CDU-Geheimpapier? Union plant wohl schon Bereinigung der Ampel-Gesetze – brisanter Satz zu Heizungsgesetz
Ein vertrauliches Dokument, das aus Kreisen der CDU stammen soll, offenbart, wie die Partei die Energiepolitik bei einem Machtwechsel umgestalten könnte.
Berlin - Die Tage der Ampel-Koalition sind wohl gezählt, das legen Umfragen zumindest nahe. Auch die Ergebnisse der Europawahl Anfang Juni offenbaren eine tiefe Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Derweil genießen CDU und CSU wieder mehr Zuspruch. Wenig überraschend ist es daher, dass sich die Union, mehr als ein Jahr vor der Bundestagswahl, Gedanken über ihre Pläne bei einem möglichen Machtwechsel macht.
Das offenbart auch ein vertrauliches Papier, das IPPEN.MEDIA vorliegt und aus Kreisen der CDU stammen soll. Dessen Echtheit wurde von CDU-Politikern bestätigt. Darin werden die „Eckpfeiler“ der Energiepolitik für die nächsten Jahre stichpunktartig zusammengefasst. Konfrontiert mit dem Papier heißt es von der CDU, man wolle die darin skizzierten Vorhaben nicht kommentieren. Bestätigt wurde aber, dass es bekannt ist. Zu erkennen ist im Wesentlichen ein Plan, wie viele Ampel-Vorhaben wieder aufgeweicht werden könnten.
Angeblicher CDU-Plan: „Rücknahme des Heizungsgesetzes“ und mehr Technologieoffenheit
Die Vorhaben des angeblichen CDU-Papiers lassen sich beinahe in einem Wort zusammenfassen: „Technologieoffenheit“. Ein Wort, das vor allem im Rahmen der Heizungsdebatte zu einer Art Kampfbegriff geworden ist und so viel bedeutet wie: Alle Technologien sollen in der Energiewende eine Rolle spielen, keine soll bevorzugt oder benachteiligt werden.
Das schreiben die CDU-Energiepolitiker auch recht deutlich. Alle Erneuerbaren sollen gefördert werden, alle klimaneutralen Gase, alle klimaneutralen Antriebe und Heizungsanlagen. Die Politik soll sich „nicht nach einzelnen, politisch bevorzugten Technologien ausrichten“. Besonders brisant auch der Satz: „In diesem Sinne Rücknahme des Heizungsgesetzes der Ampel“.
Kohle-Ausstieg 2038 auf der Kippe?
Nach dem Willen der Autoren des Papiers sollte es auch „kein Rückbau des Gasnetzes ohne vorherige verfügbare (bereits gebaute) Alternative“ geben. Und: „kein weiteres Abschalten von Kohlekraftwerken ohne vorherige verfügbare (bereits gebaute) residuallastfähige Ersatzkapazitäten“. Zwischen den Zeilen gelesen bedeutet das eine Aufweichung des Kohleausstiegs. 2020 hatte die damalige Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) das endgültige Ende der Kohle mit dem Datum 2038 beschlossen. Die Ampel-Regierung wünscht sich ein vorzeitiges Ende bis 2030 - was in Fachkreisen jedoch als eher unrealistisch gilt, vor allem seit der Energiekrise, wodurch sich die Kohleverstromung erhöht hat, um von Russland Gas unabhängig zu werden.
Sollte das Aus der Kohlekraftwerke - wie hier in dem Papier skizziert - an den fertigen Bau anderer Kraftwerke geknüpft werden, würde das Datum an sich keine Rolle mehr spielen. Das kann eine gute Sache sein, kann aber auch bedeuten, dass der Handlungsdruck verschwindet. Denkbar wäre, dass sich der Bau neuer Kraftwerke unnötig verzögert, weil sich Betreiber in der Sicherheit wiegen könnten, dass die Kohlekraftwerke auch länger als 2038 weiterlaufen dürfen.
Meine news
CCS in Gaskraftwerken: Kritiker befürchten mehr Abhängigkeit von Gas
Besonders viel Aufmerksamkeit wird in dem Stichpunktepapier Carbon Capture and Storage (CCS) gewidmet. Darunter versteht sich, einfach ausgedrückt, das Einfangen und Verstauen von CO₂, bevor es in die Atmosphäre gelangen kann. CCS war in Deutschland lange verpönt, unter Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll es aber erstmals zugelassen werden. Das Bundeskabinett hat die Eckpunkte seiner Strategie im Frühjahr verabschiedet; künftig soll es möglich sein, aufgefangenes CO₂ in ausgewiesenen Offshore Gebieten Deutschlands zu speichern. Dazu soll eine Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) erarbeitet werden.
Die Ampel-Koalition will aber CCS nur bei unvermeidbaren oder schwer vermeidbaren Emissionen erlauben, also in solchen Prozessen, bei denen CO₂-Ausstöße nicht einfach durch den Wechsel des Energieträgers verschwinden. Das gilt beispielsweise in der Zement- oder Kalkproduktion, aber auch bei der Müllverbrennung. Die CDU würde laut der kursierenden „Energie-Agenda“ CCS auch in Gaskraftwerken erlauben. Also: Anstatt neue Wasserstoff-Kraftwerke zu bauen, würde die Union es demnach befürworten, Gaskraftwerke weiterzubetreiben und das ausgestoßene CO₂ dann einzufangen. Die Ampel will das nur übergangsweise ermöglichen - Gaskraftwerke, die mit CCS funktionierten, sollen langfristig auf Wasserstoff umgerüstet werden.
Die angeblichen CDU-Pläne könnten vor allem bei Umweltorganisationen für Alarm sorgen - viele von ihnen sehen CCS generell kritisch. Und obwohl Habeck CCS in Gaskraftwerken zugesagt hat, ist seine Partei dagegen. Gefördert wird es von der Ampel außerdem nicht. Befürchtet wird ein sogenannter „Lock-in“, also dass man durch die Anwendung von CCS bei Gaskraftwerken die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verschärft, anstatt sie zu verringern.
Geheime „Energie-Agenda“ der CDU? CO₂-Preis soll zur Entlastung von Verbrauchern genutzt werden
Das Papier positioniert sich des Weiteren für den Einsatz von blauem Wasserstoff. Das ist Wasserstoff, bei dessen Herstellung der Energieträger Erdgas verwendet wird, das CO₂ wird auch hier gespeichert mittels CCS. Auch hier stellt sich das gleiche Problem wie bei CCS in Gaskraftwerken generell: Kritiker befürchten, dass eine Förderung von blauem Wasserstoff zu einem Lock-in fossiler Gase führt. Die aktuelle Bundesregierung fördert ausschließlich Projekte, die den Hochlauf von grünem Wasserstoff (hergestellt mittels erneuerbarer Energien) unterstützen.
Um Verbraucher zu einer Umstellung auf strombasierten Verbrauch (E-Autos, Wärmepumpen, Solaranlagen) zu bewegen, würde die CDU dem Papier zufolge die Einnahmen aus dem CO₂-Preis „zuvörderst nutzen, um Verbraucher und Wirtschaft zu entlasten (EEG-Umlage, Stromsteuer, Netzentgelte, Klimageld?)“ so der Wortlaut. Details bleiben hier aus.