Landrat Niedermaier über Bezahlkarte für Flüchtlinge: „Es müssen einige Hürden überwunden werden“

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Josef Niedermaier ist Landrat im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen. © Arndt Pröhl

Josef Niedermaier verfolgt die Debatte über eine Bezahlkarte und Arbeitspflicht für Asylbewerber. Beides sind laut dem Tölzer Landrat jedoch komplexe Themen.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Vieles wird zum Thema Asylbewerber derzeit diskutiert, vieles ist im Fluss. Für größere Aufregungen sorgten zuletzt die Einführung einer Pflicht zu gemeinnütziger Arbeit für Flüchtlinge und die Ausgabe einer Bezahlkarte, die einen Teil der Bargeldleistungen ersetzen soll.

Bundesregierung beschließt Rahmenbedingungen für Bezahlkarte

Anfang März beschloss das Bundeskabinett eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das soll, wie von den Bundesländern gefordert, einheitliche Rahmenbedingungen schaffen, um eine solche Bezahlkarte einzuführen. Mit dem Gesetzesentwurf wird sich nun der Bundestag befassen.

„Bislang sollten Geflüchtete, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, vorrangig Sachleistungen erhalten. Menschen, die außerhalb von Gemeinschaftseinrichtungen leben, wiederum vorrangig Bargeld“, erklärt die Bundesregierung. Vorrangig bedeute, dass diese Art der Unterstützung zwar die erste Wahl ist, aber auch andere Leistungsformen möglich sind. Durch die Gesetzesreform würden Länder und Kommunen mehr Möglichkeiten erhalten, wie sie die Leistungen erbringen können.

Tölzer Landrat Niedermaier verfolgt Diskussion interessiert

Man verfolge die Diskussion natürlich, sagt Landrat Josef Niedermaier auf Anfrage. Man müsse aber aufpassen. „Das Thema ist komplex und kann keineswegs einfach so nebenbei umgesetzt werden“, sagt er. „Bei der Bezahlkarte müssen einige Hürden genommen werden. Darauf verweise ich immer wieder.“

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Vor allem die Gebühren müsse man dabei im Blick behalten. Denn es könne nicht sein, dass diese von den Akzeptanzstellen – Supermärkte, andere Geschäfte und Einrichtungen – getragen werden müssen. „Wie das im Detail geregelt wird, darauf bin ich sehr gespannt“, sagt Niedermaier. „Und zu glauben, dass man mit einer Bezahlkarte jemandem vorschreiben könnte, wer was kaufen kann – das zu behaupten ist unredlich und meiner Meinung nach auch nicht gesetzeskonform.“

„Geregelte Tagesablauf mit Aufgaben und Struktur ist sinnvoll“

Ähnlich komplex findet Niedermaier das Thema Arbeitspflicht für Asylbewerber. Hier war der Landrat des thüringischen Landkreises Saale-Orla zuletzt in den Schlagzeilen. Flüchtlinge sollen, so sein Plan, täglich vier Stunden einfache Arbeiten verrichten, hauptsächlich in ihren Gemeinschaftsunterkünften. Dafür gibt es 80 Cent pro Stunde. Bei Arbeitsverweigerung sollen finanzielle Sanktionen drohen. „Was die Arbeitspflicht angeht, bin ich absolut der Auffassung, dass ein geregelter Tagesablauf mit Aufgaben und Struktur sinnvoll ist“, sagt Niedermaier, ergänzt aber: „Mit Verlaub, das dürfte im Großen und Ganzen für alle Menschen gelten.“

Im Jobcenter seien bereits seit 2015 einige Programme aufgelegt worden, „welche Geflüchtete in Arbeit bringen sollen. Hier wurde auch noch einmal nachgesteuert“, berichtet der Landrat. Letztendlich gehe es aber auch hier am Ende darum, wie die praktische Umsetzung aussehen soll. „Denn einfach beliebig Personen einer Organisation oder einer Tätigkeit zuzuteilen und dann zu sagen: ,Macht mal‘, wird nicht funktionieren. Da braucht es Anleitung und Konsequenz.“

Niedermaier fordert: „Das müssen die Ampelparteien endlich auf den Weg bringen“

Generell, hatte der Landrat einmal mehr in der Lenggrieser Bürgerversammlung betont, werde es in Deutschland ohne Zuwanderung nicht gehen. Babyboomer-Generationen gehen in Rente, sehr kleine Jahrgänge rücken nach. „Den Fachkräftemangel über Flüchtlinge lösen zu wollen, wird nicht funktionieren“, sagte Niedermaier. Vielmehr brauche es eine „gescheite Einwanderungspolitik“. Dabei müsse „die Einwanderungspolitik so gestaltet sein, dass wir als Einwanderungsland attraktiv sind“ – vor allem eben für jene Kräfte, die man brauche. „Das müssen die Ampelparteien endlich auf den Weg bringen.“ (va)

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