Happy Ends und Dramen: Wie Robert Krause Liebesgeschichten auf die Leinwand bringt
Der Drehbuchautor und Professor an der Hochschule für Fernsehen und Film, Robert Krause, liebt Liebesfilme. Im Interview verrät „Professor Love“, wie sich Verliebtsein auf der Leinwand entwickelt hat und was seine ganz persönlichen Favoriten sind.
Miesbach – Wo Liebesfilm draufsteht, ist Robert Krause (53) drin: Der Miesbacher Drehbuchautor und Professor an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) schreibt quotenstarken Stoff für Fernsehen und Streamingdienste. Zu seinen erfolgreichsten zählt die Drama-Serie „Sisi“. Über bald vier Staffeln mit dann 24 Büchern sorgt Krause dafür, dass es zwischen der Kaiserin von Österreich und Franz Joseph I. weiter knistert. Ein Gespräch mit „Professor Love“ zum Valentinstag.
Herr Professor Krause, die Liebe ist ein zentrales Motiv im Film. Warum?
Die Liebe ist ein Thema, das die Menschheit seit jeher beschäftigt. In der Partnerschaft, in der Ehe und als große Sehnsucht. Deshalb hat das Publikum ein Bedürfnis, Antworten zu bekommen: Geht das gut? Kommen die beiden zusammen? Wir identifizieren uns gern mit dem Helden oder der Heldin und freuen uns über mögliche Antworten.
Warum haben so viele Liebesfilme kein Happy End?
Ich glaube, weil es schöner ist, mit einer bittersüßen Fantasie aus dem Kino zu gehen. Bei „Casablanca“ mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman zum Beispiel entscheidet sich die Heldin gegen die große Liebe und für die Pflicht. Dadurch bleibt die große Liebe unangetastet. Sie hat keine Chance, irgendwann an stinkenden Socken zu scheitern. Wahrscheinlich hat es auch damit zu tun, dass wir alle im Leben eine Fantasie mit uns tragen, wo wir uns fragen: Was wäre gewesen, wenn ich eine andere Wahl getroffen hätte?
Zeigen alte Liebesfilme, wie die Menschen früher geliebt haben?
Ja, es gibt einen Liebesfilm-Zeitgeist. „Casablanca“ zum Beispiel stammt aus den 40er-Jahren. Die Heldin steht vor der Entscheidung: Lasse ich mich auf diesen wilden Rick, verkörpert von Humphrey Bogart, ein oder gehe ich mit Laszlo? Die Frage ist also: Leidenschaft oder Pflicht? In der damaligen Zeit mit ihrem traditionellen Rollenverständnis hat das viele Zuschauerinnen ins Mark getroffen. Das gleiche Thema verhandelt der Film „Die Brücken am Fluss“ von und mit Clint Eastwood, und der ist in den 90er-Jahren entstanden. Da sitzt die Heldin, verkörpert von Meryl Streep, im Auto neben ihrem Mann. Sie kämpft mit sich, um nicht aus- und in den Wagen einzusteigen, der an der Ampel vor ihnen steht. In dem sitzt nämlich der attraktive Fotograf, mit dem sie gerade drei leidenschaftliche Tage verbracht hat. Sie entscheidet sich aus Rücksicht auf ihren braven Ehemann und die Kinder, bei ihrer Familie zu bleiben – und alle Zuschauer greifen zum Taschentuch. Das ist eine Zeitspanne von 50 Jahren, und bei manchen Zuschauern funktioniert der Antagonismus zwischen Pflicht und Leidenschaft heute noch gut. Aber für die Generation meiner Kinder ist das nicht mehr interessant. Da spielen zum Beispiel alternative Beziehungen eine Rolle, deren Ziel nicht die Heirat ist.
Was macht einen guten Liebesfilm aus?
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Ein Liebesfilm hat im Zentrum die Liebesgeschichte. Auf die müssen dann sehr große und sehr glaubhafte Widerstände einwirken. Bei meinem ersten reinen Liebesfilm „Für eine Nacht...und immer?“ (handelt von der Beziehung zwischen einem 23-jährigen Pokerspieler und einer doppelt so alten Wissenschaftlerin, Anm. d. Red.) habe ich das sehr ernst genommen und alle Widerstände durchdekliniert.
Trotz dieser Widerstände entscheidet sich die Heldin in Ihrem Film für die Liebe, und die Zuschauer sehen 90 Minuten lang, wie das Paar mit Hürden kämpft. Was hat sie geritten, die große Liebe anzutasten und sich auf die Schattenseiten zu konzentrieren?
Das ist eine andere Möglichkeit, einen Liebesfilm zu erzählen. Die Heldin muss die Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen, und das Paar kämpft sich durch bis zum Happy End. Ich habe mich damals aber auch beim Fernsehsender vergewissert: Wollt Ihr wirklich, dass ich das durchdekliniere? Ich denke, der Film funktioniert, weil ich einen anderen Zugang gewählt habe. Nicht die reife Frau ist die Beziehungsfähige, sondern der junge Pokerspieler. Er zweifelt nicht, sondern sagt: Ich will dich, ich steh zu dir. Das ist wahnsinnig schön. Davon träumen alle Zuschauerinnen, die sich nach Liebe sehen.
Sie sagen Zuschauerinnen. Mögen Männer keine Liebesfilme?
Ich liebe Liebesfilme. Wenn Studenten einen Liebesfilm entwickeln wollen, bin ich derjenige, der den betreut. Ich sage auch zu meiner Frau: Lass uns eine romantische Komödie anschauen. Ich kenne alle Filme mit Jennifer Aniston und Meg Ryan.
Welches ist ihr Lieblings-Film-Liebespaar?
(überlegt). Pat und Tiffany in „Silver Linings“, verkörpert von Bradley Cooper und Jennifer Lawrence. Da fällt der Satz: „Liebe ist, wenn die Neurosen zusammenpassen.“ Das finde ich einen sehr schlauen Satz.
Warum?
Weil ich glaube, die Liebe hält lange, wenn die Schattenseiten zueinanderpassen. Wenn der Andere die Dinge, die man an sich selbst nicht mag, tragen kann.
Welchen Film empfehlen Sie frisch Verliebten für den Valentinstag?
Den deutschen Film „In einem Land, das es nicht mehr gibt“, der 2022 in die Kinos kam. Er erzählt von einem Model in der DDR, das sich in einen Typen verliebt, der schwer zu kriegen ist, ein Freigeist. Eine zauberhafte, kantige Liebesgeschichte. Da greifen frisch Verliebte garantiert nach der Hand des Anderen.
Was empfehlen Sie unglücklich Verliebten?
Die US-amerikanische Komödie „Natürlich blond“, Teil eins mit Reese Witherspoon aus dem Jahr 2001. Der ist zwar ein bisschen in die Jahre gekommen, aber genau richtig für unglücklich Verliebte. Weil sich die Protagonistin aus genau einer solchen Situation herauskämpft – und sich selbst findet.
Und langjährig Verheirateten, wo die Luft raus ist?
Den US-amerikanischen Film „Don Juan DeMarco“ mit Johnny Depp. Darin trifft der Psychiater Jack Mickler, gespielt von Marlon Brando, auf einen jungen Mann, der sich einbildet, Don Juan zu sein. Im Lauf der Therapie steckt der Patient den Psychiater mit seiner romantischen Sichtweise an, und Jack Mickler entdeckt die Liebe zu seiner Frau wieder. Nach dem Filmgucken ist auch die Liebe der Zuschauer wieder frisch (lacht).
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