„Mir wurde gesagt, ich soll die Klappe halten“: Boeing-Chefs sollen Sicherheitsbedenken ignoriert haben

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Für Boeing wird die Luft langsam dünner: Vor dem US-Senat haben Whistleblower über den Flugzeugbauer ausgesagt - und schwere Vorwürfe erhoben.

Washington, DC - Die Negativschlagzeilen über den Flugzeugbauer Boeing hören einfach nicht auf. Vor einem Untersuchungsausschuss im US-Senat haben jüngst vier Whistleblower ausgesagt und schwere Vorwürfe erhoben. Der Ingenieur Sam Salehpour sagte, der Konzern habe wissentlich Fehler bei der Produktion des „Dreamliner“ zugelassen und Sicherheitsbedenken ignoriert.

„Leben und Tod“: Whistleblower hat Boeing vor Lücken in Flugzeugen gewarnt

„Mir wurde gesagt, ich soll die Klappe halten“, so Salehpour am Mittwoch (17. April) zu den Senatoren. Das Unternehmen hat die Vorwürfe stets zurückgeworfen. Vor dem Senat wies der Whistleblower auf technische Probleme hin, die die strukturelle Integrität der Flugzeuge beeinträchtigten. Auch soll Boeing ein abgekürztes Verfahren verwendet haben, um Engpässe bei der 787-Montage zu verringern. Dadurch seien winzige Lücken im Material nicht ausreichend gefüllt worden.

Bei einem Flug in über zehn Kilometern Höhe könne der Durchmesser eines menschlichen Haares „über Leben und Tod“ entscheiden, sagte der Ingenieur vor dem Ständigen Unterausschuss, und zu „unsicheren Konditionen des Flugzeugs mit potenziell katastrophalen Unfällen führen“. „Mich aus dem Programm zu werfen, weil ich Sicherheitsbedenken äußere, hilft niemandem“, zitierte ihn ein Senator aus einem Memo von 2021. 

Vorwürfe gegen Boeing: Flugzeughersteller ignorierte offenbar Sicherheitsbedenken

Laut einem Brief von Salehpours Anwältinnen an die Flugaufsichtsbehörde FAA vom Januar hatte dieser auf „wesentliche“ Sicherheitsmängel bei fast 1500 Maschinen hingewiesen. Dem Informanten zufolge wurden „Boeing-Ingenieure unter Druck gesetzt, um die Augen zu schließen“. Nach seinen Warnungen zum Dreamliner 787 sei Salehpour sanktioniert worden, indem er gegen seinen Willen von der für dieses Modell zuständigen Abteilung zum 777-Programm versetzt worden sei, heißt es in dem Brief. In der Montage des 777-Modells habe Salehpour dann ebenfalls Mängel entdeckt.

Sam Salehpour (l-r), Qualitätsingenieur bei Boeing, Ed Pierson, Geschäftsführer der Foundation for Aviation Safety und ehemaliger Boeing-Ingenieur, Joe Jacobsen, Luftfahrtingenieur und technischer Berater der Foundation for Aviation Safety und ehemaliger FAA-Ingenieur, und Shawn Pruchnicki, Assistenzprofessor für Integrierte Systemtechnik.
Im US-Senat haben sich Ingenieure und Berater für Boeing einem Untersuchungsausschuss stellen müssen. © Kevin Wolf/dpa

Boeing wies die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen habe seine im Einsatz befindlichen 787-Jets einer grundlegenden Wartung unterzogen und dabei keine Schäden entdeckt. Auch die FAA erklärte in einer Stellungnahme, dass jedes eingesetzte Flugzeug den Standards der Behörde entspreche.

737 Max war nach Ansicht der Boeing-Verantwortlichen nicht sicher

Neben Salehpour wurden auch zwei frühere Ingenieure von Boeing und der FAA sowie ein ehemaliger Pilot angehört. „Ich habe alles getan, was ich konnte, um der Welt zu sagen, dass die Max immer noch nicht sicher ist, und um die Behörden vor den Gefahren (...) zu warnen“, sagte der frühere Boeing-Verantwortliche Ed Pierson mit Blick auf das Modell 737 Max. Solange keine Maßnahmen ergriffen und die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen würden, „ist jede Person, die an Bord einer Boeing geht, gefährdet“. Pierson warf der FAA zudem vor, „ineffizient und reaktiv“ zu sein.

Boeing hat mit Qualitätsproblemen und Fertigungsfehlern bei einigen Modellen zu kämpfen. Anfang Januar war etwa bei einer Boeing 737 MAX-9 von Alaska Airlines kurz nach dem Start in Portland in knapp fünf Kilometern Höhe ein Teil der Kabinenwand herausgefallen, hinter der sich der Notausgang befindet. Danach hatte sich herausgestellt, dass vier Bolzen an der Kabinentür fehlten. Die US-Luftsicherheitsbehörde hatte daraus Konsequenzen gezogen und eine Obergrenze für neue Jets dieses Typs gesetzt und Boeing zudem eine Frist zur Lösung der Probleme auferlegt. 

Mit Material von AFP und Reuters

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