Anschlag auf Meerjungfrau: Unbekannte beschädigen Kunstwerk am Pippinplatz

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Die Bronzeskulptur „Nereide“ von Georg von Kovats auf dem Pippinplatz in Gauting ist in der Freinacht schwer beschädigt worden. Tochter Nana Kovats-Tatum ist entsetzt. © Privat

Nana Kovats-Tatum ist untröstlich. Das Kunstwerk ihres Vaters, das sie der Gemeinde leihweise überlassen hat, ist in der Freinacht schwer beschädigt worden.

Gauting – Nereiden sind Wesen der antiken Mythologie. Sie waren schön, ritten gerne auf Delfinen und beschützten Schiffbrüchige. Warum davon hier die Rede ist? Nun, eine solche Nereide stellt das Kunstwerk dar, das der Bildhauer Georg von Kovats (1912-1997) einst gefertigt hat und das Ehefrau Dorothea und Tochter Nana der Gemeinde Gauting leihweise überlassen haben. Jetzt ist das Werk, das am Pippinplatz steht und sich durch elegante, fließende Formen auszeichnet, zerstört worden – und zwar endgültig. „Ich lasse es abbauen“, sagt seine Tochter Nana Kovats-Tatum (85). „Es ist einfach nur traurig.“ Bei der Polizei hat sie Anzeige erstattet.

Im Jahr 1999 hatten der damalige Bürgermeister Ekkehard Knobloch und die Familie des zwei Jahre zuvor verstorbenen Künstlers vereinbart, dass die Nereide auf den Pippinplatz kommt. Die Einweihung fand am 17. August statt. Jahrzehntelang lag das Kunstwerk dort, ohne besondere Vorkommnisse. Doch in jüngster Zeit wurde es Opfer von Vandalen. Schon in der Freinacht 2023 beschädigten Unbekannte die Skulptur. Jetzt ist es noch schlimmer gekommen: Die Nereide wurde in der Nacht auf den 1. Mai mit Rasierschaum oder mit Zahnpasta eingeschmiert, genau lässt sich das nicht sagen. Die erste Reaktion, die Nana Kovats-Tatum zu hören bekam, war: Das kann man doch wegwischen. „Nein, das kann man nicht“, sagt die 85-Jährige. „Die Bronze ist oxidiert, man müsste alles sandstrahlen und dann von vorne anfangen.“ Die vermutlichen Kosten: mindestens 3000 Euro. Zuzüglich den Transport zu einem Fachmann.

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Georg von Kovats wurde 1912 in Klausenburg (Österreich-Ungarn) geboren und starb 1997 in Gauting. Nach dem Studium in Wien siedelte er nach Berlin über und gehörte dem Umkreis des Atelierhauses Künstlerstraße an, dem auch Käthe Kollwitz nahe stand. 1940 kam er nach Gauting. Seine Formensprache wurde immer abstrakter, doch Themen der antiken Mythologie („Nike“, „Chimäre“, „Nereide“) ließen ihn nicht los. Viele Jahrzehnte lebte von Kovats in Darmstadt, wo er dem Vorstand der Sezession angehörte. Zusammen mit seiner Frau ist er auf dem Gautinger Waldfriedhof beerdigt. Seine Beziehung zur Würmtalgemeinde war stark, er gehörte unter anderem zu den Gründern des damaligen Kulturvereins.

Vergessen sind Georg von Kovats und sein Werk keineswegs. Vor einigen Jahren ist eine Promotion von Larissa Ramscheid über ihn erschienen („Georg von Kovats, ein Bildhauer zwischen Grenzen“), das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg hat große Teile seines Nachlasses erworben und einige Bronzen ausgestellt. Auch das Schaezlerpalais in Augsburg nimmt sich seines Werks an. Und in Darmstadt stehen viele seiner Skulpturen im öffentlichen Raum – übrigens ohne, dass je etwas passiert wäre.

Gerhard Kovats, Bildhauer aus Gauting.
Gerhard Kovats, Bildhauer aus Gauting. © Privat

Abgesehen von dem ideellen Schaden ist auch der finanzielle beträchtlich. Auf dem Geld, das die Wiederherstellung des Kunstwerks und der Abtransport kosten werden, bleibt Nana Kovats-Tatum wohl sitzen. „Es gab mal eine Versicherung durch die Gemeinde, aber die hat die damalige Bürgermeisterin Servatius auslaufen lassen“, sagt sie. Jetzt hat sie einen Brief an Bürgermeisterin Dr.  Brigitte Kössinger geschrieben mit der Bitte, dass die Gemeinde als Geste die Kosten für den Transport zu einem Bronzegießer übernimmt. Dann müsste der Bauhof nur noch den Zementsockel entfernen. Auf Merkur-Nachfrage erklärt Pressesprecherin Charlotte Jans, dass die Gemeinde keine Möglichkeit sehe, im Fall der Nereide zu helfen.

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„In der aktuellen Lage sind uns die Hände gebunden“, sagt sie mit Verweis auf die bekanntlich angespannten Finanzen. Auch die Unterstützung des Bauhofs kann sie nicht zusagen. „Es liegen keine sicheren Informationen zur Befestigung und Gewicht vor.“ Deshalb müsse sich ein Mitarbeiter des Bauhofs zunächst ein Bild machen und eruieren, wie groß der Aufwand sei. „Wenn es sich als zu teuer und aufwendig erweist, können wir dies leider nicht querfinanzieren.“ Nana Kovats-Tatum ist enttäuscht, dass die Gemeinde mehr oder weniger mit einem Achselzucken über den Vorfall hinweggeht. Jetzt wartet sie auf einen Brief der Bürgermeisterin. Eine Antwort hat sie nämlich bislang nicht erhalten.

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