"Interesse, dass der Krieg weitergeht" Darum wackelt Donald Trumps Gaza-Deal

Die Runde bei "Caren Miosga" lässt kaum ein gutes Haar an Donald Trump und seinem Friedensplan in Nahost. „Es war von Anfang an keine gute Konstruktion“, erklärt Peter R. Neumann über Trumps Friedensplan. Der Mann, der immer sehr ernst schaut, ist Politikwissenschaftler am renommierten King's College in London. 

„Es ging um Donald Trumps schnellen Deal, aber nicht um einen nachhaltigen Deal über einen Fototermin hinaus. Es wurden keine Vorbereitungen getroffen.“ Schon Thomas Hobbes habe gewusst, so Neumann, dass man einen Frieden vorbereiten müsse. Zur Erinnerung: Hobbes war ein politischer Stratege, der im 16. Jahrhundert lebte, und sich mit Mathematik, Staatstheorie und Philosophie beschäftigte. Kaum vorstellbar, dass Donald Trump den Engländer auf dem Zettel hat. Solche Lehren werden etwa an der Universität verbreitet, aber die bekämpft der US-Präsident aktuell lieber, als dort Wissen abzurufen.

Hamas wird sich nicht entwaffnen

Sechs Tage nach dem Waffenstillstand im Gazastreifen, hat Israel mit heftigen Luftangriffen auf die Verstöße der Hamas reagiert. Nun werfen sich die Parteien gegenseitig vor, den Waffenstillstand zuerst gebrochen zu haben. Das Abkommen zwischen Israel und der Hamas ist brüchig. „Auf beiden Seiten gibt es Leute, die Interesse daran haben, dass der Krieg weitergeht“, erklärt Konfliktexperte Peter R. Neumann. 

Trump habe es zwar geschafft, dass beide Parteien für das Abkommen ein paar Kröten schluckten, aber das Abkommen selbst sei grundsätzlich eine Fehlkonstruktion, weil es davon ausgeht, dass die Hamas sich selbst entwaffnen wird und von sich aus keine Rolle mehr in der Region spielen will. Die Faktenlage ist allerdings eine andere: Die Hamas erschießt im Gazastreifen angebliche Kollaborateure und veröffentlicht von den brutalen Hinrichtungen kleine Filmchen im Internet. Sie will ihre Macht beweisen und demonstrieren, dass sie nach wie vor die Ordnungsmacht im Gazastreifen ist.

Trumps Friedensplan scheint schon bei Punkt zwei zu scheitern

In Trumps Friedensplan gehört die Entwaffnung der Hamas zum festen Bestandteil von Punkt 2. Einen Plan B gibt es nicht. Dabei ist unter Punkt 1 noch nicht mal die vollständige Rückgabe der toten Geiseln erfüllt. Die Hamas sagt, man habe Schwierigkeiten, alle Toten unter den Trümmern zu finden. Das ist grundsätzlich möglich, weil die Kommandostrukturen der Hamas weitgehend zusammengebrochen sind und offenbar kleinere Einheiten unterwegs sind. Auch schwere Räumgeräte zur Bergung der Leichen sollen angeblich fehlen.

Doch Omid Nouripour, der Vizepräsident des Deutschen Bundestages und Grünen-Mitglied, sagt auch: „Im Zweifel ist die Hamas nie glaubwürdig.“ Nouripour gibt zu bedenken: „Die Hamas hat sich gegründet für bewaffneten Terror. Wie will man die Hamas entwaffnen, wenn es nach Trumps Aussage zugleich keine US-Soldaten im Gazastreifen geben soll? Ich weiß nicht, wie das gehen soll.“

Hamas übernimmt das Geschehen auf der Straße

Donald Trumps Friedensplan für den Gazastreifen beinhaltet 20 Punkte und schon beim zweiten Punkt wird klar, dass der Plan kaum funktionieren kann. Die Entwaffnung der Hamas könnte viele Jahre dauern. Noch kann die Propaganda der Hamas den Waffenstillstand als Erfolg darstellen. Gegen die Herausgabe der israelischen Geiseln kamen immerhin 2000 Palästinenser aus israelischer Haft frei. 

Würden die Hamas-Kämpfer jetzt die Waffen abgeben, wäre die Hamas-Darstellung eines diplomatischen Erfolgs dahin. Zugleich hat es Trump versäumt, das Vakuum im Gazastreifen nach dem Abzug der israelischen Truppen zu füllen. Prompt kriecht die Hamas aus den Tunneln und übernimmt das Geschehen auf der Straße. Auch müssten Katar, Ägypten und die Türkei dazu gebracht werden, der Hamas keine Waffen mehr zu verkaufen, damit die Terrororganisation keinen Nachschub erhält. Es ging Donald Trump, der sich gerne als Kandidat für den Friedensnobelpreis generiert, nur um den schnellen Erfolg. Nachhaltigkeit spielt dabei offenbar keine Rolle.

Wie lange hat Donald Trump Lust auf den Gazastreifen?

„Man muss den Leuten im Gazastreifen jetzt das Gefühl geben, dass sich etwas Positives in ihrem Leben tut“, erklärt Konfliktexperte Neumann. „Doch es passiert erstmal nichts.“ Es sei deshalb so wichtig, dass jetzt die internationale Gemeinschaft Hilfe ins Land bringe. Zumal es Zahlen aus dem Gazastreifen gibt, dass 30 bis 40 Prozent immer noch Anhänger der Hamas seien. 

Zudem befinden sich noch Tausende Hamas-Kämpfer im Gazastreifen und die Hamas rekrutiere auch neue. Immer deutlicher wird, dass Donald Trump und seine Regierung die Entwicklung im Gazastreifen nicht durchdacht haben. Trumps Plan enthält viele Überschriften, ist aber nicht flankiert mit Maßnahmen seitens der Amerikaner. Zugleich verkennt er die Historie und Logik des seit sieben Jahrzehnten schwelenden Konflikts. Diese Friedensmission ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Nun steht und fällt der Frieden damit, ob der US-Präsident irgendwann die Lust verlieren könnte, weiterhin Druck auf die Kriegsparteien auszuüben.