Warum Bade-Regeln keine Schikane sind – sondern Leben retten

  • „Warum darf ich nicht mit T-Shirt ins Becken?“
  • „Wieso soll ich duschen, wenn ich doch eh nass werde?“
  • „Das bisschen Rennen – macht doch nix!“

Wer im Freibad arbeitet, kennt diese Fragen. Jeden Tag. Viele meinen es nicht böse – sie haben einfach keine Ahnung, was hinter den Regeln steckt. Andere sind genervt, weil sie sich eingeschränkt fühlen. Doch unsere Regeln sind keine Schikane. Sie sind Schutz. Für dich. Für andere. Für alle.

Ralf Großmann wuchs im Schwimmbad auf und lebt Bäderbetrieb seit Kindheitstagen. Auf H2ohero.de teilt er seine Erfahrung aus deutschen Bädern – authentisch, alltagsnah und mit Herz für Sicherheit und Qualität. Er ist Teil unseres Experts Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Regeln wirken streng – aber sie schützen Leben

Wir denken uns das nicht aus. Jede Regel im Bad hat einen Grund. Viele wurden aus bitterer Erfahrung geschaffen. Und manche, weil jemand zu Schaden gekommen ist.

Beispiel: Kleidung im Becken.

Kleidung aus Baumwolle oder anderen ungeeigneten Materialien bringt nicht nur Schmutz und Fasern ins Wasser, sondern wirkt wie ein Keimträger. Gerade Textilien, die vorher im Alltag getragen wurden, enthalten Bakterien, Hautfette, Straßenschmutz oder Rückstände von Kosmetika. Diese gelangen beim Baden direkt ins Beckenwasser, belasten die Filteranlage massiv und verschlechtern spürbar die Wasserqualität. Je mehr Fremdstoffe im Wasser landen, desto stärker muss mit Chemie gegengesteuert werden. Am Ende leiden alle darunter – mit gereizter Haut, roten Augen oder unangenehmem Chlorgeruch.

Beispiel: Duschen vor dem Schwimmen.

Sonnencreme, Deo, Schweiß, Pflegeprodukte – alles, was du auf der Haut trägst, landet im Becken. Das heißt: mehr Keime, mehr Chlor, mehr Hautprobleme. Wer kurz duscht, schützt das Wasser. Und damit alle, die darin schwimmen.

Rutschen sind kein Selfie-Spot

Die meisten Unfälle passieren, weil Regeln ignoriert werden. Zu zweit rutschen, am Auslauf stehen bleiben, auf dem Bauch starten – das ist kein Spiel mehr, das ist grob fahrlässig. Wer sich dabei verletzt oder andere gefährdet, bringt uns alle in Erklärungsnot. Und das Schlimmste: Es wäre vermeidbar gewesen.

Warum ist Rennen verboten?

Weil die Flächen nass sind. Weil Kinder rutschen. Weil Fliesen hart sind. Weil es uns das Herz zerreißt, wenn jemand mit blutender Platzwunde rausgetragen werden muss, nur weil er zu schnell war. Weil wir nicht wollen, dass ein schöner Sommertag so endet.

Wir erleben es jeden Tag

Wir haben Kinder gerettet, die fast untergegangen wären, während die Eltern ins Handy schauten. Wir haben Gäste beruhigt, die Panik bekamen, weil sie mit einem zu langen Shirt unter Wasser gerieten. Und wir haben diskutiert, diskutiert, diskutiert – mit Menschen, die nicht verstehen wollten, dass Regeln helfen.

Regeln bedeuten Verantwortung – nicht Willkür

Wir sind nicht die Gegner. Wir wollen, dass du einen sicheren, schönen Tag hast. Dass du heil heimkommst. Dass du wiederkommst.

Unsere Aufgabe ist es, aufzupassen. Aber Regeln wirken nur, wenn du mitmachst.

Wer versteht, fragt nicht mehr

Es gibt Haus- und Badeordnungen, Empfehlungen der DLRG, klare rechtliche Vorgaben. Aber am Ende reicht oft gesunder Menschenverstand. Würdest du auf der Autobahn einfach gegen die Richtung fahren, nur weil „gerade keiner kommt“?

Warum wir Regeln nicht verhandeln können

Als Betreiber eines öffentlichen Bades sind wir verpflichtet, die Haus- und Badeordnung umzusetzen – nicht nur im Sinne der Sicherheit, sondern auch rechtlich. Die Vorgaben basieren auf Empfehlungen der DLRG, der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen und den Unfallversicherungsträgern. Wenn etwas passiert und die Regeln wurden nicht kontrolliert, haften im Zweifel wir. Deshalb sagen wir nicht einfach nur „bitte“ – wir übernehmen Verantwortung. Jeden Tag.

Was passiert, wenn keiner reagiert

Regeln haben nur dann Wirkung, wenn sie auch umgesetzt werden. Wenn Gäste Hinweise ignorieren, wenn niemand eingreift oder wenn das Personal wegen Überforderung wegschaut, entsteht eine gefährliche Mischung aus Routine und Risiko. Gerade bei starkem Besucherandrang oder Hitze wird oft an den falschen Stellen weggeschaut – aus Bequemlichkeit, aus Angst vor Diskussionen oder schlicht aus Überlastung. Doch wer nicht reagiert, macht sich mitverantwortlich.

Wir erleben es: Der Hinweis „bitte nicht springen“ wird ignoriert, bis jemand auf dem Rücken landet. Oder es wird zu dritt gerutscht, obwohl ein Kind unten noch im Auslauf steht. Diese Situationen eskalieren blitzschnell. Und dann reicht ein Moment, in dem niemand aufgepasst hat – und aus Spaß wird Ernst.

Freibäder brauchen Mitdenken

Regeln nerven manchmal. Aber sie retten Leben. Wenn wir das gemeinsam verstehen, dann wird aus einem Ort mit Regeln ein Ort mit Rücksicht. Und das ist das, was ein Freibad sein soll: ein Platz zum Durchatmen. Für alle.

Und wenn du das nächste Mal duschst, bevor du ins Becken gehst, oder das T-Shirt weglässt: Dann bist du nicht der Spielverderber. Sondern der, der es verstanden hat.

Wer das liest, wird es vielleicht beim nächsten Freibadbesuch mit anderen Augen sehen. Und genau deshalb schreiben wir darüber.