Das Rentenpaket ist ein Sprengsatz – mit sehr langer Zündschnur

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Achten Sie bitte darauf: Wenn der Bundestag heute das „Rentenpaket“ beschließen sollte, werden CDU-Kanzler Friedrich Merz und sein SPD-Partner Lars Klingbeil alles geben, es wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk aussehen zu lassen. Tatsächlich ist es eher ein Sprengsatz – mit sehr langer Zündschnur. Und ein Beweis dafür, was in der schwarz-roten Koalition alles schiefläuft.

Lügen und Selbstbetrug fingen schon damit an, dass die Koalition uns eine echte Reform versprach, deren schmerzhafte Notwendigkeit angesichts des demografischen Wandels niemand bei Verstand noch anzweifeln würde. Wenn immer weniger Junge für immer mehr Alte zahlen müssen, wird das heutige Rentenlevel eben irgendwann unbezahlbar.

Den größten Brocken hat sich Bärbel Bas gesichert

Das „Rentenpaket“ ist aber das genaue Gegenteil einer Reform. Eher ein Geschenk aus dem Selbstbedienungsladen Bundesregierung. Ein Multi-Milliarden-Weiter-so. CSU-Chef Markus Söder bekommt seine lang ersehnte Erweiterung der Mütterrente, die CDU ihr Steuergeschenk namens „Aktivrente“. Und die SPD?

Arbeitsministerin Bärbel Bas sicherte sich den mit Abstand teuersten Brocken. Sie setzte bis 2031 eine Rentengarantie durch, gegen die alle renommierten Ökonomen vergeblich anrannten. Und Bas verhandelte die Haltelinie dann auch noch bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein in den Gesetzentwurf.

120 Milliarden Euro Mehrkosten

Man kann das raffiniert nennen. Oder kurzatmig verbohrt, sofern einem künftige Generationen und der gesellschaftliche Zusammenhalt im Land überhaupt noch etwas bedeuten. Die Unionsspitze wirkte daneben übrigens wie eine Laienspielschar, die erst vom eigenen Parteinachwuchs auf die zu erwartenden Mehrkosten von 120 Milliarden Euro hingewiesen werden musste. Wie peinlich soll es denn bitte noch werden?

Hat der Kanzler die finanziellen Risiken vorher nicht erkannt? Dann wäre er sehr naiv. Wenn er aber darum wusste und sie durchwinken wollte, um Ruhe zu haben, handelte er verantwortungslos. Mal abgesehen davon, wie unangenehm er und seine Entourage dann mit den „Renten-Rebellen“ aus der Jungen Union umgingen.

Erst wurden sie altväterlich-gönnerhaft gelobt für ihren Scharfsinn, dann umgarnt mit Aussichten auf künftige Posten, wenn sie das Paket abnicken, und schließlich mit Liebesentzug bedroht – etwa miesere Listenplätze, wenn sie störrisch bleiben. Nicht nur die 18 Mitglieder aus der Jungen Gruppe der unter 35 Jahre alten Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU dürften in den vergangenen Wochen einen Großteil ihrer Illusionen über Politik als Berufung verloren haben.

Merz fehlt das Gefühl für die eigene Fraktion

Ihre größte Hoffnung war mal Friedrich Merz. Ihre größte Enttäuschung ist nun Friedrich Merz. Auch, weil der sich immer wieder von seinem Juniorpartner SPD vorführen lässt. Seit der CDU-internen Eskalation um die Verfassungsgerichts-Personalie Frauke Brosius-Gersdorf ist klar: Merz fehlt schon das Gefühl für seine eigene Fraktion. Wie soll der Mann dann das Land regieren?

Und egal ob er das unselige Rentenpaket heute mit seiner „Kanzlermehrheit“ der eigenen Koalitionsstimmen durchs Parlament bekommt oder ob er tatsächlich die Hilfe der Linken-Fraktion braucht (was wirklich peinlich wäre) – man muss leider sagen: Diese Koalition verteilt Geld, das sie nicht hat für Projekte, die wir nicht brauchen. Sie verspricht dauernd Reformen, zu denen ihr der Mut fehlt. Sie predigt eine große Zukunft und kommt aus dem kleinen Karo der Vergangenheit nicht heraus.

Kurz: Sie hat nicht nur ein Problem, sie ist eines.

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