Keinen Katastrophen-Fall nach Hagelunwetter ausgerufen: Neuer Kochler Bürgermeister kritisiert Ablauf

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Nach Ansicht des Kochler Bürgermeisters Jens Müller hätte beim Hagel-Unwetter im August der Katastrophenfall ausgerufen werden müssen. Das sagte er jetzt bei der Jahresversammlung der Feuerwehr.

Kochel am See – „Offensichtlich gab es Ablauf- und Verständigungsprobleme“, sagte Jens Müller in der Jahresversammlung der Kochler Feuerwehr am Freitagabend im „Schmied von Kochel“. „Gott sei Dank ging es nur um Sachschäden, wenn auch in nicht geringer Höhe. Wenn es um Menschenleben gegangenen wäre, hätte es wegen der mangelhaften Organisation und Verständigung Tote gegeben.“ In der Vergangenheit sei der Katastrophenfall laut Müller „inflationär“ ausgerufen worden. Er könne nicht verstehen, warum in diesem Fall nicht: „Egal, ob es juristisch 100 Prozent korrekt ist, aber da muss man pragmatisch handeln“, so Müller.

Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen habe in Bad Bayersoien den Katastrophenfall ausgerufen, „und das hat den Ablauf und die Organisation um einiges erleichtert“. Seiner Ansicht nach solle man sich ein Beispiel nehmen an dem damaligen Hamburger Polizeisenator Helmut Schmidt und dessen Reaktion auf die Sturmflut im Februar 1962: „Er hat damals die Bundeswehr hinzugezogen, obwohl das gesetzeswidrig war, weil die Not der Menschen erkannt hat. Und ihm war klar, dass man nur so die Lage in den Griff bekommen kann.“

Langjährige Feuerwehrmänner: Der Vereinsvorsitzende Anton Allgäuer, die stellvertretenden Kommandanten Georg Allgäuer jun., und Andreas Friedl (v. li.) und Bürgermeister Jens Müller (re.) gratulierten (ab 4. v. li.) Josef Krinner (30 Jahre aktiver Dienst), Stephan Vestner (25 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber), Simon Wallrapp (10 Jahre), Dominik Flügel (10 Jahre), Florian Strys (25 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber), Stephan Sziedat (25 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber), Hans Eberl Hans (30 Jahre), Michael Pössenbacher (25 Jahre), Thomas Eberl (40 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Gold), Hubert Resenberger (25 Jahre aktiver Dienst, Kommandant, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber). Elektro-Autos: Bei Unfällen ist Fachwissen wichtig Beeindruckende Übung am Wasserschloss
Langjährige Feuerwehrmänner: Der Vereinsvorsitzende Anton Allgäuer, die stellvertretenden Kommandanten Georg Allgäuer jun., und Andreas Friedl (v. li.) und Bürgermeister Jens Müller (re.) gratulierten (ab 4. v. li.) Josef Krinner (30 Jahre aktiver Dienst), Stephan Vestner (25 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber), Simon Wallrapp (10 Jahre), Dominik Flügel (10 Jahre), Florian Strys (25 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber), Stephan Sziedat (25 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber), Hans Eberl Hans (30 Jahre), Michael Pössenbacher (25 Jahre), Thomas Eberl (40 Jahre, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Gold), Hubert Resenberger (25 Jahre aktiver Dienst, Kommandant, Feuerwehr-Ehrenzeichen in Silber). Elektro-Autos: Bei Unfällen ist Fachwissen wichtig Beeindruckende Übung am Wasserschloss © Patrick staar

Kochler Feuerwehr hatte 134 Einsätze in 2023

Müller rechnete außerdem vor, dass die Kochler Feuerwehr im vergangenen Jahr, ehrenamtliche Leistungen im Wert von mindestens 200 000 Euro erbracht hat: „Jeder Einwohner von Kochel hätte also 50 Euro bezahlen müssen, wenn diese Leistung abgerechnet worden wäre.“

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Kommandant Hubert Resenberger berichtete, dass es die Feuerwehr im vergangenen Jahr auf 134 Einsätze sowie 3350 Einsatz- und 3140 Übungsstunden gebracht hat – die Hilfe beim Hagelunwetter nicht mit eingerechnet. 300 Stunden seien alleine auf die Drehleiter-Ausbildung entfallen. „Wir haben sie am 29. November abgeholt, und dann haben wir einen Plan gemacht, wie wir uns das notwendige Wissen schnellstmöglich aneignen können.“ Dies habe gut geklappt.

Elektro-Autos: Bei Unfällen ist Fachwissen wichtig

Neues Wissen müsse sich die Feuerwehr auch im Umgang mit Elektroautos aneignen. So seien 2023 unter anderem ein Tesla und ein Peugeot in Unfälle am Kesselberg verwickelt gewesen: „Da ist dann immer die Frage: Wo klemmt man die Batterie und die anderen Systeme ab?“, sagte Resenberger. „Das ist bei jedem Fahrzeugtyp anders.“ Bei manchen Autos sei die entsprechende Stelle im Motorraum, bei anderen in der Mittelkonsole oder dort, wo Benziner ihren Tank haben. „Da muss man dann auf der ADAC-Homepage nachschauen, wo die Gefahrenstellen sind und wo man die Batterien abtrennen muss. Das nächste Mal wissen wir, dass es bei einem Tesla in der Motorhaube ein Kabel mit einem Scherensymbol gibt.“

Beeindruckende Übung am Wasserschloss

Ihre außergewöhnlichste Übung hatten die Kochler am Wasserschloss des Walchensee-Kraftwerks. Die Feuerwehr sei mit Drehleiter und Kleinlöschfahrzeug den Forstweg hoch gefahren, „und dann haben wir mit Uniper durchgespielt, was sein könnte“, sagte Resenberger. „Wenn man mit der Drehleiter vor dem Wasserschloss steht, nimmt man erst mal die Dimensionen wahr – das ist schon beeindruckend.“ Einmal pro Jahr müsse Betreiber Uniper die Turbinen begutachten: „Dazu klettert einer rein, macht mit einem Pressluft-Nagel die Schweißnähte sauber und streicht sie“, berichtete der Kommandant.

Durchgespielt wurde das Szenario, dass dabei jemand ohnmächtig wird. „Schwierig wird es dadurch, dass die Einstiegslöcher nicht auf Menschen aus dem Jahr 2023 ausgelegt sind“, sagte Resenberger. „Der eine oder andere muss die Jacke ausziehen, damit er reinschlüpfen kann.“ Es sei interessant gewesen, „denn das sind Orte, an die man sonst nicht hinkommt“.

Der Kommandant berichtete außerdem, dass die Kochler momentan 120 Mitglieder haben, darunter 23 Rentner und 14 Anwärter. In einem Schreiben habe die Gemeinde um Nachwuchs geworben. Darauf hätten sich elf Jugendliche gemeldet, die vor zwei Wochen in ihre Ausbildung starteten.

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