wie hübsch die Bäume sind“, sagt Kemis Mutter, als sie ihm im Prospekt das Ferienlager im Brandenburger Wald zeigt, für das sie den Teenager gerade angemeldet hat. Der findet Bäume allerdings „nur als Schrank super“ – und ahnt, dass ihm als klassischen Außenseiter eher furchtbare Ferien drohen... Vom Anderssein, aber auch von Mut und Freundschaft erzählt keiner berührender, fantasievoller und lustiger als Sasa Stanisić, der mit „Wolf“ (Carlsen, 190 Seiten, 14 Euro) sein allererstes und gleich mal wunderbares Kinderbuch vorlegt. Für Kinder ab etwa elf Jahren – und für jeden, der irgendwann mal Kind war.
Michael Köhlmeier
Auch wenn die Titelfigur gerade mal 14 ist: „Frankie“ (Hanser, 206 Seiten, 24 Euro) ist kein Kinderbuch. Köhlmeier, auch er ein Meistererzähler, zieht in eine düstere, dämonische Geschichte hinein. Frankies Leben und Fühlen wird von seinem aus der Haft entlassenen Großvater durcheinander gewirbelt, er erfährt von der Faszination des Bösen – und lernt, sich zu befreien...
Friedrich Ani
Eine 17-Jährige ist nach einer Party verschwunden, und niemand scheint etwas zu wissen... In „Letzte Ehre“ (Suhrkamp, 272 Seiten, 12 Euro) lässt Ani seine Kommissarin Fariza Nasri in einem Gestrüpp von Missbrauchsfällen ermitteln. Er muss keine Gewaltszenen beschreiben, um eine dunkle, beunruhigende Atmosphäre zu schaffen. Ein Horrortrip – bei aller Empathie und Diskretion, für die dieser Autor steht.
Meine news
Thomas Hürlimann
Kriminalistische Schatzsuche samt rasantem Showdown. Internatsgeschichte aus den 1960er Jahren, zwischen Kloster-Enge und Aufbruch. Und zugleich noch eine philosophische Parabel. Hürlimanns „Der Rote Diamant“ (S. Fischer, 320 Seiten, 24 Euro) ist ein ebenso intelligenter wie unterhaltsamer Roman, in dem sich Autobiografie und Fiktion vermischen. Furios!
Peter Stamm
Dunkelblau: So könnte man die Stimmung vieler Geschichten von Peter Stamm beschreiben. Der Schweizer ist ein Meister der Melancholie und des Mysteriösen. Virtuos lässt auch sein jüngster Roman „In einer dunkelblauen Stunde“ (S. Fischer, 256 Seiten, 24 Euro), in dem sich ein Schriftsteller einem Dokumentarfilm über sein Leben entzieht, Fiktion und Wahrheit verschwimmen – und feiert die Geheimnisse des Lebens.
Arnold Stadler
„Das ist ja das reinste weiße Altmännergeschwätz!“, schallt es einem Schriftsteller in einer Talkrunde entgegen, als er sich in hilflosen Antwortversuchen auf die Frage verheddert, was sein Beitrag zur Energiewende sei und wie er zu Greta Thunberg stehe. Der Autor, dem die Gegenwart fremd geworden ist, macht sich darauf erholungsbedürftig auf die Reise zum Sehnsuchtsort seines Lebens. Und wir reisen mit in „Irgendwo. Aber am Meer“ (S. Fischer, 224 Seiten, 24 Euro) – durch Gedanken und Geschichten, durch sein und unser aller Leben, durch Ängste und Hoffnung. Da wird nichts beschönigt und bleibt doch eine Art Glück.
Uwe Timm
Von seinen Lehrjahren als Kürschner im Hamburg der 1950er Jahre erzählt der heute 83-jährige Uwe Timm in „Alle meine Geister“ (Kiepenheuer & Witsch, 282 Seiten, 25 Euro) – und von viel mehr: Es geht um erstes Verliebtsein und „Politisierung“, um erste Begegnungen mit Literatur und mit Jazz. Ein Zeugnis einer vergangenen Zeit, erzählt in Timms unnachahmlichem Ton zwischen Klarheit und Poesie, und zugleich zeitlos.
Michael Krüger
Enthüllungen, Beleidigungen, Ratschläge? All das dürfe man von ihm nicht erwarten, erklärt der Schriftsteller und langjährige Hanser-Verleger Michael Krüger gleich zu Beginn dieser Memoiren. Bleibt also nur eher Langweiliges? Von wegen! „Verabredung mit Dichtern“ (Suhrkamp, 447 Seiten, 30 Euro), vorgelegt zu seinem 80. Geburtstag, ist ein Erinnerungs- und Begegnungsbuch der leidenschaftlichen, weisen und anregenden Art. Auch weil es zeigt, dass man im Leben praktisch überall Schönheit finden kann – wenn man sie denn sucht.
Albert von Schirnding
Noch eine großartige Altersreflexion: In „Alter Mann, was nun?“ (C.H. Beck, 176 Seiten, 22 Euro) lädt der Lyriker und Literaturkritiker Albert von Schirnding (88) zu wachen „Gedankengängen auf späten Wegen“ ein. Zentraler Satz seiner Kurzessays, die nach dem Morgenritual einer halben Stunde Musikhören und eines Waldspaziergangs entstehen: „Das Ich altert nicht, wir sterben jung.“ Ein leises Fest des Eigensinns, mitunter augenzwinkernd – und der genauen Sprache.
Wolf Biermann
Als politischer Rebell, ausgebürgert aus der DDR, wurde er bekannt. Doch der Liedermacher und Lyriker Wolf Biermann, geboren 1936, hat auch eine andere Seite: „Mensch Gott!“ (Suhrkamp, 192 Seiten, 22 Euro) versammelt „Zeugnisse eines Ungläubigen im lebenslangen Disput mit Gott“ – und mit dessen Bodenpersonal aller Glaubensrichtungen. Gedichte und Texte aus fünf Jahrzehnten, manchmal zornig oder spöttisch, aber auch voller Trost und Hoffnung.