Arbeitgeber besorgt - „Revenge Quitting“ - Wenn dutzende Angestellte plötzlich gemeinsam ihren Job hinwerfen

“Man könnte es Rache nennen. Aber wenn dein Boss dich unerwartet feuern kann, dann darfst du auch ohne Vorwarnung kündigen”, postete ein User auf der Plattform Reddit. “Manchmal verdienen die das einfach”, stimmte ein anderer Nutzer zu. “Ich habe das mit meinem Manager gemacht, der mich ausgerechnet am Tag vor einer wichtigen Uni-Prüfung zum Arbeiten einteilte. Ich habe auf der Stelle gekündigt. Das war genau richtig. ”

Nach dem “Big Quit” (also der großen Kündigungswelle in der Pandemie, als rund 50 Millionen Amerikaner ihre Kündigung einrichten und Jobs wechselten) und dem darauf folgenden “Quiet Quitting” – einem Trend, bei dem Angestellte keinen Deut mehr als Dienst nach Vorschrift leisteten und darauf warteten, dass man ihnen kündigte, sorgt in den USA nun das sogenannte “Revenge Quitting” für Aufruhr auf dem Arbeitsmarkt. Viele Arbeitgeber befürchten, 2025 könnte das Jahr der Massenkündigungen aus Rache werden.

Wut auf Arbeitgeber wächst

Einer aktuellen Studie der Stellenvermittlung „Glassdoor“  zufolge sind 65 Prozent aller US-Arbeitnehmer am Arbeitsplatz frustriert und unzufrieden. Die Wut auf den Arbeitgeber wächst vor allem dann, wenn Angestellte sich überarbeitet oder bei Beförderungen und Gehaltserhöhungen übergangen fühlen. 

Sie wollen kein leises “Quiet Quitting”. Stattdessen warten sie nur auf den Moment, ihre ahnungslosen Vorgesetzten mit der Kündigung zu schockieren. Sie wollen den Job mit einem Paukenschlag an den Nagel hängen und zeigen, wie sich so die Machtverhältnisse zwischen Arbeitgebern und -nehmern verändern.

Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt?

“Angestellte fühlen sich in ihren Jobs oft festgefahren”, so der Ökonom Daniel Zhao gegenüber CNBC. Viele hätten bisher keinen Ausweg gesehen. Das könnte sich 2025 radikal ändern. Insbesondere seit Donald Trumps Wahlsieg geben immer mehr amerikanische Arbeitnehmer an, sich für das neue Jahr bessere Chancen bei anderen Arbeitgebern zu erhoffen. 

“Der Optimismus bezüglich Job-Einstellungen wächst gerade”, so Terry Petzold, Manager einer Personalagentur, im US-Sender CNBC – vor allem bei Fertigungsunternehmen, in der Öl- und Gasindustrie sowie den Bereichen Hightech, Transport und Logistik.

“Der Arbeitsmarkt fängt jetzt langsam an, sich zu öffnen und für alle, bei denen der Frust brodelt, könnte dies das Jahr werden, in dem sie endlich kündigen – und zwar nicht still und leise, sondern richtig laut”, bestätigte auch die Wirtschaftspsychologin Edel Holliday-Quinn im Wirtschaftsportal “Business Insider”.

Zurück ins Büro kommt nicht gut an

Der Kündigungstrend begann während der Pandemie. Doch nach wie vor fühlen sich viele Angestellte am Arbeitsplatz nicht zugehörig, überarbeitet und erschöpft. Laut Umfragen der Consulting-Firma “Businessolver” bezeichneten 42 Prozent aller befragten Angestellten die Atmosphäre an ihrem Arbeitsplatz als toxisch. 

Auch die Forderung von immer mehr Arbeitgebern, vom Homeoffice ins Büro zurückzukehren, stößt bei vielen Arbeitnehmern auf heftigen Widerstand. Nachdem Amazon im Herbst ein Ende des Homeoffice verkündete, gaben 73 Prozent aller Angestellten in einer Befragung an: Sie würden sich lieber einen neuen Job suchen, den sie weiterhin von zuhause aus erledigen können.

Vor allem junge Arbeitnehmer posten viel über “Revenge Quitting”, berichten US-Medien – sie seien nicht bereit, ihre Werte für altmodische Arbeitsregeln zu ändern. Vielen der sogenannten Millennials (geboren um die Jahrtausendwende) und Vertretern der Generation Z (die Jahrgänge zwischen 1997 und 2012) scheinen ihre Prinzipien wichtiger als ein gesichertes monatliches Einkommen: So sind laut einem Bericht der Stellenvermittlung “Indeed” für 40 Prozent der jüngeren Arbeitnehmer politische Differenzen mit Vorgesetzten Grund genug für eine Kündigung.

Mehr Macht bei der Kündigung

“Bei Revenge Quitting wollen Leute, die bisher wenig Macht hatten, die Kontrolle übernehmen. Es ist eine Botschaft an die Arbeitgeber: Entwickelt euch weiter oder ihr verliert eure besten Kräfte”, so der Consultant Marais Bester im Wirtschaftsmagazin “Forbes”. “Arbeitnehmer haben heute Möglichkeiten, Tools und auch das Selbstbewusstsein, auf Verbesserungen zu pochen – und wenn man ihren Forderungen nicht entgegenkommt, haben sie keine Angst mehr zu kündigen.” Die Entwicklung werde andauern, prophezeit er: “Das ist nicht nur ein vorübergehender Trend. Es ist ein Alarmsignal für Unternehmen, sich den neuen Realitäten der sich rapide verändernden Arbeitswelt anzupassen.”

Um Rachekündigungen zu vermeiden, müssten Vorgesetzte vor allem eins tun, mahnt er: ihren Mitarbeitern besser zuhören. “Dazu gehört, aktiv auf ihr Feedback eingehen, klare Chancen für eine berufliche Weiterentwicklung aufzeigen und eine Atmosphäre voller Respekt und Inklusivität schaffen.”