Verwobener Streit um illegale Parkplätze: Unternehmer wirft Gemeinde Wortbruch vor
Engelbert Keller war an den Plänen für ein neues Misch-, Wohn- und Gewerbegebiet in Bernbeuren beteiligt. Aus dem Bauland wurde bislang nichts. Die Parkplätze, die dem Lackierer mündlich zugesichert worden seien, baute er trotzdem. Der Fall landete vor Gericht – und ist nur der Teil eines verwobenen Streits.
Bernbeuren – Die Sache ist kompliziert. Engelbert Keller, der gebürtig aus Böbing kommt und sich vor Jahren einen großen Lackierbetrieb in Bernbeuren aufgebaut hat, weiß, dass er bei ihr auf den ersten Blick auch nicht gut wegkommt. Das Verwaltungsgericht München hat ihm vor kurzem den Rückbau von Parkplätzen angeordnet, die Keller ohne gültigen Bebauungsplan und zum Teil auf Gemeindegrund errichtet hatte. Es geht um die Stellplätze vor seinem Lackierbetrieb am Straßfeld, die er dort hinverlegen musste, als er sein Firmengebäude erweiterte. „Ich würde sowas aber nie ohne Genehmigung machen“, sagt Keller. „Dazu bin ich viel zu penibel.“
Um zu erklären, warum es trotzdem zu der Rückbauanordnung kam, muss der Unternehmer ausholen. Die Parkplätze seien nämlich nur ein Teil der Geschichte, die sich in den vergangenen Jahren zwischen ihm und der Gemeinde zugetragen habe, sagt er.
Hintergrund war das Vorhaben des ehemaligen Bürgermeisters Martin Hinterbrandner, oberhalb des Schornfelds in Bernbeuren ein Gewerbe-, Wohn- und Mischgebiet auszuweisen. Kurz vor Jahresende 2019 hatte Hinterbrandner die entsprechenden Bebauungspläne auf den Weg bringen wollen. Wie unsere Zeitung damals berichtete, wurde der Bürgermeister aber noch einmal durch seinen Gemeinderat ausgebremst. Anstatt gleich ins Bauleitverfahren einzusteigen, folgte das Gremium geschlossen der Forderung von Hinterbrandners Stellvertreter Markus Socher, erst den städtebaulichen Vertrag abzuwarten.
Diesen Vertrag hatte die Gemeinde mit den Grundstücksbesitzern schließen wollen. Immerhin sollte das Bebauungsplan-Projekt als „Pubilc-private Partnership“ umgesetzt werden – also als Deal, bei dem einerseits die Gemeinde Parzellen für das Einheimischenmodell bekommt und andererseits die Grunstückseigentümer – darunter Engelbert Keller – ihre erschlossenen Flächen vermarkten können. Kurz nachdem der Vertrag aufgesetzt worden war, endete Hinterbrandners Amtszeit. Zur Unterschrift kam es laut Keller nicht mehr.
Wie der Unternehmer erzählt, sei er nicht nur als Grundstückseigentümer, sondern auch in einer Art Mittlerrolle maßgeblich an dem Vorhaben des Gewerbe-, Wohn- und Mischgebiets beteiligt gewesen. „Die Bauern wollten der Gemeinde nichts verkaufen“, erklärt Keller. So sei er auf Wunsch des Bürgermeisters auf die Grundstückseigentümer zugegangen und habe mit ihnen verhandelt.
Das Ergebnis sei gewesen, dass zwei Landwirte einem Verkauf an die Gemeinde doch noch zustimmten; zwei weitere hätten den Kaufvertrag ausschließlich mit Engelbert Keller abschließen wollen, der die Flächen auch kaufte. Das sei in einer nicht öffentlichen Bauausschusssitzung vom Juni 2020 behandelt worden, die Keller protokollierte.
Doch bis heute gilt für die Flächen am Schornfeld kein Bebauungsplan. Und das, obwohl sich das Gremium laut Kellers Protokoll noch in der Sitzung vom Juni 2020 einstimmig für das Projekt „Gewerbegebiet/Mischgebiet Straßfeld“ ausgesprochen hat.
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Warum das Bauleitverfahren bislang nicht eingeleitet wurde und welche Strategie die Gemeinde verfolgt, Unternehmen Gewerbeflächen auszuweisen, wollte Bürgermeister Karl Schleich auf Nachfrage nicht beantworten.
Zusage nur mündlich – „Das war mein Fehler“
Für Keller hat die Gemeinde Wort gebrochen. Denn er habe sich nicht nur darauf verlassen, dass die Grundstücke, die er teils selbst gekauft und denen er der Gemeinde verholfen hat, zu Bauland werden – er hat nun auch Ärger wegen der Parkplätze. Dass er diese vorübergehend auf dem gemeindlichen Grund ausweisen darf, bis der Bebauungsplan steht, habe ihm nämlich der alte sowie der heutige Gemeinderat zugesichert.
In seinem Protokoll vom Juni 2020 heißt es: „Im Zuge der Erweiterung des Geschäftsgebäudes Keller Profi-Lack GmbH wurde nochmals die Zustimmung der weiteren Befestigung des Gemeindebodens, südlich der Firma Keller, als Parkfläche auf Kosten von Keller gegeben.“ Leider, sagt der Bernbeurener, habe er sich auf diese Zusage verlassen. „Ich habe es mir nicht schriftlich geben lassen, das war mein Fehler.“
Bürgermeister bietet in Schreiben Tausch an
So habe ihn die Gemeinde beim Landratsamt angezeigt, nachdem er die Parkplätze gebaut hatte. Kurz darauf bekam Engelbert Keller zwei Schreiben von Bürgermeister Karl Schleich, die der Redaktion vorliegen. Die Briefe stammen vom Juli und Oktober 2021, und Schleich bietet in ihnen folgendes Geschäft an: Damit der Gemeinderat einen Bebauungsplan aufstellt und die Parkfläche somit baurechtlich legalisiert, solle Keller auf das Vorkaufsrecht einer großen Fläche in dem geplanten Gewerbegebiet verzichten. Die Größe der Fläche, die er auf Gemeindegrund überbaut hat, solle er von seinem benachbarten Grundstück an die Gemeinde abgeben. „Das ist Erpressung und ein illegales Kopplungsgeschäft“, sagt Keller, der auf die Schreiben nicht reagierte und einen Anwalt einschaltete.
Auch hierauf ging Schleich auf Anfrage nicht ein. Der Bürgermeister verweist auf „laufende Verfahren“, wegen derer er sich nicht äußern könne.
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Wie es seitens des Landratsamts heißt, müssten die Parkplätze binnen eines Jahres zurückgebaut werden. Man wolle aber „gerne ein gemeinsames Gespräch in der Sache anberaumen, um gegebenenfalls trotz des Verhandlungsergebnisses vor dem Verwaltungsgericht München eine einvernehmliche Lösung zu erzielen“.
Für den heutigen Dienstag hat die Gemeinde den Bauantrag, den Keller vor einiger Zeit für rund 70 Parkplätze auf seinem Grund gestellt hatte, auf die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung genommen.