Hiobsbotschaft reißt „massives Loch“: Stadt fehlen plötzlich 18 Millionen Euro
Der Stadtrat hat am Dienstag nach monatelanger Verzögerung den Haushalt 2025 beschlossen. Der Grund für das lange Warten ist eine Hiobsbotschaft: Die Stadt muss auf 18 Millionen Euro Gewerbesteuer verzichten, die sie schon eingerechnet hatte. Die Folgen werden aber erst 2026 und 2027 deutlich zu spüren sein.
Der Finanzausschuss hatte eigentlich im März die Haushaltsberatung beendet. Damals sah es so aus, dass es angesichts des strikten Sparkurses in den nächsten Jahren langsam wieder aufwärts geht. Dennoch wurde der Haushaltsbeschluss mehrmals verschoben – weil „Gewerbesteueranpassungen“ eingearbeitet werden mussten, wie es hieß. Am Dienstagabend holte der Stadtrat nun den Beschluss für den Haushalt 2025 und die Finanzplanung bis 2028 nach.
18 Millionen Euro Gewerbesteuer weniger
Dabei zeigte sich, was mit „Anpassungen“ gemeint war: Die Stadt nimmt rund 18 Millionen Euro Gewerbesteuer weniger ein als im März gedacht. Heuer schlägt sich das noch nicht nieder. Die prognostizierte Gewerbesteuer-Einnahme beträgt weiterhin 28,6 Millionen Euro. Laut Stadtkämmerin Christine Karg wurde die Mindereinnahme nach dem Willen der Rechtsaufsicht auf die kommenden zwei Jahre aufgeteilt, um heuer keinen Kredit aufnehmen zu müssen. 2026 sind es dann aber nur 12,5 Millionen Euro Gewerbesteuer, 2027 lediglich 20,1 Millionen. Dies reiße ein „massives Loch“.
Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) verwies darauf, dass die Finanzlage der Kommunen in Deutschland insgesamt katastrophal sei. Ende März, erklärte er, habe man noch gedacht, die Trendwende zu schaffen. Im Mai sei aber, ähnlch wie im Jahr 2016, eine Mitteilung über „eine größere Gewerbesteueranpassung“ nach einer Betriebs- und Steuerprüfung gekommen. Dies habe zur Folge, so Korpan, dass „wir Gewerbesteuer-Rückzahlungen und Anpassungen in Höhe von 18 Millionen Euro“ vornehmen mussten. Den Namen „Roche“ nannte er dabei nicht.
Roche begründet „Anpassungen“
Das Unternehmen Roche teilte auf Nachfrage der Heimatzeitung mit, dass man seit vielen Jahren für verlässliche Gewerbesteuereinnahmen der Stadt sorge. Der Grund für die aktuelle „Anpassung der Vorauszahlung“ ist laut Roche, dass die pandemie-bedingten Diagnostik-Umsätze zurückgegangen sind und sich das gestiegene Zinsniveau negativ auf den Betriebsgewinn ausgewirkt habe.
Die Kämmerei erklärte, dass der Haushalt in den nächsten drei Jahren eine drastische Reduzierung der Investitionen vorsieht. Zur aktuellen Lage hieß es, dass auch Projekte wie das Wohngebiet „An den Eichen“, das neue Kinderhaus und die Energiezentrale weiterhin den Haushalt belasten.
Stadtrat beauftragt Konsolidierungskonzept
Vor dem Hintergrund beauftragte der Stadtrat die Verwaltung mit einem Konsolidierungskonzept. Ein Teil, hieß es, sei bereits mit Gebühren- und Steuererhöhungen umgesetzt worden. Vorgegeben ist das Konzept großteils von der Rechtsaufsicht. Demnach sollen alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand. „Es wird kein Tabu geben“, so Korpan. Geprüft werden zum Beispiel auch Veräußerungen von Anlagevermögen (heuer rechnet die Stadt mit 16 Millionen Euro für bereits beauftragte Bauvorhaben), Zuschüsse, Zahlungen an die Stadtwerke und der Stellenplan. Vorschläge sollen bis Mitte Oktober vorliegen.
Haushaltsrede: SPD gibt Bürgermeister die Hauptschuld
Die SPD hat in ihrer Haushaltsrede Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) die Hauptschuld für die finanzielle Misere gegeben. „Wir sprechen über unsere Stadt, die seit fünf Jahren zielsicher in den Stillstand manövriert wurde“, sagte Bayram Yerli. Er sprach von einer Bankrotterklärung und Mangelverwaltung. Er verwies zugleich darauf, dass Penzberg Ende 2020 noch schuldenfrei war. Der Satz, es seien schwierige Zeiten, könne keine Entschuldigung für alles sein. Es reiche auch nicht, „Altlasten“ zu beklagen. „Dass der Haushalt heute zur Notmaßnahme geworden ist, liegt an fünf Jahren fehlender Strategie, Planung, Priorisierung, Struktur und rotem Faden“, sagte er.
Verärgerung bei CSU
Verärgert reagierte die CSU. Sie wisse nicht, so Fraktionschefin Maria Probst, „ob wir es schaffen, wenn wir so weitermachen“. Ludwig Schmuck (CSU) sagte, er kenne aus der Vergangenheit schlechtere Zeiten. So eine Zuspitzung habe er in einer Haushaltsrede noch nie gehört. Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) sagte zur Schuldenfreiheit 2020, dass von 2014 bis 2020 – in der Amtszeit von Elke Zehetner (SPD) – Projekte für über 200 Millionen Euro beauftragt wurden. Man sei damit Verpflichtungen mit Folgekosten eingegangen.
CSU-Fraktionschefin Probst hatte zuvor in ihrer Rede die finanzielle Lage mit steigenden Ausgaben begründet, auf die Kommunen zum Teil keinen Einfluss haben, mit Nachwehen von Investitionen und mit Einnahmen, die völlig ungeplant wegbrechen. Im April habe man einen ausgewogenen Haushalt gehabt. Dann sei das Kartenhaus wie aus dem Nichts zusammengefallen.
Bittere Pille bei Videokonferenz
In einer Videokonferenz sei ihnen gezeigt worden, „wie der Hase läuft“. Die bittere Pille zu verdauen, werde Jahre dauern. Probst sagte, so lange Penzberg abhängig sei „von einem einzigen großen Steuerzahler“, werde man immer wieder in diese Lage kommen. „Es sei denn, wir fordern endlich eine Partnerschaft auf Augenhöhe, erinnern daran, dass es nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten gibt und nehmen eine neue Haltung ein.“
„Es reicht nicht, ein netter Kerl zu sein“
Grünen-Fraktionschef John-Christian Eilert sagte, dass Bürgermeisterin Zehetner Projekte aufs Gleis gesetzt habe, ohne die Finanzierung ordentlich zu prüfen, und Bürgermeister Korpan trotz Warnungen das Ruder nicht frühestmöglich herumgerissen habe. „Es reicht nicht für einen Bürgermeister, ein netter Kerl zu sein, der mit jedem Kaffee oder ein Bier trinkt.“ Es brauche „Führung, eine Richtung, eine Vision“.
„Weil alle mit anpacken“
Ute Frohwein-Sendl (PM) forderte eine Konsolidierung, bei der Investitionen auf das zwingend nötige Maß reduziert, Wohnungen mit hohem Sanierungsbedarf verkauft und auch Museum und Schwimmbad bei der Betrachtung einbezogen werden. Armin Jabs (BfP) sagte, es müssen große Firmen an den Infrastrukturkosten beteiligt, Grundstücke verkauft sowie Einnahmen aus Pachten, Zweitwohnsteuer und Steuerbescheiden konsequent verfolgt werden. Versöhnlich klang Jack Eberl (parteilos). Man werde die nächsten Jahre überstehen. Penzberg, das er als WG beschrieb, funktioniere nicht wegen des Geldes, sondern „weil alle mit anpacken, zusammenhalten und die Stimmung nicht verlieren“.
Haushalt 2025
Der Gesamthaushalt 2025 umfasst 99,5 Millionen Euro. Auf den Verwaltungshaushalt entfallen 72,5 Millionen, auf den Vermögenhaushalt 27 Millionen Euro.
Die Stadt rechnet mit Einnahmen aus Steuern und allgemeinen Zuweisungen von 53,6 Millionen Euro. Den größten Anteil hat die Gewerbesteuer mit 28,6 Millionen Euro. Das ist in etwa der Betrag, der bereits im März im Entwurf stand. Stark sinken wird die Gewerbesteuer-Einnahme laut Finanzplan aber 2026 (12,5 Millionen Euro) und 2027 (21 Millionen). Weitere wichtige Einnahmequellen: Einkommensteuer (15 Millionen Euro), Grundsteuern und Umsatzsteuer (jeweils 2,8 Millionen Euro).
Der größte Ausgabeposten im Verwaltungshaushalt ist die Kreisumlage mit 27,2 Millionen Euro. Penzberg trägt damit 18,08 Prozent der Kreisumlage aller 34 Landkreiskommunen. Die Gewerbesteuerumlage beläuft sich auf 2,6 Millionen Euro. Die Personalkosten liegen bei 12,8 Millionen Euro. Für Kreditzinsen gibt die Stadt 963 000 Euro aus. Für Kassenkredite kommen 210 000 Euro Zinsen hinzu.
Die Stadt nimmt keinen neuen Kredit auf. Dies hätte die Rechtsaufsicht nicht genehmigt. Durch Tilgung von 2 Millionen Euro sinken die Schulden auf 40,9 Millionen Euro. 2026 wird die Stadt laut Finanzplan aber 10,5 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen. Zusammen mit den Stadtwerken beträgt der Schuldenstand zum Jahresende 132,2 Millionen Euro. Die Rücklage umfasst mit 691 000 Euro den vorgeschriebenen Mindestbetrag. Die Zuführung an den Vermögenshaushalt beträgt 3,6 Millionen Euro (freie Finanzspanne: 1,6 Milionen Euro).