Silvesterfeuerwerk als Diskussions-Zündstoff: Neue Einschränkungen und Regeln

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Die Isarbrücke in Bad Tölz ist traditionell ein Treffpunkt für alle, die in der Silvesternacht das neue Jahr begrüßen wollen. Hier zündet die Stadt Bad Tölz heuer wieder ein zentrales, professionelles Feuerwerk. © Arndt Pröhl/Archiv

Auch heuer gibt es in puncto Silversterfeuerwerk im Tölzer Land neue Regelungen und Einschränkungen. Nach wie vor sind Feuerwekrskörper Zündstoff für hitzige Debatten.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Für viele gehört es in der Silvesternacht einfach dazu, das neue Jahr mit Raketen und Böllern zu begrüßen. In diesem Jahr läuft das im Landkreis an manchen Stellen aber anders als gewohnt. Ein Überblick.

Tabuzonenfür Raketen

„Wir wollen nach ein paar Monaten nicht gleich die nächste Katastrophe in Benediktbeuern haben.“ Mit diesen Worten begründet Rathaus-Geschäftsleiter Michael Herrmann wie berichtet das Verbot, in Benediktbeuern zu Silvester Raketen zu zünden. Mit Böllern und nicht steigenden Feuerwerken dürfen die Bürger das neue Jahr aber begrüßen.

Nach dem Hagelunwetter vom 26. August gibt es in Benediktbeuern noch immer viele Dächer, die mit Planen abgedeckt sind. Diese könnten sich aufwölben. Dann könnten Raketen in den Dachstuhl fliegen und ihn entzünden. Das Raketenverbot sei im Ort „positiv aufgenommen worden“, sagt Bürgermeister Anton Ortlieb. „Ich denke, jeder will in Ruhe und der gebotenen Sicherheit ins neue Jahr gehen.“

Eine gleichlautende Regelung gibt die Gemeinde Kochel am See bekannt. Im Ortsteil Ried ist das Abbrennen und Abschießen von „steigenden Raketen der Kategorie F2“ an Silvester und Neujahr – an anderen Tagen sowieso – verboten. Gemeint ist damit laut Mitteilung der Gemeinde „Kleinfeuerwerk, zum Beispiel Raketen, Schwärmer, Batterien und so weiter ab einer Steighöhe von zwei Metern“.

In Schlehdorf ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern im Bereich der Mittelstraße, der Karpfseestraße und der Seestraße „wegen der bestehenden Brandgefahr“ verboten, wie es in einer Anordnung des Bürgermeisters heißt. Diese Regelung besteht dort schon seit Jahrzehnten. Sie kommt daher, dass das Dorf 1846 komplett abbrannte.

Zentrales Feuerwerkauf der Isarbrücke

Die Stadt Tölz verfolgt weiterhin ihre Strategie der vergangenen Jahre: Sie veranstaltet ein zentrales Feuerwerk auf der Isarbrücke – verbunden mit der Bitte an die Bürger, „private Feuerwerke, vor allem im Bereich der Isarbrücke, einzuschränken und lieber das große, professionelle Feuerwerk zu genießen“, so die stellvertretende Tourismus-Chefin Susanne Frey-Allgaier. In der unteren Marktstraße hat ab 20 Uhr eine Gastronomie-Hütte, betrieben von Michael Büttner, offen. Zum Aufbau und während des Abbrennens sind laut Frey-Allgaier einige Sperrungen notwendig. Zum sicheren Aufbau und Durchführen des Feuerwerks wird bereits ab 9 Uhr ein Teil des Parkplatzes am Isarkai gesperrt. Zwischen 23.50 und 0.15 Uhr gibt es eine kurzfristige Sperrung der Lenggrieser Straße mit den betroffenen Zu- und Abfahrten. Während dieses Zeitraums dürfen sich außerdem keine Personen innerhalb der Schutzzone aufhalten.

Digitales Feuerwerkim Kurhaus

Ein Lichterspektakel der anderen Art ist heuer an Silvester im Kurhaus zu sehen, nämlich ein digitales Feuerwerk, das an die Decke des Saals projiziert wird. Laut Frey-Allgaier wird im Anschluss an die Show „Die Reise zum Kristallpalast“ von und mit Simone Heitinga und Axel Berger nach einer kurzen Umbaupause ab circa 23.30 Uhr der Saal für externe Besucher geöffnet. Die Bar im Kurhaus ist währenddessen geöffnet.

Verantwortlich für das digitale Feuerwerk ist Licht- und Videodesigner Flo Beyer. Fünf bis zehn Minuten lang dauert das Spektakel, das er mit Lichtprojektoren zaubert. Ob das nun besser oder schlechter ist als das klassische Feuerwerk, darüber maßt er sich selbst kein Urteil an. „Das ist wie bei Wurst und Käse – es sind zwei verschiedene Sachen“, sagt er. „Es gibt Menschen, die mögen es lieber, wenn es in echt knallt, leuchtet und stinkt. Das digitale Feuerwerk ist einfach was anderes.“

Unter Klimaschutzaspekten sieht er seine Version freilich klar im Vorteil. Beyer verweist darauf, dass seine Projektoren nur wenig Strom verbrauchen. „Sie lassen sich über eine normale Haushaltssteckdose betreiben – das sagt schon einiges“, meint der 25-Jährige.

Zusammen mit dem Künstlerkollektiv „Isar Street Art“ hat Beyer schon einmal während der Coronazeit ein digitales Feuerwerk in Murnau gestaltet. Damals wurden die Projektionen auf die Fassade des dortigen Schlossmuseums geworfen. Das Ganze wurde aber nicht direkt öffentlich aufgeführt, sondern gefilmt und dann über Social-Media-Kanäle verbreitet. In Zukunft, so vermutet Beyer, wird digitales Feuerwerk wohl auch andernorts eine immer größere Rolle spielen.

„Feuerwerkfan“ aus Geretsried

Ein Verfechter des klassischen Feuerwerks ist dagegen der Geretsrieder Enrico Enzmann. Er bezeichnet sich als „Feuerwerkfan“. Über 20 Jahre arbeitete der 61-Jährige als Pyrotechniker und „zündete die dicken Dinger“, wie er selbst sagt. Seit vielen Jahren verkauft er zu Silvester Raketenbatterien und Knallkörper.

Für ihn sei die Tradition, mit künstlichem Blitz und Donner das neue Jahr einzuläuten, „einer der wenigen Späße“, der den Menschen in schwierigen Zeiten wie diesen noch bleibe. Umweltbedenken seien für ihn im konkreten Fall daher zweitrangig. „Ich bin jemand, der die Umwelt schützt. Aber man sollte die Kirche im Dorf lassen.“ Denn „das bisschen Feinstaub“ sei zu vernachlässigen, meint Enzmann. „Würden zehn Prozent der Raucher das Rauchen aufgeben, wäre die Ersparnis wesentlich größer.“

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Zudem gebe es immer mehr nachhaltige Pyrotechnik-Produkte. „Die Spitze ist aus abbaubarem Bio-Plastik, die Verpackung aus Pappe. Zudem sind die Raketen kleiner, auf ihr Wesentliches reduziert.“ Der Geretsrieder Pyrotechnik-Experte empfiehlt beim Kauf von Feuerwerk – wie bei allen anderen Konsumgütern – grundsätzlich: „Lokal oder national produzierte Artikel vorziehen, wenn man nachhaltig sein will.“

Kritik von Umweltschützern

„Eine große Augenwischerei“ sind nachhaltige Knallkörper für Friedl Krönauer, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz. Er hält Feuerwerk für ebenso unnötig „wie den Pelzkragen an einer Moncler-Jacke“. Auf ein generelles Verbot pocht Krönauer nicht. Dass Unternehmen für umweltschonende Produkte Lob einheimsen, geht ihm aber gegen den Strich. „Das sollte ja eigentlich gesetzt sein, eine Selbstverständlichkeit.“

Die meisten Sorgen macht sich Krönauer in der Silvesternacht „um den Teil der belebten Erde, der sich nicht wehren kann“. Heißt: Tiere, die unter der Lärm- und Lichtkulisse leiden, und die Natur, in der die Feuerwerküberreste aus Kunststoff, Pappe und Schwarzpulver landen.

Der Schlehdorfer macht einen Vorschlag: Anstelle von Verbotszonen „sollten die Gemeinden und Städte Orte ausweisen, an denen das Abbrennen von Feuerwerk exklusiv erlaubt ist“.

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