Tierwohl ja, „Tierwohl-Cent“ nein: Metzger von Idee einer Fleischsteuer nicht begeistert
Unter Metzgern im Landkreis stößt die Idee einer Fleischsteuer auf wenig Gegenliebe. Für sie überwiegen vielerlei Argumente, die gegen den jüngst diskutierten „Tierwohl-Cent“ sprechen.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Die einen nennen es „Tierwohl-Cent“, die anderen sprechen von einer „Fleischsteuer“: Aktuell wird wieder über die Idee diskutiert, eine Abgabe auf Fleisch und Wurst zu erheben und dieses Geld dann Landwirten zugute kommen zu lassen, die in einen neuen Tierwohl-Stall investieren. Unter Metzgern im Landkreis stößt dieser Vorschlag, für den sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) einsetzt, auf Skepsis.
„Ich halte überhaupt nichts davon“, sagt der Tölzer Metzger Klaus Rottenwallner. Er ist überzeugt: Die Einnahmen aus dem „Tierwohl-Cent“ würden am Ende nicht dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden. „Das Geld würde in den Bundeshaushalt fließen und dort Löcher stopfen.“ Anderweitigen politischen Versprechungen „glaube ich nicht“, sagt Rottenwallner.
„Tierwohl-Cent“? Metzger im Landkreis skeptisch
Aus Verbrauchersicht aber verteure die Fleischsteuer – wie hoch auch immer sie am Ende ausfällt – das Produkt. Rottenwallers Befürchtung: „Der Kunde greift dann zu günstigeren Produkten – zum Beispiel Fleisch, das aus dem Ausland importiert wird. Und wo bleibt dann das Tierwohl?“
Um mehr Tierwohl zu garantieren, hält Rottenwallner andere Wege für sinnvoller. Das jetzige System mit verschiedenen Haltungsstufen gehört seiner Meinung nach abgeschafft. „Das dient nur den Interessen der Großen.“ Stattdessen plädiert er für einen einheitlichen Maßstab: Ist die Haltung tiergerecht, ja oder nein? Der Staat solle kontrollieren, ob Kriterien wie ausreichende Stallfläche oder genügend Auslauf eingehalten werden, und dann eine Art TÜV-Plakette erteilen. „Wir als Metzger werden ja auch kontrolliert, zum Beispiel in Sachen Hygiene.“
Von Komfortliege bis Putzmaschine: Schon viel gemacht
Auch sein Bichler Kollege Rudi Kramer sagt, er sei „kein Freund“ des „Tierwohl-Cents“. Wobei bei diesem Thema „zwei Herzen in meiner Brust schlagen“, wie er sagt. „Bei uns, als selbst schlachtenden Betrieb, wird das Tierwohl groß geschrieben“, betont er. Vor Ort habe er den ganzen Weg des Tieres auch genau im Blick. Das Tierwohl liege allein schon in seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse, weil die Kunden die entsprechende Qualität erwarten würden.
Gleichzeitig sei er selbst auch Landwirt – „wir halten Mutterkühe“ –, und aus dieser Perspektive sieht er die Fleischsteuer kritisch. Kramer befürchtet: „Da wird die Landwirtschaft gespalten.“ Wenn mit dem „Tierwohl-Cent“ tatsächlich Bauern gefördert werden, die in einen Tierwohl-Stall investieren, hätten Ackerbauern im Norden und Osten Deutschlands nichts davon. Das Nachsehen hätten auch die Landwirte, die schon in der Vergangenheit viel Geld in den Umbau gesteckt hätten. „Da ist bei uns in der Region schon sehr viel gemacht worden – von der Komfortliege bis hin zur Putzmaschine, und häufig gibt es an den Laufställen zusätzlichen Auslauf, sodass die Tiere raus und das Wetter genießen können.“

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Klar wäre aus Kramers Sicht die Auswirkung, dass Fleisch teurer würde und seine Umsätze als Metzger sinken, „weil die Leute sparen“. Das ist seiner Meinung nach auch ein mehr oder weniger verstecktes Ziel des „Tierwohl-Cents“. „Das wäre eine Reduzierung der Tierhaltung durch die Hintertür.“ Dabei sei er selbst keiner, der sagt, dass man jeden Tag Fleisch essen sollte. „Lieber nur zwei- oder dreimal pro Woche, aber dann was Gscheits.“
Das sieht der Lenggrieser Metzger Karl Weber ganz genauso. Das Ziel Tierwohl unterstützt er ebenfalls aus voller Überzeugung. „Dass es den Tieren gut geht, ist ganz wichtig. Nur wenn der Bauer gesundes Vieh hat, haben wir beim Fleisch die höchste Qualität.“ Und das wiederum sei auch für die Gesundheit des Menschen maßgeblich.
Preise haben seit Corona ohnehin stark angezogen
Die Metzgerei Weber bezieht nach eigenen Angaben ihr Fleisch ausschließlich von Bauern aus dem Isarwinkel. Das garantiere kurze Transportwege und einen stressfreien Ablauf bis zur Schlachtung. Dank eigenem Schlachthaus habe man die Einhaltung sämtlicher Vorschriften in der Hand. Bei manchem Billigangebot aus dem Discounter sei es dagegen natürlich fraglich, wie solche Preise zustande kommen. Ob auf diesem Sektor eine Fleischsteuer etwas verbessern könnte? Weber ist sich unschlüssig. Nur: Wenn Steuern auf breiter Front die Lebenshaltungskosten in allen Bereichen verteuern, findet er das generell schwierig.
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Auch der Geretsrieder Metzger Andreas Länger sagt: „Seit Corona haben die Preise sowieso schon stark angezogen.“ Wenn jetzt noch ein weiterer Faktor dazukomme, der das Fleisch verteuert, wäre das nicht gut. „Es soll für den Endverbraucher schon noch im Rahmen bleiben.“ Großbetriebe könnten so etwas über die Masse dann eher ausgleichen, treffen würde es eher die kleinen handwerklichen Betriebe. Und ob eine Fleischsteuer dann tatsächlich für mehr Tierwohl sorge, „das bezweifle ich eher“, meint Länger. In seinem eigenen Betrieb jedenfalls seien ihm seine Lieferanten bestens bekannt. Da sei Tierwohl gewährleistet – auch ohne „Tierwohl-Cent“.
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