Die Blutgruppe kann Hinweise darauf geben, wie unser Immunsystem arbeitet, für welche Krankheiten wir anfälliger sind und wo möglicherweise sogar unsere gesundheitlichen Stärken liegen. Natürlich entscheidet sie nicht allein über unsere Gesundheit – auch Lebensstil, Ernährung, genetische Veranlagung und andere Faktoren haben einen großen Einfluss.
Dennoch zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass manche Blutgruppen mit bestimmten Risiken oder Vorteilen verbunden sein können. So gelten einige als widerstandsfähiger gegenüber Infektionen, während andere offenbar ein etwas höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit sich bringen.
Herz-Kreislauf-System: Wie die Blutgruppen sich auswirken
Einen Überblick darüber, welche Rolle die Blutgruppe für verschiedene Krankheitsrisiken spielt, liefert eine schwedische Studie. Das Forschungsteam hat die Daten von mehr als fünf Millionen Schweden analysiert und ihren Einfluss auf über 1000 Krankheiten untersucht. Für 49 fanden sie einen Zusammenhang mit der Blutgruppe.
Demnach waren Personen der Blutgruppe A anfälliger für Blutgerinnsel, während Menschen mit Blutgruppe 0 häufiger an Blutgerinnungsstörungen litten. Darüber hinaus würden Frauen mit Blutgruppe 0 häufiger an schwangerschaftsbedingtem Bluthochdruck leiden, während Blutgruppe B mit einem geringeren Risiko für Nierensteine einherging.
Eine weitere große Analyse von über 145.000 Fällen und 2.000.000 Kontrollen zeigte, dass die Blutgruppen A, B und AB im Vergleich zu 0 mit einem höheren Risiko für
- einen ischämischen Schlaganfall (eine plötzliche Verringerung der Durchblutung des Gehirns),
- Herzinfarkt,
- und einer peripheren Gefäßerkrankung (Schäden oder Blockaden in den Blutgefäßen außerhalb des Herzens),
verbunden sind.
Über das AB0-Blutgruppensystem
Das AB0-System beinhaltet die vier Blutgruppen A, B, AB und 0. Je nach Gruppe besitzen die Blutkörperchen unterschiedliche Zuckerstrukturen auf der Oberfläche, sogenannte Antigene.
Die Blutgruppe zu kennen ist essenziell, etwa bei einer Transfusion oder einer Blutspende. Denn auch das Blutplasma der Blutgruppen unterscheidet sich. Je nach Blutgruppen befinden sich darin die Antikörper A und/oder B oder keine. Sie können Blutzellen einer anderen, "falschen" Blutgruppe an deren Antigenen erkennen, diese binden und so gefährliche Blutverklumpungen auslösen.
- Blutgruppe A: Antigen A , Antikörper B
- Blutgruppe B: Antigen B, Antikörper A
- Blutgruppe 0: Weder Antigen A noch B vorhanden, Antikörper A und B
- Blutgruppe AB: Antigene A und B vorhanden, keine A und B Antikörper
Personen mit Blutgruppe 0 haben keine Antigene und gelten als Universalspender. Sie können mit ihrem Blut jedem Patienten helfen. Da sie aber A und B Antikörper haben, können sie selbst nur Blut von Spendern mit der Blutgruppe 0 bekommen.
Insgesamt sind über 30 verschiedene Blutgruppensysteme mit über 600 verschiedenen Antigenen bekannt. Der Rhesusfaktor beispielsweise unterteilt die vier Blutgruppen A, B, AB und 0 nochmal in positiv und negativ und spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei Bluttransfusionen. Viele der anderen Systeme werden erst bei bestimmten Erkrankungen relevant.
Thromboserisiko: Es steigt für diese Blutgruppen
Der Zusammenhang mit dem Herz-Kreislauf-System könnte unter anderem mit der Beschaffenheit des Blutes zusammenhängen. Denn das Blut der Gruppen A, B und AB enthält einen höheren Gehalt an Proteinen, die das Blut gerinnen lassen – sogenannte Gerinnungsfaktoren. Diese spielen auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Thrombosen.
So ergaben frühere Übersichtsarbeiten, die jeweils mehrere Studien umfassen, etwa, dass die AB0-Blutgruppe einen Risikofaktor dafür darstellt, dass ein Blutgerinnsel eine Vene verstopft: Ein Forschungsteam aus dem Vereinigten Königreich berichtete vor einigen Jahren, dass Nicht-0-Blutgruppen, erheblich zur Entwicklung einer solchen venösen Thromboembolie beitragen. Auch eine italienische Studie zeigte dies. Laut einem Team aus Kanada gilt es ebenfalls bei krebskranken Kindern.
Zuletzt zeigte eine große Übersichtsarbeit, dass bei den Blutgruppen A, B und AB auch das Risiko für eine Lungenembolie steigt. Dabei verstopft ein Blutgerinnsel ein Blutgefäß in der Lunge, was im schlimmsten Fall zum Herzversagen führen kann. Die genaue Ursache für das erhöhte Risiko einer Lungenembolie bei Patienten mit einer anderen Blutgruppe als 0 ist allerdings noch unklar. Die Forschenden gehen jedoch davon aus, dass verschiedene Gerinnungsfaktoren eine wichtige Rolle spielen.
Malaria: Blutgruppe 0 erkrankt weniger stark
Es gibt auch Hinweise darauf, dass es bei den Blutgruppen Unterschiede hinsichtlich der Reaktion auf Infektionskrankheiten gibt.
Schon etwas länger bekannt ist beispielsweise, dass Personen mit Blutgruppe 0 seltener schwere Malariaverläufe haben als solche mit anderen Blutgruppen. Die Erkrankung lösen Parasiten aus der Gattung Plasmodium aus. Um sich im Körper zu vermehren, brauchen sie die roten Blutzellen, in denen sie sich teilen können. Mehrere Studien zeigen, dass Personen, darunter auch Kinder, mit Blutgruppe 0 hier einen Vorteil haben könnten. Ihre Erkrankungen verlaufen häufig deutlich milder – vermutlich, weil sich ihr Blut nicht so stark um die Erreger herum verklumpt oder "rosettiert".
Dass in Gebieten mit besonders hohen Malaria-Vorkommen die Blutgruppe 0 außergewöhnlich häufig vertreten ist (bis zu 90 Prozent der Bevölkerung im Amazonas und in Nigeria) deutet ebenfalls auf einen evolutionären Vorteil hin.
Coronavirus: Blutgruppe 0 ebenfalls im Vorteil
Die Unterschiede zeigen sich auch beim Coronavirus: Mehrere Studien zeige, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 insgesamt ein geringeres Risiko haben, sich anzustecken und das Risiko für einen schweren Verlauf gemildert ist. Personen mit Blutgruppe A hingegen stecken sich etwas leichter an. In 2023 zeigt etwa eine Studie, dass die Spike-Proteine auf der Oberfläche des Virus sich besonders effektiv an Zellen der Gruppe A binden können.
Darüber hinaus zeigt sich, dass sich die Viren besonders gut von Mensch zu Mensch übertragen, wenn die Blutgruppen von den beteiligten Personen kompatibel sind. Für Blutgruppe 0 bedeutet das: Sie haben zwar ein geringeres Risiko sich zu infizieren, können das Virus aber leichter an alle anderen Blutgruppen weitergeben. In Haushalten mit inkompatiblen Blutgruppen zeigt sich beispielsweise ein bis zu 40 Prozent geringeres Ansteckungsrisiko.
Doch: Blutgruppe 0 bringt nicht nur Vorteile
Auch wenn es so scheint, dass Personen mit Blutgruppe 0 besser gegen alle Erkrankungen gewappnet sind, ist das nicht immer so. Bei einer Choleraerkrankung beispielsweise können sie unter sehr viel heftigeren Verläufen leiden als andere. Denn vermutlich schwächen die Antigene bei den Blutgruppen A, B und AB das Bindungsverhalten des Giftstoffs ab.
Auch ist bei Personen mit Blutgruppe 0 das Sterberisiko nach Unfällen erhöht – auch wenn sie Transfusionen bekommen. Japanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Patienten mit der Blutgruppe 0 etwa nach Verkehrsunfällen dreimal häufiger sterben als Träger anderer Blutgruppen. Bei ihnen treten häufiger Blutungen auf, die nicht zu stillen sind.
Die Studie mit mehr als 900 schwerverletzten Patienten zeigte,
- dass 28 Prozent derjenigen mit Blutgruppe 0 nicht überlebten
- während es nur elf Prozent bei Personen mit den anderen Blutgruppen waren.
Für Studienleiter Wataru Takayama bestätigt sein Studienergebnis, dass die Blutgruppe 0 mit einem Gerinnungsproblem verbunden ist. Denn was bei der Entstehung von Kreislauf-Erkrankungen von Vorteil zu sein scheint, wird hier zum Nachteil: Menschen mit Blutgruppe 0 fehlt der von Willebrand-Gerinnungsfaktor, oder sie haben zumindest weniger davon.
Wie Sie Ihre Blutgruppe herausfinden
Wer seine Blutgruppe nicht kennt, kann sie laut dem Roten Kreuz auf verschiedenen Wegen bestimmen lassen:
- Beim Hausarzt oder im Labor: Ein einfacher Bluttest liefert das Ergebnis innerhalb weniger Stunden. Liegt keine medizinische Notwendigkeit dafür vor, müssen Sie die Kosten von 25 bis etwa 50 Euro selbst bezahlen.
- Bei der Blutspende: Wer zur Blutspende geht, bekommst die eigene Blutgruppe kostenfrei mitgeteilt. Spender erhalten außerdem einen Blutspendeausweis, auf dem die Blutgruppe eingetragen ist.
- Mit Selbsttests aus der Apotheke: Sie funktionieren ähnlich wie ein Schnelltest, sind aber weniger exakt als Laboranalysen. Mediziner zum Beispiel verlassen sich im Notfall nicht auf das Ergebnis eines solchen Selbsttests, wenn eine Bluttransfusion notwendig ist.
- Im Mutterpass und in seltenen Fällen im Impfpass: Auch dort kann, muss die Blutgruppe aber nicht vermerkt sein.