Nach dem Messerangriff auf Iris Stalzer stellen sich zwei brisante Fragen

Montag

Ein Tag wie kein anderer. Die Welt jubelt. Alle freuen sich mit den Israelis, dass die letzten Geiseln freigelassen worden sind. Nach zwei Jahren Gefangenschaft durften sie heim zu ihren Familien. Die Menschheit ist erleichtert, dass im Gazastreifen nicht mehr gekämpft wird. Wir sehen, wie Zigtausende zurückwandern.

Auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv feiern die Menschen den Erfolg von Donald Trump. Auch die hartnäckigsten Kritiker des US-Präsidenten müssen zugeben, dass der Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln seine Leistung ist. Sein Vorgänger Joe Biden hat es nicht geschafft, und auch die großen europäischen Staaten haben nichts erreicht.

Den befreiten Geiseln und den Menschen kann es vollkommen egal sein, welchen Motiven und welchen Methoden sie ihre verbesserte Situation verdanken.

Natürlich ist Trump das Gegenteil eines Geheimdiplomaten. Er ist und bleibt eine Figur des amerikanischen Showgeschäfts. Sein Leben lang hat er vor Kameras agiert und verdankt seine Popularität bei Wählern vor allem einer Fernsehshow. Die setzt er jetzt im Weißen Haus fort. Die Inszenierung seiner Staatsbesuche ist eine Regierungsshow mit ihm als Hauptdarsteller, der die Runde effektvoll dominiert.

Trump denkt kapitalistisch 

Trump hat nie verborgen, dass er kapitalistisch denkt. Er ist immer auf der Suche nach Deals. Für sich und für sein Land. Seine Dealerei hat wesentlich zur Entspannung im Nahen Osten beigetragen. Dass die USA starken Einfluss auf Israel und Netanjahu haben, war immer klar. Das war die leichtere Übung.

Helmut Markwort
Helmut Markwort FOCUS

Die größere Schwierigkeit war, die Terrororganisation Hamas und ihre arabischen Unterstützer unter Druck zu setzen. Dabei half ein Deal aus der Familie. Trumps Schwiegersohn betreibt seit Jahren erfolgreiche Geschäfte mit arabischen Partnern. Der Präsident schickte ihn zu den Verhandlungen nach Kairo, wo sich die ägyptische Regierung große Verdienste um die Einigung erwarb.

Dass Trump in fast kindlicher Naivität davon träumte, in einer Art Blitzreaktion mit dem Friedensnobelpreis geehrt zu werden, verrät die sentimentalen Züge seines Charakters. Er mag sich trösten mit dem Jubel der Israelis. Für sie ist er der Friedenspreisträger der Herzen.

Dienstag

Der Kriminalfall von Herdecke birgt viele Rätsel. Die frisch gewählte Bürgermeisterin Iris Stalzer kann ihr Amt nicht antreten, sondern liegt schwer verletzt in einem Krankenhaus in Bochum. Ihre 17-jährige Adoptivtochter soll sie 13 Mal mit einem Messer gestochen haben, auch in die Lunge. Zudem soll sie versucht haben, mit einem Feuerzeug und einem Deospray die Haare ihrer offenbar verhassten Mutter in Flammen zu setzen.

Die erste Frage ist, warum Polizei und Jugendamt sich nicht früher um den Konflikt gekümmert haben. Iris Stalzer hatte persönlich die Polizei aufgesucht und auch in Briefen vergeblich um Hilfe wegen häuslicher Gewalt gebeten. NRW-Innenminister Herbert Reul will den Fall untersuchen lassen.

Eine zweite Frage richtet sich an die allermeisten Medien. Sie berichten unvollständig und verschleiern damit mögliche Motive über die Tat. Die Polizei weiß es, und die Nachbarn wissen es, aber sogar die örtlichen Zeitungen haben einen aufschlussreichen Fakt unterschlagen: Die 17-jährige Täterin stammt aus dem westafrikanischen Land Mali und soll eifersüchtig gewesen sein auf ihren 15-jährigen Bruder, der aus Haiti stammt und den das Ehepaar Stalzer ebenfalls adoptiert hatte. Nur der „Kölner Stadt-Anzeiger“, RTL West, die Starnberger Ausgabe des „Münchner Merkur“ und „Bild“ haben ihre Leser korrekt informiert.

FOCUS-Gründungschefredakteur Helmut Markwort war von 2018 bis 2023 FDP-Abgeordneter im Bayerischen Landtag.