Tatsächliche Zustände oder Inszenierung? Streit um Vollwertbäckerei eskaliert
Silvester eskalierte der Streit um die Zukunft der Vollwertbäckerei in Peiting und Weilheim. Im Zentrum: ausgetauschte Schlösser, erschreckende Filmaufnahmen und jede Menge Widersprüche.
Peiting – Es sind harte Bandagen, mit denen um die Vollwertbäckerei gekämpft wird. Der ehemalige Besitzer Michael Schwarzmaier möchte die Produktionsstätte in Peiting und den Laden an der Pöltnerstraße in Weilheim zurück. Doch der neue Inhaber Stefan Zeitler, der bisher nicht annähernd den 2022 vereinbarten Kaufpreis bezahlt hat, ist damit nicht einverstanden. Eine gütliche Einigung war im Dezember vor dem Zivilgericht München II gescheitert, ein Urteil soll Ende Januar fallen. Das ging einigen Beteiligten wohl nicht schnell genug. Während die meisten Menschen ihre Silvesterfeierlichkeiten vorbereiteten, gerieten sich der ehemalige und der aktuelle Inhaber sowie die Vermieter der Räume in Peiting am 31. Dezember in die Haare.
„Ein Chaos, ein Dreck, in unvorstellbarem Ausmaß“
Was in den Stunden zuvor geschah, da herrscht relativ große Einigkeit. Die Besitzer der Sprenger Maschinenbau UG & Co. KG, der die Räume gehören, erhielten einen Hinweis, dass es in der Produktionsstätte an der Peitinger Zechenstraße Mängel bei Hygiene und Brandsicherheit gebe. „Wir waren im Besitz der Schlüssel, für Notfälle“, sagt der Mann der verantwortlichen Vermieterin, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Das Paar habe die Räume dann Ende Dezember während der Betriebsferien – und ohne Inhaber oder Bäckermeister zu informieren – betreten. „Ich dachte, mich trifft der Schlag“, schildert der Mann. „Ein Chaos, ein Dreck, in unvorstellbarem Ausmaß.“

Er informierte Schwarzmaier und bat ihn, sich das anzusehen. „Als Sachverständiger, nicht als ehemaliger Besitzer“, betont Schwarzmaier, der nicht nur Bäckermeister, sondern auch Mühlenbauer ist und Pelletbrenner sowie Backöfen vertreibt. Was er vorfand, habe ihn schockiert. Er ließ Filmaufnahmen in den Räumen anfertigen. Die Vermieter ließen anschließend die Türschlösser austauschen, um zu verhindern, dass die Produktion wie geplant wieder am 9. Januar aufgenommen wird.
Neue Schlösser aufgebohrt
Dass etwas nicht stimmt, bemerkte Inhaber Stefan Zeitler derweil über sein Handy. Die Überwachungskamera dokumentierte Bewegungen. Zeitler, der nicht vor Ort war, bat die Polizei Schongau am 30. Dezember, nach dem Rechten zu sehen. Doch von außen waren keine Einbruchspuren zu erkennen – es gab ja keine, da ein Schlüssel verwendet wurde. Einen Tag später schaute Zeitler mit Petra Kirner, seiner rechten Hand, vor Ort vorbei – und traf auf Schwarzmaier, die Vermieter und weitere Anwesende. Zeitler rief den Schlüsseldienst und ließ die neuen Schlösser aufbohren, um sich Zugang zu den Räumen zu verschaffen. Und bekam nach eigener Aussage einen Schreck beim Eintreten in die Betriebsräume.
Polizei, Kaminkehrer und Landratsamt zurückhaltend
Der Streit um die Produktionsstätte von „Die Vollwertbäckerei, Inh. Stefan Zeitler“ beschäftigt mittlerweile nicht nur Gerichte. Auch Polizei, Landratsamt und Kaminkehrer wurden in den vergangenen Tagen informiert. Sie alle halten sich mit einer Einschätzung der Situation zurück.
Toni Müller, stellvertretender Dienstellenleiter der Inspektion Schongau, bestätigt, dass am 31. Dezember Polizisten vor Ort waren. Beteiligte selbst hätten sie alarmiert. „Wir haben versucht, zu schlichten“, schildert Müller. Die Situation sei „eingefroren“ worden, da die Beamten vor Ort nicht klären konnten, wie die Lage zivilrechtlich derzeit aussieht. „Jeder wollte etwas aus der Bäckerei rausholen und hat gesagt, es sei seins“, beschreibt Müller die Schilderungen seiner Kollegen, dir vor Ort waren. Die Polizisten hätten darauf hingewiesen, dass vorerst alles bleiben soll, wie es ist. Nachdem die Beamten abgerückt waren, wurde ein zweites Mal eine Streife gerufen, die erneut eingreifen musste. Mittlerweile seien von Beteiligten Anzeigen erstattet worden, sagt Müller.
Auch das Landratsamt wurde eingeschaltet. „Es steht einiges im Raum“, bestätigt Pressesprecher Dominik Detert. Mit Verweis auf das laufende Verfahren hält er sich mit Auskünften zurück. Eine Auflage habe es kurzfristig aber tatsächlich gegeben: Die Öfen müssen von einem Schornsteinfeger gekehrt werden, sonst dürfen sie nicht mehr in Betrieb gehen. Ist das erfüllt, kann die Produktionsstätte trotz der anderen vorliegenden Meldungen wieder geöffnet werden, sagt Detert.
Informiert wurde darüber schon Kaminkehrermeister Andreas Rohrmoser. Die Betriebs- und Brandsicherheit werde überprüft, bestätigt er auf Nachfrage der Heimatzeitung. „Da sind wir dran. Und nur das geht mich etwas an.“ Zur sonstigen Situation möchte sich der Kaminkehrermeister nicht äußern. Die Feuerstättenschau habe seines Wissens in der Produktionsstätte aber stets regulär stattgefunden.
Soweit, so übereinstimmend von allen Seiten. Doch wer ist für das Chaos verantwortlich, das in einem 20-minütigen Video dokumentiert ist, das der Heimatzeitung vorliegt? Mehlstaub und Spinnenweben sind an vielen Stellen zu sehen, Ruß und Dreck an Maschinen, verdreckte Toiletten, abgelaufene Lebensmittel, laufende Geräte und schimmelige Arbeitsmaterialien.
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Ex-Inhaber hetze Mitarbeiter und Kunden auf
„Alles inszeniert“, sagt Zeitler zu den Zuständen. Er habe bereits Gütesiegel für seine Produkte erhalten und sei regelmäßig kontrolliert worden. Schwarzmaier versuche, ihm das Leben schwer zu machen, hetze Kunden und Mitarbeiter gegen ihn auf, beklagt Zeitler. Zu den Vorwürfen seines Vorgängers, er würde die Angestellten nicht bezahlen, sagt er: „Natürlich wurden alle Leute bezahlt, die eine Arbeitsleistung erbracht haben. Es haben uns aber einige den Rücken gekehrt.“ Von den auf dem Papier rund 20 Angestellten komme kaum noch einer. Ausfahrer gebe es gar keinen mehr.
Im Dezember hat Zeitler bereits Insolvenz beantragt. Das Verfahren läuft. Er gibt zu, dass er keine Miete für die Räumlichkeiten in Peiting mehr gezahlt hat. „Weil es unklar ist, wie der Sachverhalt vor Gericht ausgeht.“ Denn dazu läuft ebenfalls ein Verfahren. „Es ist alles am Laufen und am Ruhen“, betont Zeitler, der wie seine Mitarbeiterin Petra Kirner das Vorgehen von Schwarzmaier und den Vermietern scharf kritisiert. Zumal der ehemalige Inhaber „Hausverbot“ habe, wie Kirner sagt.
Vorwurf von Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch
Sie und Zeitler werfen den Gegenparteien Vandalismus, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung vor. „Es ist schon krass, was da passiert ist“, sagt Kirner. Es seien unter anderem abgelaufene Lebensmittel in den Räumen verteilt, Flüssigkeiten verschüttet, die Ratte hingelegt, Festplatten ausgebaut und Kabel durchtrennt worden.
„Wir haben nichts manipuliert“, wehrt sich Schwarzmaier. Die Öfen seien wegen mangelnden Putzens verdreckt und nicht sicher. „Es stinkt. Und so, wie es dort aussieht, würde ich davon nichts essen.“ Durch Ruß seien schwarze Flecken „an den Wänden und den Decken sichtbar“. Auf den rund 900 Quadratmetern Fläche gebe es einige Probleme. „Wir wollen, dass die Behörden eingreifen“, sagt Schwarzmaier, der weiter vor Gericht um seinen Betrieb kämpft.
Vermieter sah „Gefahr im Verzug“
Aus dem Streit um die Bäckerei wollen sich die Vermieter nach eigener Aussage raushalten. Ihnen gehe es um die Mietzahlungen und den Zustand der Immobilie. „Unser Bestreben ist, dass die Räume zweckentsprechend und gewinnbringend vermietet werden können“, sagt der Mann. Ohne Kenntnis Zeitlers die Räume zu betreten, habe er sich „sorgfältig überlegt“. Doch die Bedenken im Hinblick auf Hygiene und Sicherheit hätten überwogen. „Es war Gefahr im Verzug“, sagt er. „Es kann nicht sein, dass man in diesen Räumen Lebensmittel produziert.“