Bürgergeld, Wohngeld und Co.: Millionen Deutsche haben Ansprüche auf Hilfen – und beantragen sie nicht
Der Staat bietet Menschen mit geringem Einkommen einiges an Hilfen an. Jedoch kommen diese nicht immer bei den Betroffenen an. Ein Überblick.
München – Nicht alle Sozialleistungen kommen auch wirklich bei den Bedürftigen an. Vor allem das Wohngeld, das sich an Menschen mit geringem Einkommen richtet, wird seit Jahren nicht in dem Maße in Anspruch genommen, wie es möglich wäre. Ein Überblick.
Wohngeld: Wer Anspruch hat, wie es funktioniert
Das Wohngeld ist quasi ein staatlicher Zuschuss zur Miete für Menschen mit kleinen Einkommen. Auch wer eine Eigentumswohnung oder ein Haus und zugleich wenig Geld hat, kann für die Tilgung seiner Kredite Unterstützung bekommen. Das gilt aber nur, wenn man keine anderen Transferleistungen erhält, bei denen die Wohnkosten bereits berücksichtigt sind, also etwa Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Bafög. Für die Anträge und die Auszahlung sind die Länder beziehungsweise Gemeinden zuständig.
Anspruch und Höhe des Wohngeldes hängen laut Wohnministerium von der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder, der Höhe des Gesamteinkommens und der Höhe der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung ab. Deshalb ist eine pauschale Aussage nicht möglich.
Aber mit dem vor einem Jahr in Kraft getretenen Wohngeld-Plus wurde die Höhe des Wohngeldes deutlich angehoben und der potenzielle Empfängerkreis verdreifacht. Für die Hilfe besonders im Blick hat man dabei Rentner, Alleinerziehende oder Mindestlöhner. Es lohnt sich also, sich mit dem Angebot auseinanderzusetzen, wenn man mit einem geringen Einkommen kämpft. Der Wohngeld-Rechner des Wohnministeriums bietet dabei erste Orientierung.

Grundrente: Zu wenig Menschen erhalten diese Hilfe
Wer nur eine magere Rente bezieht, kann auf den Grundrentenzuschlag hoffen. Dabei handelt es sich um keine eigenständige Leistung, sondern ein Plus zur bestehenden Rente, wie die Deutsche Rentenversicherung erklärt. Dabei erhalten Rentnerinnen und Rentner, die Anspruch auf die Grundrente haben, zusätzlich zu ihrer gesetzlichen Rente einen individuellen Zuschlag.
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Die Grundrente soll dazu dienen, kleine Renten auf einen Mindestbetrag aufzustocken. Sie wurde am 1. Januar 2021 eingeführt. Die Höhe des Zuschlags richtet sich nach dem Rentenversicherungsverlauf, der Erwerbsbiografie sowie dem Einkommen. Die durchschnittliche Höhe des Grundrentenzuschlags liegt aktuell bei rund 86 Euro im Monat.
Zuständig für die Prüfung und Auszahlung der Grundrente ist die Deutsche Rentenversicherung. Einen Antrag auf Grundrente müssen Rentnerinnen und Rentner nicht stellen, denn ob jemand Anspruch auf die Grundrente hat, wird bei erstmaliger Auszahlung der Altersrente automatisch geprüft. Gibt es einen Anspruch, wird der entsprechende Betrag mit der eigentlichen gesetzlichen Rente monatlich ausgezahlt.
Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt aber, dass die Grundrente weniger Menschen erhalten als angekündigt. „Die Grundrente hilft, aber sie unterstützt zu wenige Leute. Sie reicht nicht aus, um Armut im Alter ausreichend zu bekämpfen“, sagte Peter Haan vom DIW der Süddeutschen Zeitung. Nur 4,3 Prozent der etwa 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner bekommen dem Institut zufolge den Zuschlag.
Bürgergeld: Auch für Aufstocker möglich
Seit einem Jahr ersetzt das Bürgergeld das Hartz-IV-System. Dabei ist diese Sozialleistung nicht nur für Menschen gedacht, die schon länger keine Arbeit mehr haben. Auch ein sehr geringes Einkommen lässt sich damit aufstocken. Bürgergeld kann man bekommen, wenn man erwerbsfähig ist, mindestens 15 Jahre alt, nicht im Rentenalter und wenn das Einkommen unter dem Existenzminimum liegt. Dabei wird das Bürgergeld auch an Haushaltsmitglieder ausgezahlt, die sonst nicht alle Kriterien erfüllen, wie beispielsweise Kinder.
Beantragen kann man das Bürgergeld beim Jobcenter – auch online ist das unter bestimmten Umständen möglich. Dabei müssen Nachweise über das Einkommen und die Miete erbracht werden. Wenn der Antrag bewilligt wird, übernimmt das Jobcenter in vielen Fällen auch die Miete und die Heizkosten.
Die Verbraucherzentrale betont, dass Sozialleistungen „kein schambehaftetes Thema“ sein sollten. „Stellen Sie einen Antrag, wenn die Voraussetzungen bei Ihnen vorliegen. Je länger Sie das hinausschieben, desto höher können sich Schulden auftürmen“, mahnt die Verbraucherzentrale.