Nach Rücktrittsankündigung: Jetzt spricht Stolze

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Michael Stolze am Donnerstag im Bürgersaal. © Dziemballa

Die Rücktrittsankündigung von Markt Schwabens Bürgermeister Michael Stolze hat viele Menschen im Ort und darüber hinaus geschockt. Jetzt spricht der 53-Jährige über seine Beweggründe.

Markt Schwaben – Michael Stolze wirkt am EZ-Telefon fast erleichtert, geradezu befreit. So als sei ihm gerade eben erst ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, als habe ihm jemand schwere Lasten von seinen Schultern genommen. Verdruss jedenfalls ist in seiner Stimme nicht herauszuhören.

Der Markt Schwabener Bürgermeister sitzt in seinem Büro zu später Stunde, erledigt wie so oft außerhalb der üblichen Zeiten seine Büroarbeit und wartet auf den Termin am Abend gegenüber im Bürgersaal, wo das erste Nachhaltigkeitsforum der örtlichen Aktivkreise ausgerichtet wird .

Stolze weiß, dass er viele in seinem engeren und erweiterten Umfeld mit seiner Entscheidung, sein Amt an der Spitze der Gemeinde zum 31. Mai aufzugeben, überrascht hat. Manche sogar regelrecht geschockt. Er hätte nicht alles, was da passiert sei, auf seine eigene Kappe nehmen müssen, sagt ein Marktgemeinderat am Freitag, 1. März, vertraulich zur EZ. Stolze, 53, hat sich anders entschieden.

Zuerst mit der Familie gesprochen

Zuerst hatte er Rücktrittsabsichten in seiner Familie erklärt. Auch sein Bruder Andreas, Fraktionssprecher der Freien, war vorzeitig involviert worden. Die Reihenfolge, wer wann wie informiert werden sollte, hatte sich Stolze genau überlegt. Auch, dass die Rathausbelegschaft zuerst an der Reihe sein sollte – und danach erst der Beirat mit seinen Stellvertretern und Fraktionssprechern.

Dort berichtet er, am 27. Februar einen Antrag auf Entlassung bei der Marktgemeinde gestellt zu haben. Das Schreiben dazu habe er aber schon der Gemeinderatssitzung am 22. Februar formuliert. Jene Sitzung, in der Stolze erstmals erkennbar die Hutschnur gerissen war, weil einmal mehr Mandatsträger nicht imstande waren, ein anstehendes Thema so zielgerichtet zu diskutieren, wie das Stolze aus seiner Zeit in der freien Wirtschaft gewohnt ist.

Sitzungskultur in Markt Schwaben entsetzt den Bürgermeisetr

Die aktuelle Sitzungskultur habe ihn „entsetzt und auch ratlos gemacht“. „Ich bin halt kein Berufspolitiker“, seufzt er. Und sagt, er sei inzwischen zu der Entscheidung gekommen, nicht mehr befähigt zu sein, das Bürgermeisteramt auszuüben.

Was war da geschehen? Zuletzt prasselte es auf ihn förmlich von allen Seiten ein. Der Schulbau verzögert sich weiter, jetzt ist von September die Rede. Das Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) mutierte zu einem immer komplizierteren Gebilde. Und dann war und ist da noch der Streit ums Asylheim.

Ich habe falsch eingeschätzt, dass es Menschen gibt, die Probleme mit Asylbewerbern in ihrer Nähe haben.

Alles muss hier wohl gemeinsam betrachtet werden. Letzteres habe die Situation am Ort fundamental verändert, sagt Stolze: Proteste, Initiative für ein Bürgerbegehren, eine glasklare Rechtsauffassung in Ebersberg und München, ein Mehrheitsbeschluss im Rat gegen den Standort Ziegelstadel, die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Begehrens. „Ich habe“, sagt er, „falsch eingeschätzt, dass es Menschen gibt, die Probleme mit Asylbewerbern in ihrer Nähe haben“. Stolze spricht davon, hier ein anderes Wertebild zu haben, das er aber nicht aufgeben wolle. Versuche, die Konfliktlage zu kitten, seien jedoch misslungen.

Soweit hätte das alles nicht kommen dürfen, sagt er nachdenklich. Und, dass er schon Ende Januar 2023 in der Lage gewesen sei, als Bürgermeister zumindest zu intervenieren. Im Nachhinein sei es ein Fehler, weiter davon überzeugt gewesen zu sein, dass der Standort Ziegelstadel geeignet sei. Selbstkritisch fügt er an, seinen Wertekanon über Bürger-Interessen gestellt zu haben. Vor diesem Hintergrund sei er seiner Rolle als Instanz, die zuallererst Bürger-Interesen zu vertreten habe, nicht mehr gerecht geworden.

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