Chaos bei Boeing: Whistleblower wirft Flugzeughersteller Baufehler vor
Sicherheitsprobleme bei Boeing stehen derzeit im Mittelpunkt einer Anhörung im US-Senat. Ein Ingenieur wirft dem Flugzeughersteller Produktionsfehler vor.
Washington – Die Qualitätskontrollen beim US-Konzern Boeing sind derzeit Gegenstand einer Anhörung im US-Senat. Ein Whistleblower erhebt schwere Vorwürfe: Der Boeing-Ingenieur Sam Salehpour warnt davor, dass die 787 und 777 Dreamliner wegen Produktionsfehlern vorzeitig ausfallen könnten. Der Flugzeughersteller selbst sieht keine Sicherheitsprobleme.
Das sind die Vorwürfe des Boeing-Whistleblowers
Im Januar entgingen die Passagiere eines Flug von Alaska Airlines nur knapp einem Unglück: Kurz nach dem Start brach ein Rumpfteil aus dem Flugzeug des Typs 737 Max und richtete den Fokus auf die Sicherheit beim Flugzeughersteller Boeing. Alle anderen Maschinen des Typs mussten zunächst am Boden bleiben, durften aber nach Inspektionen der US-Luftfahrtbehörde FAA wieder fliegen. Auch bei anderen Boeing-Modellen gab es Pannen. Der Whistleblower Salepour wirft dem Hersteller nun vor, beim Modell 787 Dreamliner Fehler beim Zusammenbau von Rumpfteilen toleriert zu haben, um die Produktion zu beschleunigen und Engpässe zu vermeiden.
Arbeitsvorgänge bei der Montage seien verkürzt worden, was übergroße Lücken zwischen den verschiedenen Flugzeugteilen zur Folge gehabt hätte. „Die gesamte weltweite Flotte braucht meiner Meinung nach Aufmerksamkeit. Und die Aufmerksamkeit besteht darin, dass man die Lücken überprüfen und sicherstellen muss, dass es kein Potenzial für ein vorzeitiges Versagen gibt“, so der Ingenieur im Gespräch mit dem US-Sender NBC. Der US-Konzern habe ihn unter Druck gesetzt, Drohungen ausgesprochen und ihn von Sitzungen ausgeschlossen, so die Vorwürfe des Mitarbeiters weiter. Zuerst hatte die New York Times darüber berichtet.
Boeing führt umfangreiche Tests als Sicherheitsbeweis der Dreamliner-Modelle an
Eine Untersuchung der US-Luftfahrbehörde geht den Vorwürfen des Boeing-Ingenieurs aktuell nach. Der Flugzeughersteller selbst betont, die Dreamliner-Modelle 777 und 787 seien sicher und bezieht sich dabei auf Langzeittests zwischen 2010 und 2015. Diese zeigten „keinerlei Materialermüdung“ bei dem Dreamliner. Demnach seien bei den Tests 165.000 Flüge simuliert worden, wobei die erwartete Lebensdauer für die 787 liegt bei 44.000 Flügen liege. Das Unternehmen habe deshalb weiterhin „volles Vertrauen“ in das Flugzeugmodell.
Auch auf die Lücken zwischen den Rumpfteilen ging der Konzern ein. Boeing sei bei der Entwicklung der 787 extrem vorsichtig gewesen, sagte Managerin Lisa Fahl, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete. Die Vorgabe für den Abstand sei zunächst auf 0,127 Millimeter festgelegt worden. Mit mehr Daten habe man herausgefunden, dass auch größere Abstände zulässig seien. Gründliche Untersuchungen durch den Konzern sowie die Flugaufsicht FAA hätten ergeben, dass es „keine kurzfristigen Bedenken bei der Flugsicherheit“ des 787 gebe. Auch die von Salehpour vorgebrachten Vorwürfe zum 777-Modell seien „inkorrekt“, so der Flugzeugbauer weiter.
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Boeing im Rückstand: Konkurrenzdruck von Airbus und frühere Probleme belasten
Salehpour ist nicht der erste Whistleblower, der über Produktionsprobleme bei Boeing berichtete: Zuvor hatte auch der frühere Boeing-Qualitätsmanager John Barnett schwere Sicherheitsvorwürfe gegen den US-Konzern erhoben. Im März wurde der frühere Mitarbeiter des Flugzeugherstellers tot aufgefunden. Boeing-Chef Dave Calhoun und Verwaltungsratschef Larry Kellner hatten im selben Monat ihren Rückzug angekündigt. Der US-Konzern Boeing fiel zuletzt zunehmend hinter seinen größten Konkurrenten, den Marktführer Airbus zurück. Eine Rolle spielen auch frühere Probleme: Nach zwei tödlichen Abstürzen musste das Mittelstreckenmodell 737 Max bereits ab März 2019 weltweit mehr als 20 Monate lang am Boden bleiben. Mit Material der dpa