Waldorfschule in Bayern feiert ersten Abschluss-Jahrgang: „Mehr als Unterricht, mehr als künstlerisches Tun“
Vor elf Jahren nahm die Freie Waldorfschule Weilheim ihren Betrieb auf. Nun feiert die Schule ihren ersten Abschluss-Jahrgang.
Eines fällt bei den Waldorfschülern sofort auf: Sie sind unglaublich selbstbewusst. Egal, ob es um das Vorsingen vor gut 100 Mitschülern, Gästen und Verwandten, um die freie Rede oder einfach nur um das Durchsetzen eigener Interessen geht – die Schüler vermitteln eine Ausstrahlung, die nicht nur extrem positiv, sondern für ihr Alter auch sehr reif ist. Auch an anderen Schulen im Landkreis bekamen die Absolventen zuletzt ihre Zeugnisse überreicht.
Nach elf Jahren: Waldorfschule Weilheim feiert ersten Abschluss-Jahrgang
Das ist auch eines der Ziele der Waldorfpädagogik, wie Schulvater Dieter Müller betont. Der „Geist der Waldorf-Pädagogik“ sei „mehr als Unterricht, mehr als künstlerisches Tun“. Er sei wie das Pflanzen eines Samens, der über die Jahre wächst und inzwischen „die ersten Blüten zeigt und vielleicht auch schon die eine oder andere Frucht“ hervorgebracht hat, so Müller.
So durften die jungen Menschen bei der Feier ihres Waldorf-Abschlusses selbst entscheiden, was passieren soll – und noch wichtiger, was sie nicht wollen, erklärt Klassenbetreuer und Moderator des Abends, Bernhard Kerscher. Und ganz im Sinne der ganzheitlichen Waldorfpädagogik sprühte die Abschlussfeier dann auch von den Ideen und Fähigkeiten der Absolventinnen.
Acht Schülerinnen nehmen Abitur ins Visier
In der leicht überfüllten Aula des Huglfinger Schulhauses zeigten die Schülerinnen Choreografien mit Schleier und Leuchtstäben, eine eindrucksvolle Harfen-Konzertetüde sowie einen gemeinsamen musikalischen Auftritt, bei dem ein Gedicht von Joachim Ringelnatz vorgetragen und mit Kontrabass, Klavier und Querflöte begleitet wurde. Abgerundet wurde der Abend mit einem Stück auf Spanisch, das eine der beiden an der Schule unterrichteten Fremdsprachen ist, sowie mit einer 25-minütigen Diashow, in der die Schülerinnen von „desaströsen Praktika“ und quälenden Mathematikstunden erzählten, in denen sie zwei Mathe-Schulbücher in einem Jahr pauken mussten.
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Denn aller Waldorf-Pädagogik zum Trotz müssen die Schülerinnen zusätzlich zum Waldorf-Abschluss eine externe Prüfung ablegen, um am Ende ihrer Schullaufbahn einen in Bayern anerkannten Abschluss zu erhalten. Auch deshalb waren von der ursprünglich 24-köpfigen Schulklasse in der 12. Klasse nur noch acht Schülerinnen übrig. Diese wollen nun nach dem Waldorf-Abschluss an der Schule bleiben, ein Jahr gemeinsam lernen und dann im kommenden Frühjahr das Abitur schreiben.
Noch mehr Platz für Entfaltung
Die Absolventinnen trauen sich zu, auch dieses Ziel in der Waldorfschule zu erreichen, denn, so die Schülervertreterinnen Laura und Paula, sie glauben nicht, „dass es irgendwo sonst so engagierte Lehrer gibt“. Helfen soll auch der Umzug in das neue Schulhaus. 2026 will die Waldorfschule endlich ihr neues Gebäude in Weilheim beziehen und den Schülern so noch mehr Platz zur Entfaltung bieten.
VON WILFRIED NASS