„Wir sprechen von einem tausendjährlichen Hochwasser“: So krass war die Katastrophe an Glonn und Amper
Ein tausendjährliches Hochwasser an der Glonn, die Amper auf Allzeithoch: Florian Hinz vom Wasserwirtschaftsamt ordnet das Hochwasser im Landkreis Freising ein.
Landkreis – Solche Wassermassen hat man selbst im Hochwasser-erprobten Ampertal noch nie gesehen. Das ist seit Tagen der Tenor in Gemeinden wie Hohenkammer, Allershausen und Haag. Und die Betroffenen täuscht ihre Wahrnehmung nicht: Die Statistiken des Wasserwirtschaftsamt sind eindeutig.
An zwei Tagen regnete es 120 Liter pro Quadratmeter
Vor allem die Glonn ist durch die starken Regenfälle massiv angestiegen. „Im gesamten Einzugsgebiet hat es an zwei Tagen rund 120 Liter pro Quadratmeter geregnet“, berichtet Florian Hinz, Abteilungsleiter Landkreis Freising vom Wasserwirtschaftsamt München, im FT-Gespräch. Ursprünglich habe der Deutsche Wetterdienst für den zweiten Tag, sprich den Samstag, weniger Regen angesagt. Dadurch, dass die Realität dann anders aussah, sei die Glonn massiv angestiegen. „In Gewässern zweiter Ordnung, wie die Glonn eines ist, steigt der Wasserstand bei stärkerem Regen schneller an“, erklärt Florian Hinz.
Innerhalb kürzester Zeit erhöhte sich die Wassermenge der Glonn in Hohenkammer fast auf das Dreifache: Lag der Abflusswert zunächst bei 60 Kubikmeter pro Sekunde (m³/s), waren es sechs Stunden später 175 m³/s. Das bedeutet: „Wir sprechen hier von einem tausendjährlichen Hochwasser“, sagt Hinz. Der Richtwert bei einem solchen HQ1000 liegt dort bei 170 m³/s, für ein HQ100 bei 115 m³/s. Zum Vergleich: Bei dem großen Hochwasser 1994 war der Abfluss der Glonn bei 109 m³/s, beim bislang größten gemessenen Hochwasserereignis im Jahr 1940 bei 116 m³/s.
Hochwasserschutzssystem hätte nichts gebracht
Das bedeutet: Selbst wenn es an der Glonn ein großflächiges Hochwasserschutzsystem gegeben hätte, wäre es in diesem Fall nicht hilfreich gewesen. „Gerade weil es ein gewisser Aufwand ist, derlei Systeme zu installieren, und das natürlich auch mit Kosten verbunden ist, werden sie meist nur für hundertjährliche Hochwasserereignisse gebaut“, erklärt Hinz.
Während der Wasserstand der Glonn in Hohenkammer in der Spitze 3,87 Meter betrug, erreichte auch die Amper bei Inkofen (Gemeinde Haag) einen neuen Rekord. Dort spricht man bei 280 m³/s von einem hundertjährlichen Hochwasserereignis. Bis dato war dieser Wert auch bei dem großen Hochwasser im Jahr 1994 nicht erreicht worden: Damals lag er bei 249 m³/s. Doch am Montag wurden 333 m³/s gemessen. Zum Vergleich: Hier spricht man bei 380 m³/s von einem HQ1000. Florian Hinz: „Der Scheitelpunkt der Amper in Inkofen wurde am Montagmittag erreicht, der Wasserstand lag bei 3,99 Meter.“
Isar überschritt am Dienstag Meldestufe 2
Langsam gehe das Wasser jedoch zurück, am Dienstagvormittag waren es bereits 3,55 Meter. „Wenn es kein neues größeres Regenereignis gibt, wird es noch drei, vier Tage dauern, bis die Meldestufe 1 wieder unterschritten wird“, so der Experte. An der Glonn sei das bereits am Montagvormittag der Fall gewesen. Die Aussicht für die nächsten vier bis fünf Tage seien ebenfalls entspannt. „Es ist kein Überschreiten der Meldestufen mehr zu erwarten.“
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Anders sieht es am Dienstagmorgen an der Isar in Freising aus: Dort hat der Pegel die Meldestufe 2 überschritten. Der Anstieg hängt auch mit damit zusammen, dass der Sylvensteinspeicher im Isarwinkel entlastet werden müsse. Außerdem nutze man die kleinere Hochwasserwelle dort, um eine sogenannte Staumraumspülung durchzuführen. „Man drosselt den Abfluss im mittleren Isarkanal am Oberföhringer Wehr in München und erzeugt für 36 Stunden nicht ganz so viel Strom wie man könnte, um das ganze Sediment, das sich da so sammelt, weiterzuspülen“, erklärt Florian Hinz. Für Bürger, die in Isarnähe wohnen und Grundwasser im Keller haben, bedeutet das: „Das Wasser wird dort noch ein paar Tage bleiben. Man darf es nicht zu schnell abpumpen, da dies zu Schäden an der Substanz führen kann.“ Die gute Nachricht: Am Dienstagnachmittag geht schließlich auch der Isar-Pegel zurück.
Der Live-Ticker des Freisinger Tagblatt bietet laufend aktuelle Informationen zu den weiteren Entwicklungen des Hochwassers.