SPD macht Druck auf Bürgergeld-Betrüger: Das würde gegen Schwarzarbeit helfen
Durch Schwarzarbeit entgehen dem Staat Millionen. Die SPD will jetzt dagegen vorgehen – speziell beim Bürgergeld. Was würde das bringen?
Berlin – Die SPD hat vor, Bürgergeldbezieher, die Schwarzarbeit ausüben, stärker zu bestrafen. Durch eine neue Sanktionierung soll der Druck steigen, einer regulären Arbeit nachzugehen. Konkret steht der Plan im Raum, den Beziehern zwei Monate lang das Bürgergeld zu streichen, sollten sie bei der Schwarzarbeit erwischt werden.
Neue Regulierung beim Bürgergeld – so will die SPD Schwarzarbeit bestrafen
Der SPD-Vorstoß würde Schwarzarbeiter im selben Maße bestrafen wie Totalverweigerer. Das hatte die Bild berichtet und sich dabei auf Informationen aus Parteikreisen der SPD berufen. Angeblich stehen sowohl der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil als auch Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender, hinter dem Plan – der Plan spielt aktuell bei den Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 eine Rolle.

Allerdings sollen Mietzahlungen von einer eventuellen neuen Regelung nicht betroffen sein. Um Obdachlosigkeit zu verhindern, sollen die weiter übernommen werden.
481 Milliarden Euro – wie viel Geld entzieht die Schwarzarbeit dem Staat?
Unter anderem will die SPD mit diesem Plan Geld einsparen. Aber wie viel würde das bringen? Dazu müsste bekannt sein, wie viele der Bürgergeldbezieher tatsächlich schwarz arbeiten, was – wie es in der Natur von Schwarzarbeit liegt – nur schwer erfassbar ist. „Der jährlich geschätzte Steuerschaden für die Bundesrepublik Deutschland durch Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger, die schwarzarbeiten, kann nicht beziffert werden. Für die Bekämpfung von Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) zuständig“, sagte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf Anfrage von IPPEN.Media.
Prof. Dr. Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität in Linz unterscheidet dabei zwischen Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit. Als Schwarzarbeit versteht er Tätigkeiten, die „im Prinzip auch legal ausgeübt werden könnten“, jedoch nicht öffentlich gemeldet würden, um Steuern und Sozialbeiträge zu sparen. Die Schattenwirtschaft ist ein weiteres Feld, das außerdem illegale Beschäftigung, illegale Arbeitnehmerüberlassung und illegale Ausländerbeschäftigung umfasst.
„Die wesentliche Schwierigkeit bei der Erfassung der Größe der Schattenwirtschaft liegt darin, dass alle Beteiligten einen starken Anreiz haben, ihr Tun zu verheimlichen“, schrieb der Wissenschaftler in seinen Berechnungen für das Jahr 2024. Er schätzte den Umfang der Schattenwirtschaft auf rund 481 Milliarden Euro – wichtig dabei ist, dass die Schwarzarbeit hier in anderen Aspekten der Schattenwirtschaft ein Stück weit untergeht. Eine klare Abgrenzung ist kaum möglich.
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Die Rolle des Zolls bei der Schwarzarbeit
Für die tatsächliche Bekämpfung von Schwarzarbeit ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Bundeszollverwaltung zuständig, abgekürzt FKS. „Die Jobcenter melden der FKS Verdachtsfälle aus ihren Arbeitsbereichen. Darüber hinaus wird im Falle nachgewiesener Schwarzarbeit von den Jobcentern die Bewilligung des Bürgergeldes ganz oder teilweise aufgehoben“, erklärte uns die BMAS-Sprecherin. Das zeigt: Die bislang vorhandenen Strafen können die nun vorgeschlagenen der SPD sogar übertreffen.
Trotz der bestehenden Hürden arbeiten die Jobcenter und die FKS zusammen, um Schwarzarbeit im Bürgergeld „frühzeitig“ zu erkennen. Einige Werkzeuge stehen ihnen dabei durchaus zur Verfügung: Zum Beispiel können die Jobcenter durch anonyme Anzeigen, Überprüfung von Kontoauszügen oder durch automatisierten Datenabgleich Unstimmigkeiten erkennen. „Begründete Verdachtsfälle von Schwarzarbeit melden die Jobcenter der FKS“, sagte das BMAS dazu.
Auch wenn der Bundesagentur für Arbeit nicht klar ist, wie viele Bürgergeldbezieher schwarzgearbeitet haben, so kann sie immerhin „nicht oder nicht richtig angezeigte“ Tätigkeiten aufdecken. Das passiert durch den erwähnten automatisierten Datenabgleich. Auf diese Weise waren 2023 rund 70.765 Fälle aufgezeichnet worden, bei denen Zeiten des Bürgergeldbezugs auf Zeiten einer geringfügigen oder versicherungspflichtigen Beschäftigung gestoßen sind.
Regulierung von Schwarzarbeit ist nicht das Problem – was würde helfen?
Weil Schwarzarbeiter schon jetzt diverse Strafen zu erwarten haben, ist fraglich, inwiefern der SPD-Vorstoß überhaupt helfen würde. Laut dem Spiegel rangieren diese von Ordnungswidrigkeiten bis hin zur Steuerhinterziehung und Betrug, was dann Geld- oder Freiheitsstrafen nach sich ziehen würde. „Wir reden da eher über zehn Prozent der Empfänger als über die Mehrheit“, zitierte das Magazin den Ökonomen Andreas Peichl vom Münchner Ifo-Institut. Dem Experten zufolge gibt es nur wenige Schwarzarbeiter unter den Bürgergeldbeziehern.
Ferner sei die Bekämpfung derselben eher ein Problem des Vollzugs als der Regulierung. Die Kontrollen des Zolls müssten „passgenau verschärft“ werden, so jedenfalls der Vorschlag Peichls. Es müsste einen gezielten und automatisierten Datenaustausch zwischen den Jobcentern und dem Zoll geben.
Zuletzt müsste der Staat gezieltere Anreize dafür geben, dass Bürgergeldbezieher ihr Heil lieber in regulärer Beschäftigung suchen anstatt in der Schwarzarbeit. Bislang ist die illegale Beschäftigung, kombiniert mit Bürgergeld, zu attraktiv. Laut der Welt lohnt sich die Erweiterung von regulärer Arbeitszeit schlichtweg nicht.