Betonkopf-Bärbel und die bösen Bonzen – Bas mutiert zur Systemsprengerin

Vielleicht hätte man gewarnt sein müssen. Als Friedrich Merz vor einiger Zeit sagte, dass der deutsche Sozialstaat nicht mehr lange finanzierbar sei, antwortete seine SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas lakonisch: „Bullshit!“ Da hielt ich das noch für eine semantische Schrulle, ihrer Ruhrpott-Lässigkeit geschuldet.

Aber den Ton setzt die 57-Jährige neuerdings ganz bewusst. Grundiert mit einer Klassenkampf-Rhetorik, die der krisengeschüttelten Republik leider dienlich ist wie ein Loch im Kopf. 

Am Wochenende trat Frau Bas beim Juso-Bundeskongress auf. Unter dem Beifall ihres überwiegend sehr linken Partei-Nachwuchses erzählte sie dort von ihrem Auftritt beim Arbeitgebertag wenige Tage davor. Und warum ihr dort „besonders deutlich geworden“ sei, „gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“. 

Feindbild: Herren in bequemen Sesseln und Maßanzügen

Ihr „Schlüsselerlebnis“ garnierte sie mit Klischees von „Herren in bequemen Sesseln, der eine oder andere im Maßanzug“. Überwiegend Männer, die sie im Verdacht hat, sogar „die Soziale Marktwirtschaft infrage zu stellen“. In einem der teuersten Wohlfahrtsstaaten der Welt ist das eine kühne Behauptung, auch wenn die Verbitterung von Frau Bas womöglich einen Grund hat.

Denn ihre Gastgeber – wie sollen wir sie künftig nennen? Bonzen? Ausbeuter? Kapitalistenschweine? – hatten vorher über sie gelacht. Allerdings aus gutem Grund. Die Sozialdemokratin hatte ihnen erklärt, die Abermilliarden an Zusatzausgaben für ihr Rentenpaket würden ja gar nicht von den Beitragszahlern finanziert, sondern aus Steuermitteln. Da wären mir vermutlich auch ein paar Gesichtszüge entgleist. 

Es wirkte ja, als verstehe ausgerechnet die zuständige Ministerin gar nicht, wer am Ende eben immer ihre Rechnung zahlt – egal ob über Beiträge oder Steuern: wir. 

Bas fand das bittere Gelächter jedenfalls „überhaupt nicht lustig“ und attackierte die Arbeitgeber: „Im Gegensatz zu Ihnen habe ich auch immer die andere Seite im Blick.“ Das heißt ja im Umkehrschluss, dass sie diese Weitsicht den Wirtschaftsführern nicht (mehr) zutraut.

Brandbrief aus dem Mittelstand

Ihre neue Unerbittlichkeit zeigte sich nirgends deutlicher als in der jüngsten Renten-Debatte. Kompromisse? Nicht mit ihr! Und wenn Merz nicht die nötigen Unionsstimmen zusammenkriegt? Ist eben die Koalition akut bedroht. 

Gestern schickten 15 Mittelstandsverbände der Ministerin einen gemeinsamen Brandbrief und forderten eine Klarstellung. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger war außer sich: „Ein Aufruf zum Kampf gegen Arbeitgeber ist in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos.“ Der Kanzler soll die Bas-Attacken „inakzeptabel“ genannt haben. Auch der Wirtschaftsflügel der SPD ist entsetzt. 

Dabei ist Bas mit ihrer Betonkopf-Attitüde nicht allein. Bei den hiesigen Gewerkschaften haben sich mittlerweile ähnliche Feindbilder manifestiert, was indes nichts besser macht. 

Als Schröder noch „Genosse der Bosse“ war

Es gab ja mal eine Zeit, da galt ein SPD-Kanzler wie Gerhard Schröder als „Genosse der Bosse“, und das war durchaus nett gemeint. Gewerkschaftsführer wie Berthold Huber haben selbst mit den mächtigsten Chefs noch immer einen sozialverträglichen Konsens gefunden. Und das Land? Florierte.

Warum mutiert Bärbel Bas ausgerechnet jetzt, in einer veritablen Wirtschaftskrise, zur Systemsprengerin? Ist ihre Härte Ausdruck der programmatischen Unsicherheit ihrer ganzen Partei? Will sie der SPD einen Linksruck verordnen? Oder glaubt sie wirklich, dass die Wirtschaft ihr Feind ist? 

Das wussten sie in der SPD eigentlich schon früher: Mit der Wirtschaft gewinnst du als SPD keine Wahlen. Aber gegen die Wirtschaft verlierst du sie auf jeden Fall.

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