Im Video: Kurz vor Waffenruhe schiebt US-Außenminister Trump Zettel zu – das steht darauf
FOCUS online: Herr Jäger, es gibt eine erste Einigung zwischen Israel und der Hamas. Gibt es jetzt Frieden im Nahen Osten?
Thomas Jäger: Das ist noch völlig offen. Wir haben bisher nur eine Vereinbarung, dass die Geiseln freikommen und Israel dafür Strafgefangene freilässt. Wie die Details des Deals aussehen, wissen wir nicht. Gleichzeitig heißt es, Israel will sich auf eine bestimmte Linie im Gazastreifen zurückziehen. Auf welche genau? Das ist eine Grundeinigung. Wir müssen noch abwarten. Trumps Plan sah ja auch vor, dass die Hamas entwaffnet wird und eine externe Regierung in Gaza eingesetzt wird. Darüber ist aber noch gar nichts bekannt.
Wie gelang es Donald Trump, die Hamas zu überzeugen?
Jäger: Israel hat ja schon zugestimmt, dass es Strafgefangene freilässt. Dass die Hamas jetzt zugestimmt hat, hat weniger mit den USA zu tun, sondern mit den drei Ländern Türkei, Katar und Ägypten. Sie haben Vereinbarungen mit Amerika und Trump und haben deswegen enormen Druck auf die Hamas ausgeübt. Die Türkei bekommt Rüstungsgüter von den USA und Katar hat ein Sicherheitsabkommen mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet. Das Israel einen Bombenangriff auf Katar geflogen hatte, spielt auch eine Rolle. Ägypten möchte, dass nicht noch mehr Geflüchtete aus dem Gazastreifen kommen.
Die Reaktionen am Morgen sind zum Teil euphorisch, von historischer Errungenschaft ist die Rede. Haben wir wirklich Grund, euphorisch zu sein?
Jäger: Wenn "Phase 1" des Friedensplans umgesetzt wird, ist das ein riesiger Erfolg auch für Donald Trump. Der amerikanische Präsident spricht aber auf Truth Social von Frieden. Das entspricht aber nicht dem, was wir über den Verhandlungsstand wissen.
Bekommt er jetzt den Friedensnobelpreis?
Jäger: Die Beratungen dazu laufen seit März. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Trump auf der Shortlist stand. Eine Juraprofessorin aus den USA hat ihn wohl vorgeschlagen, aber ich denke, das kam zu spät. Die Bekanntgabe des Friedensnobelpreises ist ja schon am Freitag.
Müssen wir Donald Trump jetzt anders einschätzen und bewerten?
Jäger: Das wissen wir noch nicht. Klar ist, dass Trump hier etwas gemacht hat, was nicht typisch für ihn ist. Er hat mit Verbündeten zusammengearbeitet, sich international engagiert. Das ist die traditionelle amerikanische Außenpolitik und nicht das, was zu Trump passt.
Hat der Friedensdeal in Gaza Einfluss auf den Kriegsverlauf in der Ukraine?
Jäger: Wenn Trump jetzt lernt, dass es gut ist, mit Partnern zusammenzuarbeiten und sich international zu engagieren, dann kann er das so auch in Bezug auf die Ukraine anwenden.