Elisabeth (6) aus Zorneding spendet Haare für krebskranke Menschen. Wir haben das Mädchen aus Zorneding beim Friseurbesuch begleitet.
Grafing – Einen Friseursalon von innen gesehen hat Elisabeth Matuszewski zwar schon ein paar Mal, selbst war die Sechsjährige allerdings erst ein einziges Mal als Kundin vor dem Spiegel gesessen. Umso aufgeregter wirkt Elisabeth an diesem Tag, als sie im im Friseursalon „VA Hair and Make-up“ in Grafing in einen schwarzen Sessel klettert. Ihre Arme hat sie auf der Lehne abgestützt, um nicht gänzlich im Leder des großen Stuhls zu versinken. Neugierig schaut sich Elisabeth im Raum um. An einem schwarzen Rollwagen bleibt ihr Blick kleben. Sorgfältig sortiert liegen dort Kämme, Bürsten und Scheren nebeneinander. Ein Föhn hängt an seinem Kabel an der Seite herunter.
„Bist du bereit?“, fragt Friseurin Kimi Wilke und reißt die Sechsjährige aus ihren Gedanken. Die Schülerin nickt selbstbewusst, ihr Blick huscht zu Mama Johanna, die lächelnd hinter ihrer Tochter sitzt. Vorsichtig löst die Friseurin nun den pinken Haargummi, der bis dahin Elisabeths lange blonde Haare zusammengehalten hat. „Sie sind seit der Geburt gewachsen und jetzt kommen sie ab“, trauert Mama Johanna beim ersten radikalen Haarschnitt ihrer Tochter. Doch sie weiß: Mit diesem Friseurbesuch wird die kleine Elisabeth mindestens eine Person sehr glücklich machen. Denn die Erstklässlerin lässt sich ihre Haare für krebskranke Menschen abschneiden. „Sowas hat man nicht alle Tage“, lobt Friseurin Wilke.
Ihr Vater brachte Elisabeth auf die Idee, Haare zu spenden
Auf die Idee, ihre Haare zu spenden, hat die junge Zornedingerin Papa Richard (42) gebracht. „Zur Corona-Zeit ist er einfach nicht mehr zum Friseur gegangen“, erzählt Johanna Matuszewski lachend. „Er hat seine Haare einfach wachsen lassen, zusammengebunden und als Knödel auf dem Kopf getragen.“ Im Frühjahr 2023 habe sich der Familienvater dann dazu entschlossen, seine Haare zu spenden. An seiner Seite damals: die kleine Elisabeth. Auch Tante und Großcousine haben schon ihre Haare für den guten Zweck abschneiden lassen.
Das hat seinen Grund: Krebs ist in der Familie Matuszewski ein sehr präsentes Thema. „Wir hatten in der Familie schon Krebserkrankungen, daher wollen wir diesen Menschen helfen“, sagt Mama Johanna. Doch bevor die Prinzessinnenhaare ihrer Tochter auf Kinnlänge gekürzt werden, verrät der Griff zum Maßband: unglaubliche 58 Zentimeter Länge. „Mindestens 25 müssen ab. Das ist Voraussetzung für die Spende“, betont Friseurin Kimi Wilke. Für Elisabeth scheint das kein Problem zu sein. „Sie hat sich auf den Termin heute sehr gefreut“, verrät Mama Johanna.
Elisabeth nach dem Schnitt: „Es fühlt sich viel leichter an“
Dann gibt es kein Zurück mehr: Ein letztes Mal werden ihre Haare gekämmt und geflechtet. Dann setzt die Friseurin die Schere oberhalb des Haargummis an. Gebannt beobachtet Elisabeth das Geschehen im Spiegel. Nur langsam löst sich der lange Zopf vom Rest des Kopfes. „Du hast echt sehr dicke Haare“, sagt Wilke und lacht. Wenige Sekunden später hält sie den blonden Zopf in der Hand. Über Elisabeths Gesicht macht sich ein Grinsen breit. Sie dreht sich erstaunt zu ihrer Mama um. „Es fühlt sich viel leichter an“, sagt sie lachend. Dann schaut sie sich entzückt im Spiegel an, dreht ihren Kopf ungläubig. „Jetzt brauch ich nicht mehr so lange föhnen“, entgegnet Johanna Matuszewski.
Meine news
Damit die kurzen blonden Haare nun auch auf gleicher Länge sind, schneidet Friseurin Kimi Wilke etwas nach. Beim anschließenden Föhnen schaut Elisabeth dann doch etwas skeptisch. „Ich hätte gedacht, dass es ein bisschen anders aussieht“, gesteht sie an Mama Johanna gewandt. „Du hast gesagt sie werden viel kürzer“, schimpft sie plötzlich. Das Gelächter um sie herum nimmt die Sechsjährige danach nicht mehr wahr, zu sehr ist sie damit beschäftigt, sich im Spiegel zu betrachten.
Der blonder Haarzopf wird nun den Weg in die rund 700 Kilometer entfernte Zweithaarmanufaktur Rieswick im nordrhein-westfälischen Velen-Ramsdorf auf sich nehmen. Dort sollen Elisabeths Haare zu einer Echthaarperücke verarbeitet werden.
Mehr News finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen begeistert WhatsApp? Auch dort hält Sie Merkur.de ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.