Heftige Proteste in Georgien: Parlament billigt „russisches Gesetz“
In dem geplanten NGO-Gesetz sehen viele Menschen in Georgien eine Annäherung an Russland. Zehntausende demonstrieren und die Polizei greift mit Härte durch.
Tiflis – Bereits seit mehreren Wochen haben Menschen in Georgien immer wieder gegen das geplante NGO-Gesetz der Moskau-nahen Regierung protestiert. Am Mittwoch (1. Mai) hat das Gesetz in der zweiten Lesung eine weitere Hürde im Parlament genommen und die Lage in der georgischen Hauptstadt Tiflis spitzt sich zu. Während im georgischen Parlament die Opposition scharfe Kritik an dem Vorhaben der Regierung äußerte und es zu Handgreiflichkeiten kam, gingen Zehntausende Menschen gegen das „russische Gesetz“ auf die Straße.
Die Polizei reagierte mit Härte auf den Protest der georgischen Bürgerinnen und Bürger. Die Demonstrierenden waren am Mittwoch mit georgischen- und EU-Flaggen durch die Straßen von Tiflis und anderer Städte gezogen und sollen dabei die georgische Nationalhymne abgespielt haben, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.
Protest gegen „russisches Gesetz“: Polizei in Georgien setzt Tränengas und Wasserwerfer ein
Später, nachdem die Proteste vor dem Parlamentsgebäude sich ausgeweitet hatten, setzte die Polizei vor Ort Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfer gegen Hunderte der Demonstrierenden ein. Rund 60 Menschen sollen von der Polizei festgenommen worden sein und es soll zu Verletzungen gekommen sein.

Der EU-Außenbeauftragte, Josep Borrell, äußerte auf der Plattform X Kritik an dem Vorgehen der Behörden: „Georgien ist EU-Beitrittskandidat – ich appelliere an die Behörden, das Recht auf eine friedliche Versammlung zu gewährleisten.“
Kritik an Georgiens NGO-Gesetz: Beschränkung der Zivilgesellschaft nach russischem Vorbild
Der Vorwurf wird laut, Georgien trete mit dem Gesetz zur „ausländischen Einflussnahme“ in Russlands Fußstapfen. In Georgien wird das Gesetz daher „Russisches Gesetz“ genannt. Das geplante Gesetz soll in Georgien den angeblichen ausländischen Einfluss auf die Zivilgesellschaft beschränken. NGOs, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzierung aus dem Ausland erhalten, müssten mit Erlass des Gesetzes Rechenschaft über die Quelle der Gelder ablegen. Ein ähnliches Gesetz führte Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2012 ein.
EU-Beitrittskandidat Georgien erntet Kritik von der Europäischen Union
Putins NGO-Gesetze hatten in den vergangenen Jahren auch in Ländern wie Ungarn und Polen Sympathisanten gefunden. Die Gesetze konnten dort wegen Unvereinbarkeit mit EU-Recht jedoch gestoppt oder jedenfalls abgeschwächt werden.
Meine news
In Georgien, als Beitrittskandidat für die Europäische Union, ist es fraglich, ob dieser Hebel Wirkung entfalten kann. Brüssel hatte bereits erklärt, dass das Gesetz die Beitrittsambitionen des Landes untergrabe. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock richtete mahnende Worte an die regierende Partei „Georgischer Traum“. Auf X schrieb Baerbock: „Es ist an der Regierung, den Weg in die Zukunft nicht mutwillig zu verbauen.“
Annäherung an Russland: Georgische Regierung will NGO-Gesetz in den kommenden Tagen verabschieden
Das Gesetz plant die Regierung Georgiens in den kommenden Tagen in einer dritten Lesung final durch das Parlament zu bringen – trotz des Protestes der georgischen Zivilgesellschaft, der nun seit beinahe einem Monat anhält. Und obwohl die Regierung Georgiens den Beitritt in die EU anstrebt, nähert sie sich zunehmend Russland an. Russland hält rund 20 Prozent des Landes besetzt. Vor kurzem wurde auch der direkte Flugverkehr zwischen Russland und Georgien wieder aufgenommen.
Große Teile der georgischen Bevölkerung lehnen sich gegen die Annäherung an Putins Russland auf. Der georgische Aktivist, Nodar Rukhadze, schrieb auf der Plattform X: „Drei Millionen Georgier tun, was 146 Russen nicht getan haben.“ (pav)