Putins nächste Annexion? Georgischer Separatist will Union mit Russland – und Belarus

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Der Außenminister des georgischen Separatistenstaates Abchasien will eine Union mit Russland. Damit widerspricht er älteren Aussagen seiner Regierung.

Sochumi – Der Außenminister des international nicht anerkannten Separatistenstaates Abchasien, Inal Ardzinba, verkündete, dass der von Georgien abgefallene Staat seine Zukunft in einer Union mit Russland und Belarus sehe. Das tat er laut der staatlich-russischen Nachrichtenagentur TASS bei einer Podiumsdiskussion auf dem Welt-Jugend-Fest in der ehemaligen Olympiastadt Sotschi, die direkt an der Grenze zu Abchasien liegt. Derzeit sei eine der Kernaufgaben, das Verhältnis zum Belarus von Alexander Lukaschenko, mit dem man bisher noch keine diplomatischen Beziehungen unterhalte, zu stärken, so Ardzinba. Wirtschaftlich wolle man auf verschiedenen Ebenen kooperieren.

Diese Äußerungen kommen überraschend, da der abchasische Außenminister damit dem widerspricht, was sein Ministerium noch im August 2023 bekräftige. Damals hatte der Vorsitzende des russischen Nationalen Sicherheitsrats, Dimitri Medwedew, in einem Meinungsstück geschrieben: „In Abchasien und Südossetien ist die Idee, sich mit Russland zu vereinen, immer noch populär. Und sie könnte durchaus umgesetzt werden, wenn es gute Gründe dafür gibt.“ Das wies das Außenministerium von Abchasien vehement zurück, indem es bekanntgab, dass „die tausendjährige Eigenstaatlichkeit Abchasiens“ nicht zur Diskussion stehe.

Auf diesem Bild, das am 27.09.2022 vom russischen Außenministerium veröffentlicht wurde, schütteln der russische Außenminister Sergei Lawrow und der abchasische Außenminister Inal Ardzinba sich während eines Treffens in Moskau die Hände.
Der abchasische Außenminister Inal Ardzinba (li.) mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow während eines Treffens in Moskau im September 2022. (Archivbild) © IMAGO / SNA

Außenminister von Separatistenstaat Abchasien: In Zunkunft Union mit Russland

Ardzinba widersprach aber nicht nur diesem früheren Statement, sondern, ebenso wie übrigens auch Dimitri Medwedjew im August 2023, der Faktenlage. 2016 führte die in Prag sitzende Agentur Medium Orient die letzte Umfrage durch, in der die Einwohner von Abchasien gefragt wurden, ob sie ein Teil von Russland werden wollten – nur 27 Prozent sagten ja.

Möglicherweise haben die Äußerungen von Ardzinba etwas mit der aktuellen Lage zu tun: Georgien führt seit dem 4. März gemeinsam mit Spezialeinheiten aus den USA, Großbritannien, Rumänien, Polen und Spanien die Militärübung Trojan Footprint 2024 auf seinem Staatsgebiet durch. Die Separatisten in Abchasien könnten deswegen unruhig geworden sein und ihrerseits das enge Verhältnis zur eigenen Schutzmacht Russland beschworen haben.

Kurz zuvor baten Separatisten in Transnistrien um den Schutz Russlands

Darüber hinaus kommt der vermeintliche Meinungsumschwung der abchasischen Führung kurz nachdem die Separatisten in Transnistrien Russland um Schutz vor der Republik Moldau baten. Als Grund führten sie an, der Mutterstaat, von dem sie versuchen, unabhängig zu werden, habe eine Wirtschaftsblockade verhängt. Wladimir Putin scheint allerdings nicht sonderlich beeindruckt gewesen zu sein, da er, wie viele Beobachter befürchteten, in seiner alljährlichen Rede zur Lage der Nation keineswegs die Entsendung weiterer Truppen nach Transnistrien verfügte. Tatsächlich erwähnte er den Separatistenstaat mit keinem Wort.

Vielleicht bestärkte diese Unterlassung Putins Außenminister Ardzinba, der noch dazu die zurückhaltende Formulierung einer Union in unbestimmter Zunkunft wählte, darin, mit Worten abzuschrecken. Vollkommen zahnlos ist die indirekte Drohung an Georgien aber nicht, denn ebenso wie in Transnistrien stehen auch in Abchasien russische Truppen. Es ist aber fraglich, wie schlägkräftig sie wirklich sind.

Russland lockt mit Unabhängigkeit und bringt Krieg

Gemeinsam mit dem ebenso wenig international anerkannten Separatistenstaat Südossetien hat sich Abchasien nach einem Krieg gegen Georgien, in dem beide aktiv von Russland unterstützt wurden, 2008 für unabhängig erklärt. Sogar Südossetien, dessen Bestrebungen, sich mit Russland zu vereinen, immer viel stärker waren, hat im Mai 2022 angesichts des Ukraine-Kriegs ein entsprechendes Referendum abgesagt.

Als Ardzinba seine hochtrabende Ankündigung machte, saß neben ihm auf der Bühne Denis Puschilin, der Interrimspräsident der auch nicht international anerkannten Donezker Volksrepublik. Diese Konstellation illustriert Russlands aktuelles Kalkül in der Weltpolitik: Es lockt separatistische Klein- und Kleinststaaten wie Abchasien, Donezk und Transnistrien mit dem falschen Versprechen von Anerkennung und Unabhängigkeit. Deswegen bleibt zu hoffen, dass Wladimir Putin Abchasien und Moldau nicht ebenso wie Donezk stattdessen Abhängigkeit von Russland und Krieg bringt.

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