Trump droht erneut mit Nato-Austritt und will Ukraine-Hilfen kürzen

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Klare Drohung gegen seine Partner: Der künftige US-Präsident Donald Trump hat in einem Interview erneut geäußert, den Austritt aus der Nato in Erwägung zu ziehen. Gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat er Kürzungen der Unterstützung angesprochen. © Kamil Krzaczynski / AFP

Die Partner zittern: Donald Trump macht Schluss damit, Zahlmeister der Nato zu sein. Er will das Engagement der USA als Weltpolizist zurückschrauben.

Washington D.C. – „Wir wissen: Ohne die USA gäbe es die Ukraine nicht mehr; und ohne die USA wäre auch Europa außerstande, die Ukraine so sehr zu unterstützen, dass sie diesen Krieg weiterhin führen könnte“, sagte Sönke Neitzel in der ARD. Die grundsätzlich spannende Frage für Deutschlands bekanntesten Militärhistoriker war: wie lange die USA die Ukraine den Ukraine-Krieg noch würden führen lassen. Die US-Wahl 2024 habe seiner Meinung nach aber die Weichen für die geopolitische Gesamtsituation Europas deutlich verschoben. Das beweist jetzt der künftige US-Präsident Donald Trump nachdrücklich – Wladimir Putin wird sich die Hände reiben.

Die Ukraine muss sich nach dem Amtsantritt des kommenden US-Präsidenten Donald Trump auf eine Kürzung der US-Hilfen einstellen, berichtet die französische Nachrichtenagentur Agence France Press (afp). In einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem US-Sender NBC bezeichnete es der Republikaner als „wahrscheinlich“, dass die USA die Hilfen für das Land reduzieren werden. Auf die Frage, ob seine Regierung bei der Unterstützung für die Ukraine Einschnitte vornehmen werde, antwortete Trump: „Möglicherweise. Ja, wahrscheinlich, sicherlich.“

Trump als Friedensbote? An Kiew und Moskau appelliert, Verhandlungen aufzunehmen

Nach einem Gespräch in Paris mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hatte Trump in seinem Online-Dienst Truth Social eine „unverzügliche Waffenruhe“ gefordert und an Kiew und Moskau appelliert, Verhandlungen aufzunehmen. „Selenskyj und die Ukraine würden gerne einen Deal machen und den Wahnsinn beenden“, erklärte Trump. Sollte der Krieg fortgeführt werden, „kann es zu etwas viel Größerem und viel Schlimmeren werden.“

„Wir können nur hoffen, dass die Bundeswehr nie kämpfen muss. „Den Nachweis, das wir reformfähig sind, das wir uns als Staat, auch als EU anpassen können an die Bedrohung, den haben wir nicht erbracht.“

„Ich sage den Leuten immer: Ihr glaubt, der Krieg in der Ukraine würde vorübergehen wie ein böser Traum; und dann kann man sich wieder anderen Dingen zuwenden. Aber das wird nicht passieren“, sagt Historiker Neitzel gegenüber der ARD weiter. Er fordert damit gerade die Politik auf, ehrlich zu makeln. Mit seiner Forderung nach echter „Kriegstüchtigkeit“ der Bundeswehr hat sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Neitzels Respekt verdient. Wie bereits lange vor der Wahl bekannt gewesen war, spekuliert Trump damit, die Nato sich allein zu überlassen.

Bereits in seiner ersten Amtszeit zwischen 2017 und 2021 hatte Trump die Nato zu höheren Verteidigungsausgaben genötigt, indem er Anstrengungen unternahm, rund 12.000 US-Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Wie das Magazin Internationale Politik (IP) berichtete, war eine der Kernaussagen Trumps in dessen ersten Walhlkampf, die USA würden sich zu stark als Weltpolizist engagieren; das wolle er zurückschrauben.

Trump als Oberbefehlshaber? Erster Präsident, der keinerlei Erfahrung in einem militärischen Amt mitbringt

IP-Autor Ivan Osnos bemerkte richtigerweise, „Trump wird der erste amerikanische Oberbefehlshaber sein, der keinerlei Erfahrung in einem militärischen Amt mitbringt. Gleichwohl behauptete er während des Wahlkampfs, dass er den Sicherheitsexperten des Landes nicht über den Weg trauen würde“. Aber auch die Alliierten schienen im Wahlkampf das Heraufziehen einer neuen Weltordnung beobachten zu können. „Es klingt beinahe so, als würde man amerikanische Truppen bald mieten und bezahlen müssen“, zitiert Osnos einen europäischen Diplomaten in Washington D.C.

Dass die USA die Sicherheit vor allem Deutschlands als ehemaligem Frontstaat zum damaligen Warschauer Pakt aber auch die der gesamten Nato garantieren würden, galt sowohl im Nachkriegsdeutschland unter Kanzler Konrad Adenauer (CDU) als auch unter einem sozialdemokratischen Kanzler Willy Brandt als gesetzt. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) hatte sich indes eine stärkere militärische Emanzipation Deutschlands gewünscht.

Die Idee einer europäischen Armee ist insofern prinzipiell uralt: Für ein „neues Konzept“ der europäischen konventionellen Streitkräfte hatte Schmidt (SPD) während seiner Regierungszeit geworben, „etwa durch Bereitstellung ausreichender konventioneller Streitkräfte und mittels Integration von deutschen, französischen und Benelux-Truppen unter gemeinsamem französischen Oberbefehl“, wie er in seinem Buch „Menschen und Mächte“ 1987 angeregt hatte.

Nato zu fahrlässig? Lange der Gewissheit US-amerikanischer Waffenbrüderschaft hingegeben

Allerdings haben sich fast sämtliche Nato-Staaten der Gewissheit US-amerikanischer Waffenbrüderschaft hingegeben – bis Donald Trump auf der Agenda erschienen war und bereits 2017 im genau gleichen Wortlaut gegen Europa gestänkert hatte, wie er das jetzt wiederholt, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) ein aktuelles Interview Trumps mit dem US-Sender NBC veröffentlicht. Er würde demnach den Austritt der USA aus der Nato absolut „in Betracht“ ziehen, wenn er sich von den Nato-Länder unfair behandelt fühle. Die dpa verwies in dem Zusammenhang auf Aussagen Trumps in dessen letztem Wahlkampf im Frühjahr, wonach er zahlungssäumigen Nato-Partnern die Hilfe verweigere, wenn diese angegriffen würden.

Vielmehr würde er die Russen dann sogar ermutigen, mit den säumigen Zahlern zu tun, „was immer sie wollen“. Diese impulsgesteuerte Exit-Strategie sei aber schwieriger umzusetzen, als sich Trump das träumen lasse, weil das US-Gesetz eine „Nato-Leitplanke“ enthalte, worauf das Magazin Politico jüngst nochmals hingewiesen hatte: „Nach dem Wahlsieg des Nato-skeptischen designierten Präsidenten Donald Trump schöpfen die Unterstützer des Bündnisses Trost aus einem ein Jahr alten US-Gesetz, das besagt, dass Trump nicht ohne die Zustimmung des Kongresses aus der Allianz austreten kann“, schreiben die Autoren Joe Gould Jack Detsch und Connor O‘Brien.

„Leitplanke“ stabil? Turm muss Austritt aus der Nato im Senat absegnen lassen

Das Bein hatte ihm noch der Demokrat Joe Biden gestellt. Biden hatte auch dafür gesorgt, dass der geplante Abzug der US-Truppen aus Deutschland wieder revidiert wurde. Die „Leitplanke“ wurde, laut Politico, als National Defense Authorization Act für das Haushaltsjahr 2024 verabschiedet. Demnach müsse der Präsident den Austritt aus der Nato entweder von einer Zweidrittel-Mehrheit im Senat absegnen lassen oder durch ein vom Kongress erlassenes Gesetz. Allerdings soll sich der Präsident auf die „präsidiale Autorität in der Außenpolitik“ berufen können, um uneingeschränkte Handlungsmacht zu erwirken.

Das Gesetz sei „nicht wasserdicht“, zitiert Politico Scott Anderson – der Analyst des Thinktanks Brookings Institution plädiere demnach für strengere Hürden, die der Präsident für das Verlassen der Nato zu überwinden habe. „Was das Gesetz jedoch bewirke, so Anderson, sei ein direkter Verfassungskonflikt mit dem Kongress, sollte ein Präsident versuchen, aus der Nato auszutreten“, schreibt das Magazin.

Sollte Trump die aktuellen Hürden dennoch niederwalzen, sei Europa nahezu schutzlos, schrieb im Sommer dieses Jahres Curtis L. Fox. Ungeachtet aller individuellen Stärken fehlten den europäischen Ländern grundsätzlich schwere Bodentruppen, schreibt der ehemalige Angehörige der US-Green Berets im Armee-Magazin Military Review. Gerade für das Nato-Premium-Mitglied Deutschland sieht er schwarz: „Die deutsche Bevölkerung ist sich ihrer Geschichte sehr bewusst. Deutschland wird wahrscheinlich weiterhin zögern, eine echte militärische Einsatzfähigkeit aufzubauen. Berlin fühlt sich viel wohler damit, die Bundeswehr mit einem gewissen Maß an absichtlicher Inkompetenz zu führen“, wie er schreibt.

Ukraine-Krieg als Warnung? Nato strebt, sich speziell „Trump-sicher“ aufzustellen

Auch an Frankreich lässt er kein gutes Haar. Als Problem mit der französischen Kampfkraft erscheine ihm, dass sie dürftig sei. Seit über einem Jahrzehnt seien französische Truppen in der Sahelzone und anderen heißen Kampfgebieten in ganz Afrika im Einsatz und Paris habe diese Missionen teuer bezahlen müssen mit dem Sparen an Ausrüstung und Material – selbst die Fahrzeuge hätten in einem großen Ausmaß ihre Lebensdauer überschritten. Einzig das Vereinigte Königreich sowie Polen bereiten dem Praktiker Freude – Großbritannien zeige eine hohe Einsatzbereitschaft, und Polen habe sich finanziell viel vorgenommen mit einem angestrebten Verteidigungsbudget von drei bis vier Prozent des Brutto-Inlandsprodukts.

Fox fürchtet aber, dass sich Polen übernehmen könnte. Allerdings hat Trump Recht, wenn er behauptet, die Nato-Länder hätten sich militärisch in den Jahren ohne Krieg auf dem Erreichten ausgeruht; in dem Vertrauen auf einen lange währenden Ruhepuls von Wladimir Putin. Jetzt werden die einzelnen Regierungen hektisch.

Die Nato strebe an, sich speziell „Trump-sicher“ aufzustellen, formuliert die Tagesschau. Dennoch scheint die Nato aktuell insgesamt ihre Rolle in einer geopolitisch instabilen Welt zu suchen; eine nahezu desaströse Situation, wie Sönke Neitzel in der Sendung Maischberger angedeutet hat. „Wir können nur hoffen, dass die Bundeswehr nie kämpfen muss. „Den Nachweis, das wir reformfähig sind, das wir uns als Staat, auch als EU anpassen können an die Bedrohung, den haben wir nicht erbracht.“

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