Ruf nach mehr Neubauten im Kreis Miesbach
Im Auftrag des Baustoff-Fachhandels hat das Pestel-Institut eine Studie erstellt. Ergebnis: Im Kreis Miesbach müssten 490 Wohnungen pro Jahr gebaut werden.
Bezahlbarer Wohnraum ist das eine Thema, überhaupt Wohnraum zu haben, ein noch grundlegenderes. Das hat sich jetzt das Pestel-Institut angesehen und ist für den Kreis Miesbach zu dem Ergebnis gekommen: Aktuell fehlen 440 Wohnungen, und um den künftigen Bedarf zu decken, müssen 490 Wohnungen neu gebaut werden – und das jährlich bis 2028. Dabei stehen im Landkreis 2250 Wohnungen leer. Das Institut bezieht sich bei dieser Zahl auf den aktuellen Zensus. Auftraggeber der Studie war der Bundesverband Deutscher-Baustoff-Fachhandel (BDB), daher kommt die Schlussfolgerung aus der Wohnraum-Analyse auch nicht überraschend: „Am Neubau von Wohnungen führt auch im Kreis Miesbach kein Weg vorbei“, wird Pestel-Instituts-Leiter Matthias Günther in einer entsprechenden Pressemitteilung zitiert. Ins selbe Horn bläst BDB-Präsidentin Katharina Metzger. In der Verlautbarung folgen das Lamento über zu viele Normen und Auflagen und Kritik an der Bundespolitik – dieser Tage ja en vogue.
Leerstand im Kreis Miesbach höher als in anderen Landkreisen
Die Zahlen kommen aber nicht von ungefähr, und weil sie für eine Vielzahl von Landkreisen erhoben wurden, lohnt auch ein Vergleich. Dabei fällt auf, dass der Leerstand im Kreis Miesbach mit 4,3 Prozent des Bestands (48 948 laut Statistischem Landesamt) ungewöhnlich hoch ist. In anderen Landkreisen rund um München (vorliegend EBE, DAH, FFB, STA, TÖL) beträgt er ungefähr drei Prozent. Diesen Wert bezeichnet Günther als etwa das, was benötigt wird, um einen Puffer für Umzüge zu haben und auch, um sanieren zu können. Wobei die Studie diesbezüglich eine Zurückhaltung seitens der Eigentümer feststellt. Auch hier macht das Institut fehlende Verlässlichkeit, etwa bezüglich der Klimaschutz-Auflagen, mitverantwortlich. Etwa 50 Prozent der leer stehenden Wohnungen im Landkreis werden laut Studie seit mehr als einem Jahr nicht genutzt. Oft seien sie aber gar nicht bewohnbar, eben weil sanierungsbedürftig. Auch hier steht am Ende die Forderung nach mehr Neubau.
Akuter Bedarf
Beim Langzeitleerstand bewegt sich der Kreis Miesbach im oberen Bereich, anders sieht es beim Bedarf aus. Die vom Institut genannte Zahl von 440 fehlenden Wohnungen bedeutet einen Anteil von 0,90 Prozent des Wohnungsbestands. Der akute Bedarf ist rundherum teils deutlich höher, über zwei Prozent etwa in den Kreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Dachau. Gleiches trifft auf den geforderten Zubau zu. Den setzt das Institut mit jährlich 490 – also 510 pro 100 000 Einwohner (zugrunde gelegt: Zensus) – an. In den Vergleichslandkreisen liegt er zum Beispiel bei 650 in Dachau und 643 bei den Tölzer Nachbarn.
Im Vergleich also geringerer Leerstand und kleinerer Bedarf als in anderen Landkreisen. Vergleichbarer ist da schon Garmisch-Partenkirchen, das ähnliche Zahlen aufweist. Doch auch hier wird kaum jemand den Bedarf an – insbesondere günstigem – Wohnraum leugnen. In Garmisch kümmert sich sogar die landkreiseigene Wirtschaftsförderung mit einem eigenen Projekt um das Thema.
REO hat das Thema auf der Agenda – für nächstes Jahr
Und Miesbach? Eigentlich auch, wie eine Nachfrage bei der Regionalentwicklung Oberland (REO) ergibt. Zuständig ist Michael Stacheter. Der aber ist vor allem Leader-Manager und heuer komplett mit den Projekten der neuen Förderperiode befasst (wir berichteten). Für das nächste Jahr aber stehe das Thema Wohnraum sehr weit oben auf der Prioritätenliste, sagt Stacheter. Er nimmt dann den Faden von seinem Vorgänger Simon Kortus auf. Der hatte im Sozialbeirat des Landkreises über Wohnraummangel und dessen Bekämpfung gesprochen, was ihm viel Lob einbrachte. Das ist aber auch bald eineinhalb Jahre her, und erkennbar weitergegangen ist eben kaum etwas.
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Kortus‘ Fokus richtete sich weniger darauf, Gründe für Neubauten zu finden, als auf die aktuelle Nutzung der vorhandenen Wohnungen. Ein bekanntes Phänomen: Nachdem die Kinder aus dem Haus sind, bleiben die Eltern in ihren Häusern. Wenn dann ein Partner stirbt, lebt eine einzelne Person in einem Einfamilienhaus. Das will den meist alten Leuten keiner verdenken, bewirkt aber eine Wohnraumverknappung. Kortus‘ Ansätze bestanden in einer Wohnraumbörse, dem Modell „Wohnen für Hilfe“, bei dem junge Menschen vergünstigt bei älteren wohnen und im Alltag helfen, und Mehrgenerationenprojekte. Übergreifend sei ein Wohnraumversorgungskonzept wünschenswert. Zuallererst würden aber umfangreich Daten zu Wohnungen, Nutzungen und Leerstand benötigt. Daran hapert es offenbar noch. Auch Stacheter sagt. „Ein sehr vielschichtiges Thema, aber wir wollen es angehen.“