Putin-Dekret schlägt Wellen – Experten sehen Vorbereitung auf „großangelegten Krieg gegen Nato“

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Der russische Präsident Wladimir Putin im September 2023 in einer Video-Konferenz, übertragen aus Sotschi am Schwarzen Meer. © Imago/Mikhail Klimentyev/Kremlin Pool/Zuma Wire

Die Nato wächst mit Schweden auf 32 Staaten: Ungarn stimmte am Montag dem Beitritt zu. Am selben Tag unterzeichnete Kremlchef Putin zwei Dekrete und ordnet die Militärstruktur in Russland neu.

Moskau – Die militärische Lage der Ukraine ist angespannt. Kiews Truppen geraten wegen des Munitionsmangels zunehmend unter Druck. Indes unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin am Montag (26. Februar) zwei Dekrete, die das Militär in Russland neu ordnen. Damit verfolge der Kremlchef zwei Ziele, analysierten die Kriegsexperten der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW). Eines davon: Die Vorbereitung auf einen möglichen groß angelegten, konventionellen Krieg gegen die Nato.

Putin ordnet Militärstruktur neu: Auch völkerrechtswidrig annektierte Gebiete der Ukraine betroffen

Nach monatelangem Hinhalten stimmte Ungarn am Montag dem Antrag Stockholms auf eine Mitgliedschaft im nordatlantischen Verteidigungsbündnis Nato zu. Am selben Tag ordnete Putin eine Neuordnung seiner Militärstruktur an. Was auf den ersten Blick wie ein bürokratischer Akt klingt, gibt womöglich Einblick in strategische Pläne. Die vom Kremlchef unterzeichneten Dekrete stellen laut ISW die Militärbezirke Moskau und Leningrad offiziell wieder her und entziehen der russischen Nordflotte ihren Status als Hauptquartier. Damit sollen die Militärbezirkskommandos als primäre Hauptquartiere für die russischen Bodentruppen wiederhergestellt werden und die Marineressourcen der russischen Marine zugeordnet werden, so der ISW-Bericht weiter.

Zudem gliedere das zweite Dekret auch die Regionen Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk der besetzten Ukraine in den südlichen Militärbezirk mit ein. Im Jahr 2022 hatte Moskau Scheinreferenden in der Ukraine abgehalten und die vier Gebiete – wie bereits im Jahr 2014 die Halbinsel Krim – völkerrechtswidrig annektiert. Die Einbeziehung „sowohl der besetzten als auch der unbesetzten Teile des ukrainischen Territoriums deutet darüber hinaus darauf hin, dass Russland maximalistische Ziele in der Ukraine verfolgt und versucht, alle fünf dieser ukrainischen Gebiete vollständig in die Russische Föderation einzugliedern“, so die Analyse des ISW.

Neugliederung des Militärs soll Russland langfristig auf „Krieg gegen die Nato vorbereiten“

Die US-Kriegsexperten führen weiter aus, dass die Neuordnung die parallelen Ziele unterstütze, „kurz- bis mittelfristig die Kontrolle über russische Operationen in der Ukraine zu festigen und sich langfristig auf einen möglichen künftigen groß angelegten konventionellen Krieg gegen die NATO vorzubereiten.“ Der Leningrader Militärbezirk werde demnach nun entlang der Nordostgrenze der Nato verlaufen, der Moskauer Militärbezirk werde an die Nordostukraine und Polen grenzen. Das ermögliche Russland, „sich gleichzeitig gegen die NATO zu positionieren und die Befehls- und Kontrollstrukturen für den Krieg in der Ukraine zu straffen.“

Spannungen mit Nato nehmen zu: Debatte um Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine

Diese Änderung in Moskaus Militär kommt zu einem Zeitpunkt großer Spannungen mit der Nato. Unlängst hatte der französische Präsident Emmanuel Macron den Einsatz von Bodentruppen Frankreichs in der Ukraine nicht grundsätzlich ausgeschlossen. „Es gibt heute keinen Konsens darüber, offiziell Bodentruppen zu entsenden“, so Macron wörtlich. „Aber in der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann.“

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico hatte vor einer „gefährlichen Eskalation der Spannungen“ mit Russland gewarnt, ohne dabei konkrete Länder zu nennen. „Mehrere Nato- und EU-Mitgliedstaaten erwägen, ihre Soldaten auf bilateraler Ebene in das Hoheitsgebiet der Ukraine zu entsenden“, behauptete Fico am Montag. Ulf Kristersson, der Ministerpräsident von Schweden, bezeichnete hingegen am Dienstag eine mögliche Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine als derzeit „überhaupt kein Thema“.

Kriegsexperten warnen vor Abspaltung Transnistriens

Hinzu kamen zuletzt Warnungen aus der Republik Moldau, dass die international nicht anerkannte separatistische Region Transnistrien in Kürze darum bitten könnte, in die Russische Föderation aufgenommen zu werden. Entsprechend hatten sich auch die US-Kriegsexperten des ISW in ihrem Bericht vom vergangenen Donnerstag geäußert. Als Vorwand werde man sich womöglich auf eine angebliche Bedrohung durch die Republik Moldau oder die Nato berufen, hieß es. Es sei zwar „unwahrscheinlich“, aber „im gefährlichsten Fall“ könne Kremlchef Putin in einer Rede vor der russischen Bundesversammlung am 29. Februar die Annexion Transnistriens verkünden, hieß es.

Indes ist die Entschlossenheit der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland ungebrochen. Besonders beim Kampf gegen die russische Schwarzmeerflotte und in der Luft gelangen Kiews Truppen zuletzt Einzelerfolge.

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