Oppositions-Ärger im Ausschuss: Ampel will Krankenhausreform wohl im Eiltempo durchboxen

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Die Opposition wollte über den Stand der Krankenhausreform informiert werden, doch die Ampel schmetterte ab. „Ein solcher Umgang ist hochproblematisch“, heißt es aus dem Gesundheitsausschuss.

Am Mittwochvormittag tagte der Gesundheitsausschuss im Bundestag. Die Krankenhausreform stand nicht auf der Tagesordnung, dabei ist sie neben der Pflegeversicherung das derzeit dominierende gesundheitspolitische Thema. Zudem hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach erst am Dienstag überraschend eine Einigung bei der Reform verkündet. Die Ampel-Parteien hätten die letzten Hürden vor einer Verabschiedung der Reform beseitigt.

Es habe noch einige Änderungen am ursprünglichen Referentenentwurf gegeben, so der Minister. Konkret sind es mehr als 50. Dabei geht es unter anderem um eine Stärkung kleiner Kliniken auf dem Land. Das hatte zuletzt immer wieder auch die Opposition gefordert. Wie sie die Änderungen nun bewertet, ist unklar. Denn offenbar erhalten die Nicht-Regierungsparteien keinen Einblick.

Gesundheitsminister Lauterbach im Krankenhaus
Karl Lauterbachs Krankenhausreform scheint auf der Zielgeraden, doch die Opposition schäumt. Will die Ampel das Gesetz „in letzter Minute durchwinken“? © Christophe Gateau/picture alliance/dpa

Ampel lehnt Unionsantrag ab: Krankenhausreform schon nächste Woche im Bundestag

Im Gesundheitsausschuss wollte die Union über den aktuellen Stand der Reform informiert werden. Das ist gängige Praxis im parlamentarischen Verfahren. Ein Gesetz wird immer auch im entsprechenden Fachausschuss behandelt – und von Regierung wie Opposition diskutiert. Nach Informationen von IPPEN.MEDIA brachten CDU und CSU daher einen kurzfristigen Antrag ein und wollten den Minister zudem im Ausschuss zur Stellungnahme bitten. Überraschenderweise unterstützte diesen Antrag die gesamte Opposition – also CDU/CSU, AfD, Linke und BSW.

Doch nach gut einer halben Stunde Sitzungszeit lehnten die Ampelparteien den Antrag mit ihrer Mehrheit im Ausschuss ab. Mehrere Ausschussteilnehmer bestätigen dies. Gleichzeitig bekräftigten SPD, Grüne und FDP den Plan, das zur Reform gehörende Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz schon nächste Woche zu verabschieden. Bei der Opposition sorgt das für Entsetzen.

Opposition greift „chaotische“ Ampel an: „Umgang mit der Opposition ist hochproblematisch“

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU, Tino Sorge, äußerte gegenüber unserer Redaktion sein „ausdrückliches Unverständnis über diese Form der Nicht-Kommunikation“ und bezeichnete das Vorgehen der Koalition als „chaotisch“. Der CDU-Politiker weiter: „Wie für uns Abgeordnete in der Kürze der Zeit eine seriöse parlamentarische und inhaltliche Befassung mit über 50 Änderungsanträgen stattfinden soll, die zur Stunde nicht vorliegen, ist völlig offen.“

Sorge glaubt, „dass eine Vielzahl substanzieller Änderungen an diesem weitreichenden Reformvorhaben in letzter Minute und ohne genügende Beratungszeit durch Ausschuss und Plenum gewunken werden soll.“

Ähnlich sieht es die Linke. „Lauterbach und die Regierungskoalitionen verzwergen die wichtige parlamentarische Beratung“, sagt Ates Gürpinar, Sprecher für Krankenhaus- und Pflegepolitik, zu IPPEN.MEDIA: „Ein solcher Umgang mit der kritischen Opposition ist hochproblematisch.“

Lauterbachs Krankenhausreform

Die Reform soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle ändern. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen (Vorhaltepauschale). Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen „Leistungsgruppen“ sein. Sie sollen bestimmte Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundesweit einheitliche Qualitätsvorgaben absichern.

Folge dieser Leistungsgruppen ist, dass nicht mehr jede Klinik alle Operationen anbietet. Kleinere Krankenhäuser werden wohl Kompetenzen abgeben, aber für die Grund- und Notfallversorgung zuständig bleiben. Planbare Eingriffe erfolgen dann zum Beispiel in den jeweiligen Fachkliniken.

Karl Lauterbach will das Krankenhaussystem revolutionieren, damit finanziellen Druck auf die Kliniken mindern und einheitliche Qualitätsregeln verankern. So argumentiert zumindest Lauterbach. Die Bundesländer und auch die Opposition haben große Bedenken bei der Reform. Die Chefin der Gesundheitsministerkonferenz, Kerstin von der Decken (CDU) bezeichnete Lauterbachs Pläne jüngst erst im Interview mit unserer Redaktion als „realitätsfern“.

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