75-jähriges Bestehen der Nato – Bündnis ist für einen großen Konflikt mit Russland nicht vorbereitet
Weil er in der Nato eine Gefahr für Russland sieht, droht Wladimir Putin immer wieder mit einer Ausweitung des Konflikts. Doch auf die Nato warten Probleme.
Brüssel – Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs wächst in vielen Nato-Staaten die Sorge, dass sich der Konflikt mit Russland innerhalb der nächsten Jahre ausweiten könnte. Doch im Westen fehlt aktuell nicht nur die Ausrüstung, um eine Eskalation der Beziehungen zu Russland zu riskieren, sondern auch das militärische Personal. Wie das US-Portal Newsweek berichtet, hängt das vor allem auch damit zusammen, dass in vielen europäischen Nato-Staaten kaum noch Wehrpflichtregelungen existieren.
So gebe es aktuell gerade einmal in zehn von 32 Nato-Ländern eine Art von verpflichtender Grundausbildung für Soldatinnen und Soldaten. In allen anderen Ländern sei eine militärische Vorbereitung aktuell eine rein freiwillige Angelegenheit. Doch so wie auch in Deutschland aktuell bereits über eine Wiedereinführung eines Wehrdienstes diskutiert wird, steht das Thema aktuell auch in anderen Nato-Staaten auf der Agenda.

Nato-Staaten mit und ohne Wehrpflicht: Diese Rolle spielt die Nähe zu Russland
Bei den Nato-Staaten, die aktuell Wehrpflichtregelungen umsetzen, handle es sich größtenteils um Staaten, die sich eine Grenze mit Russland teilen, ehemalige Sowjet-Staaten wie Estland, Lettland und Litauen sowie die jüngsten Nato-Mitgliedsländer Schweden und Finnland. Die derzeit stärksten Militärverbände der Nato sind nach den US-Streitkräften das türkische Militär, das mehrere hunderttausend 21- bis 41-Jährige jährlich für sechs bis zwölf Monate Militärdienst einzieht. Auch im Nachbarland Griechenland sorgt eine Wehrpflicht für neun bis zwölf Monate Grundwehrdienst.
Gerade im direkten Vergleich zu Russland, das seit zwei Jahren immer neue Truppen und Gelder für den Kriegseinsatz in der Ukraine heranzieht, seien die Nato-Truppen damit dennoch bislang eher zahlenmäßig schwach aufgestellt. Dennoch haben gerade die größten und einflussreichsten der Nato-Staaten mit ihrer Unterstützung der Ukraine, die sich seit über zwei Jahren einem übermächtigen Gegner zur Wehr setzt, demonstriert, dass der Einfluss der Militärallianz mit ihrer modernen Ausrüstung kriegsentscheidend sein kann.
Rolle der Nato im Ukraine-Krieg: Cameron fordert höhere Rüstungsausgaben
Für Besorgnis sorgen aktuell vor allem Drohungen des Ex-US-Präsidenten und republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, der immer wieder davon spricht, sich für einen US-amerikanischen Nato-Austritt starkzumachen. Ein Austritt der USA würde das Verteidigungsbündnis, das in dieser Woche 75-jähriges Bestehen feiert, empfindlich schwächen würde. Trump kritisiert, dass die USA als größter Nato-Partner einen Großteil der finanziellen und militärischen Verantwortung leistet, während manche andere Nato-Staaten ihren deutlich geringeren Pflichten nur teilweise nachkommen.
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Ähnliche Kritik kommt auch immer wieder von anderen Seiten: Vor dem Außenministertreffen der Nato hat der britische Ressortchef David Cameron die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses zu höheren Rüstungsausgaben aufgefordert. Die Ukraine sei einer Mitgliedschaft in der Allianz näher als je zuvor, sagte Cameron einer Mitteilung vom Mittwoch zufolge. Daher müsse die Nato ihre Unterstützung für das von Russland angegriffene Land aufrechterhalten, damit die Ukraine den Krieg gewinnen könne. „Angesichts der andauernden russischen Aggression und einer gefährlicheren Welt müssen die Verbündeten ihre Verteidigungsausgaben erhöhen. (saka mit dpa)