Nach den schwersten Luftangriffen Israels seit Beginn der Waffenruhe im Gazastreifen als Reaktion auf Beschuss seiner Soldaten bemühen sich die regionalen Mächte um Sicherung des fragilen Abkommens. Israel und die islamistische Hamas gaben beide Erklärungen ab, dass sie sich zur Waffenruhe bekennen - nachdem sie der Gegenseite jeweils Verstöße vorgeworfen hatten. Die Angriffe waren die erste große Krise seit der Einigung auf das mühsam ausgehandelte Abkommen.
Die Hamas teilte mit, ihre Unterhändler seien nun zu Gesprächen über die weitere Umsetzung des Abkommens in Ägypten eingetroffen. Derweil werden die US-Unterhändler Steve Witkoff und Jared Kushner heute in Israel erwartet, morgen soll laut Medien auch US-Vizepräsident JD Vance eintreffen. Auf Nachfrage von Reportern wollte sich Vance aber nicht festlegen, ob er kommt. Neben den USA vermitteln auch Ägypten, Katar und die Türkei in dem Konflikt.
Wie kam es zum neuen Gewaltausbruch?
Laut der israelischen Armee waren ihre Truppen am Sonntag im Süden des Gazastreifens in einem vom Militär kontrollierten Gebiet unter anderem mit einer Panzerfaust angegriffen worden. Zwei Soldaten seien getötet, ein weiterer schwer verletzt worden. Zudem habe es weitere Versuche gegeben, israelische Soldaten anzugreifen.
Israels Luftwaffe bombardierte daraufhin nach eigenen Angaben Dutzende Stellungen der Hamas in verschiedenen Gebieten des abgeriegelten Küstenstreifens. Insgesamt wurden dabei nach Angaben mehrerer Krankenhäuser 44 Palästinenser getötet. Die Kassam-Brigaden - der militärische Arm der Hamas - wiesen jegliche Verantwortung für die Angriffe auf israelische Soldaten zurück.
Was wird aus den Hilfslieferungen für Gaza?
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen ließ Israels Regierung die Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen vorerst wieder stoppen. Nach Inkrafttreten der Waffenruhe am 10. Oktober waren die Hilfslieferungen als Teil der Vereinbarung ausgeweitet worden, mit einem Ziel von 600 Lkw-Lieferungen am Tag.

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu teilte am Sonntag zudem mit, dass der Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten bis auf weiteres für den Personenverkehr geschlossen bleibe. Die Öffnung hänge davon ab, ob die Hamas ihre Verpflichtungen gemäß Abkommen erfüllt.
Das Militär erklärte jedoch laut AP, dass die Hilfslieferungen an diesem Montag wieder aufgenommen würden.
Sterbliche Überreste von 16 Entführten noch immer im Gazastreifen
Netanjahus Regierung wirft der Hamas vor, die Rückführung der Leichen von Geiseln aus Israel zu verzögern. Noch befinden sich die sterblichen Überreste von 16 Entführten im Gazastreifen. Die Terrororganisation verweist darauf, dass es für sie schwierig sei, die Leichen zu finden, weil sie unter den Trümmern bombardierter Gebäude und Tunnel verschüttet seien.
Die Kassam-Brigaden teilten mit, es sei nun die Leiche einer weiteren Geisel gefunden worden. Sie warnten, neue Angriffe Israels könnten die Bemühungen um die Bergung weiterer sterblicher Überreste gefährden.
Was wird aus dem Friedensplan?
Die Hamas hatte vor genau einer Woche ihre letzten 20 lebenden Geiseln ausgehändigt - im Gegenzug ließ Israel fast 2000 palästinensische Gefangene und Häftlinge frei und zog seine Armee aus Teilen des Gazastreifens zurück. Damit wurden zumindest diese Vereinbarungen über die erste Phase des Abkommens umgesetzt.
Doch die Lage ist nach wie vor fragil - wie die Angriffe vom Sonntag zeigen. Nicht absehbar ist, ob das Abkommen zu einem längerfristigen Ende der Kämpfe im Gazastreifen führen wird. Drei der größten Streitpunkte bleiben die Entwaffnung der Hamas, der komplette Abzug der israelischen Armee aus Gaza und die Zukunft des großflächig zerstörten Küstengebiets.