„Ich schätze die Vielfalt“: Ex-Katholik geht als evangelischer Pfarrer in den Ruhestand

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In der Petruskirche ging Georg Bücheler 28 Jahre als Gemeindepfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Geretsried ein und aus. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Pfarrer zu werden, war nie der Plan. Georg Bücheler schätzt Geretsried und seine Menschen. In der Stadt hält er einen besonderen Rekord. Jetzt geht er in den Ruhestand.

Geretsried – Man kann sagen, er ist ein Teil von Geretsried. So lang wie Georg Bücheler schon Pfarrer in der Stadt ist, hat es noch kein Geistlicher geschafft. 28 Jahre war er im Amt und stets für alle da, die seine Hilfe brauchten. Jetzt ist es für den 65-Jährigen an der Zeit, seinen Ruhestand anzutreten.

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Das war nie der Plan: „Ich bin einfach Pfarrer geworden“ – So kam der Katholik zur evangelischen Kirche

Mit dem ungewohnten Gedanken muss sich der evangelische Gemeindepfarrer erst noch vollständig anfreunden: „Ich weiß noch gar nicht so richtig, wie mir geschieht.“ Im Gottesdienst wird er an diesem Sonntag von einem Dekan entpflichtet – also in den Ruhestand verabschiedet. „Ich bleibe nach wie vor Pfarrer. Das ist ja klar. Das bleibe ich mein Leben lang.“ Mit seiner ruhigen Stimme beschreibt er, wie er die Situation wahrnimmt: „Es ist für mich in dem Sinne gar keine Verabschiedung, weil ich nicht wegziehe von hier.“

Natürlich haben seine Frau und er lange überlegt, ob sie nach Büchelers Entpflichtung in Geretsried bleiben. Denn mit dem Ende seiner Amtszeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde steht auch der Auszug aus der Dienstwohnung an. Aber nach all der Überlegung war es sehr deutlich: „Geretsried ist meine Heimat geworden.“ Der humorvolle Geistliche trat die Stelle im April 1997 an – damals noch in dem Glauben, nur zehn bis 15 Jahre in der Stadt zu leben. So sieht es die Regel der evangelischen Kirche eigentlich vor. „Der Kirchenvorstand wollte, dass ich da bleibe. Und so hat es sich ergeben.“

Pfarrer zu sein, war nie der Plan

Der Vater dreier Kinder ist dankbar, dass es ihm möglich war, seinen Weg zu finden und „mit großer Leidenschaft“ zu gehen. „Ich bin einfach Pfarrer geworden.“ Mit der Zeit habe es sich alles entwickelt – „das war gut so“. Dabei sah sein Plan einmal ganz anders aus. „Ich wollte Medizin studieren.“ Über seinen Zivildienst und die Arbeit als Psychiatriepfleger kam der gebürtige Oberschwabe zur Theologie.

„Im psychiatrischen Bereich habe ich gesehen, welche große Möglichkeit es als Krankenhausseelsorger gibt, Menschen in diesen Lebensphasen zu begleiten.“ Im Laufe des Theologiestudiums – erst katholisch, dann evangelisch – ist Bücheler klargeworden, dass er die Menschen auch außerhalb des Krankenhauses begleiten kann. Er belegte zusätzlich Ausbildungen in der Familien- und Paarmediation sowie in der Traumaarbeit.

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Weil ihn die Geretsrieder kennen und ihm vertrauen, konnte er eine ganz besondere Beziehung zu ihnen aufbauen. „Was ich absolut zu schätzen weiß, ist diese Vielfalt und Buntheit in der Stadt.“ Durch die vielen Kulturen hielten die Menschen nicht so an starren Mustern fest, sondern gaben ihm in seiner Amtszeit die Möglichkeit auszuprobieren, was gut ist.

Ihm war es immer wichtig, zukunftsweisende Zeichen zu setzen. Auf diese besonderen Momente blickt der vierfache Großvater gerne zurück. Ein Beispiel sei das internationale Projekt „Engel der Kulturen“ an der Karl-Lederer-Schule gewesen. Die Schulkinder bastelten Engel als Zeichen für Toleranz, interkulturellen Dialog und interreligiöses Miteinander der drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam.

Bücheler hat Ziele für die Zukunft

Als Sozialbeirat etwa hat sich der Geistliche auch über seinen Beruf hinaus in der Stadt engagiert. „Ich war ja nicht nur Pfarrer, ich war hier auch immer Bürger“, erzählt der 65-Jährige. Mit ein Grund, warum er sich auch in Zukunft noch weiterhin einbringen möchte.

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Seinem Ruhestand blickt Bücheler mit gemischten Gefühlen entgegen: „Ich freu’ mich drauf. Aber es ist eine Wehmut da.“ Erstmal plant er eine Pause, um ein wenig Abstand zu gewinnen und sich der neuen Lebenssituation bewusst zu werden. In der freien Zeit möchte er dann seine privaten Ziele umsetzen: Klarinette spielen zu lernen und im Chor zu singen, sind zwei davon. Außerdem möchte Bücheler ein langes Stück des – aus der katholischen Tradition stammenden – Jakobswegs in Spanien gehen. Damit erfüllt er seine eigene Prämisse: für sich selbst sorgsam zu sein.

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