Als wäre Trump Mitarbeiter des Monats im Kreml und Selenskyj ein Truthahn

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Im „heute journal“ sah sich der Bundeskanzler gestern mit der Frage konfrontiert, wie es sein könne, „dass Europa und auch Sie von diesen neuen Trump’schen Plänen schon wieder überrascht wurden“.

Die Gegenfrage mag Merz auf der Zunge gelegen haben, aber er schluckte sie runter. Sie hätte gelautet: „Sie meinen die Pläne, die nicht mal der amerikanische Außenminister kannte, bevor sie durchsickerten?“ Oder auch: „Wieso Trumps Pläne? Es ist doch die Wunschliste aus Moskau.“

Russisches Copyright

Republikanische US-Senatoren hatten zuvor öffentlich gemacht, dass der 28-Punkte-Plan aus russischer Feder stammt. So habe es US-Außenminister Marco Rubio ihnen gesagt. Dessen Sprecher allerdings ruderte prompt zurück.

Deutsche und europäische Diplomaten haben es nun mit rivalisierenden Gruppen innerhalb der US-Regierung zu tun, die Informationen voreinander geheim halten und von denen einige mit ausländischen Mächten kooperieren.

Verlass ist also auch nicht auf das, was Rubio über „enorme Fortschritte“ bei den Gesprächen zwischen den USA, der Ukraine und den Europäern in Genf sagte: Keine der offenen Fragen sei unüberwindbar, betonte er.

Das klingt so, als gäbe es da nicht ein – bislang – unüberwindbares Problem namens Wladimir Wladimirowitsch.

Trumps Ultimatum

Auch wenn die Ukraine und die USA in Genf einen überarbeiteten, verbesserten Entwurf erstellt haben: Warum sollte Putinstan auch nur einen Nanometer von seinen territorialen Maximalforderungen abrücken (nachzulesen in den ursprünglichen 28 Punkten)? Wenn doch der US-Präsident seinem ukrainischen Kollegen gerade erst ein Ultimatum bis Thanksgiving gesetzt hat – als wäre Trump Mitarbeiter des Monats im Kreml und Selenskyj ein Truthahn auf Bewährung.

Die kurze Frist ist schon wieder Geschichte, nicht aber Trumps immer wieder geäußerte Absicht, allein im nationalen Interesse handeln zu wollen.

America First

Ginge es nach ihm, würden 100 Milliarden Dollar aus eingefrorenem russischen Vermögen in einen US-geführten Wiederaufbau der Ukraine investiert. Und die USA erhielten 50 Prozent der Gewinne.

Europa – das mittlerweile fast alle militärischen Ausgaben für die Verteidigung der Ukraine trägt – soll hingegen 100 Milliarden Dollar beisteuern. Das lehnt nicht nur Friedrich Merz ab.

Nun schlägt die Stunde der europäischen Diplomaten. Sie können nichts daran ändern, dass Militär und Geheimdienste noch lange von den USA abhängig sein werden. Doch sie wissen, dass der Weg zum Frieden in Europa nicht über die Belohnung eines Aggressors führt.

Wir brauchen einen Friedensplan, der keinen Rabatt auf Angriffskriege bietet. Oder was meinen Sie? Schreiben Sie mir an: feedback@focus-magazin.de*

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