Schadstoffe an unseren Stränden - Giftschaum in Nord- und Ostsee: Nachbarn besorgt, deutsche Behörden bleiben gelassen
Giftiges Treibgut: Der Meeresschaum an den Stränden der Nord- und Ostsee ist stark mit gesundheitsschädlichen PFAS belastet, wie Analysen von Greenpeace enthüllen. Besonders hohe Werte erreichten dabei krebserregende und hormonähnlich wirkende PFAS-Schadstoffe wie die Perfluoroctansulfonsäure (PFOS). Die Konzentrationen dieser PFAS-Gruppe lagen im Meeresschaum um das 290- bis 3.777-Fache über dem Grenzwert für Badegewässer von 40 Nanogramm pro Liter. Der Kontakt mit dem Schaum sollte daher vermieden werden.
Chemikalien aus der Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) sind wasser-, fett- und schmutzabweisend – und werden daher in unzähligen Produkten eingesetzt. Doch inzwischen ist klar, dass PFAS nicht nur schwer abbaubare "Ewigkeitschemikalien" sind – viele Stoffe dieser Gruppe, darunter vor allem Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroctansäure (PFOA), sind auch krebserregend, stören das Hormonsystem und wirken fortpflanzungsschädigend. Dennoch tragen wir diese PFAS längst in uns.
PFAS in allen Schaumproben
Jetzt enthüllen Tests, dass selbst Meer und Strände an der deutschen Nord- und Ostseeküste stark mit PFAS belastet sind. Für ihre Studie hatten Forschende von Greenpeace Deutschland im November 2024 und Januar 2025 Proben von Stränden auf Sylt, in Sankt Peter Ording und auf Norderney an der Nordsee sowie von Boltenhagen und Kühlungsborn an der Ostsee untersucht. Das Team sammelte dafür Meeressschaum am Strand und analysierte ihn auf 31 verschiedene PFAS hin, darunter auch die besonders schädlichen Substanzen der PFAS-4-Gruppe, zu der PFOS und PFOA zählen.
Das Ergebnis: Insgesamt wiesen die Chemiker 14 verschiedene PFAS in den Meeressschaum-Proben nach. Zehn davon gehören zu den als schädlich eingestuften PFAS, für die es Trinkwasser-Grenzwerte gibt. Besonders hohe Werte ermittelte das Team für die Schadstoffe der PFAS-4-Gruppe: "Sie wurden in allen Proben gemessen. Die PFAS-4-Gruppe hat einen Anteil von mindestens 92 Prozent an der gesamten PFAS-Belastung in den Proben", berichtet Greenpeace.
Tausendfach über den Grenzwerten
Die höchste PFAS-Belastung wiesen die Forschenden in älterem Meeressschaum aus Kühlungsborn an der Ostsee nach. Dort wurden gut 161.000 Nanogramm pro Liter Gesamt-PFAS gemessen und 151.000 Nanogramm pro Liter als PFAS-4-Belastung. Aber auch Meeressschaum an einigen Stränden auf Sylt erreichte bis zu 96.000 ng/l Gesamt-PFAS und 81.000 ng/l für PFAS-4. In Sankt-Peter-Ording lagen die Werte zwischen 40.000 und 60.000 ng/l, in Boltenhagen war die PFAS-Kontamination mit rund 20.000 ng/l am niedrigsten.
Insgesamt lagen die PFAS-Werte im Meeresschaum damit zwischen 290-fach und 3.777-fach über dem dänischen Grenzwert für Badegewässer von 40 Nanogramm pro Liter. Der dänische Grenzwert ist deswegen relevant, weil es in Deutschland bisher keinen PFAS-Grenzwert für Badegewässer gibt und auch keine systematische Überwachung, wie Greenpeace erklärt. Der ab 2026 geltende deutsche Trinkwasser-Grenzwert von 100 ng/L für die 20 am häufigsten vorkommenden PFAS wurde jedoch ebenfalls massiv überschritten.
In Dänemark und den Niederlanden – wo ähnlich hohe Werte gemessen wurden – warnen die Behörden bereits vor PFAS im Meeresschaum. Sie raten, die Haut nach dem Kontakt mit dem Schaum mit klarem Wasser abzuspülen "Insbesondere Kinder und Hunde sollten nicht mit dem Schaum spielen, um das Verschlucken des Schaumes zu vermeiden", sagt Greenpeace.
"Es ist ein Skandal"
Doch woher kommen die PFAS an den deutschen Stränden? Das besonders gesundheitsschädliche PFOS darf in der EU seit 2009 nur eingeschränkt verwendet werden. In Deutschland ist die Produktion seit 2015 offiziell eingestellt. Dennoch gelangt der Schadstoff vor allem über die Flüsse weiterhin ins Meer, wie Proben aus dem Rhein im Januar 2025 belegen. Greenpeace-Analysen ermittelten auch in diesen Proben stark erhöhte PFOS-Werte.
"Es ist ein Skandal, dass wir ein Jahrzehnt nach dem Ende der Produktion in Deutschland derart hohe PFOS-Werte messen", sagt Julios Kontchou, Ökotoxikologe von Greenpeace Deutschland. "Die zuständigen Landesämter in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg müssen schnell die Ursachen finden und entschärfen." (Greenpeace-Studie (PDF))
Quelle: Greenpeace Deutschland
Von Nadja Podbregar
Das Original zu diesem Beitrag "Nord- und Ostsee: Hohe PFAS-Belastung von Meeresschaum" stammt von scinexx.