Aiwanger in Glonn: Lob für Gewerbetreibende, Kritik am Bund

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In seinem Element: Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (mi.) genießt den Dialog mit dem Gewerbeverband im Glonner Marktblick. © SRO

Der Gewerbeverband Glonn hat den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) zu einem Dialog geladen. Im Gespräch weist Aiwanger die Schuld bei vielen Problemen von sich, macht den Glonnern aber auch Zugeständnisse.

Kaum hat Hubert Aiwanger um kurz vor 19 Uhr seinen Fuß auf den Glonner Marktplatz gesetzt, bildet sich schon eine Menschentraube um den bayerischen Wirtschaftsminister. Es folgt freudestrahlendes Händeschütteln und ein kurzer Plauderer mit der lokalen Politikprominenz, ehe Aiwanger seinen Weg in Richtung Rednerpult im Glonner Marktblick fortsetzt. Dorthin hatte der örtliche Gewerbeverband unter Vorstand Markus Steinberger zum Wirtschaftsdialog mit dem Minister geladen.

50 Gewerbetreibende im Austausch mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW)

Rund 50 Gewerbetreibende aus Glonn und Umland sind dieser Einladung am Dienstagabend gefolgt. Um den Minister gut für die Fragen der Zuhörer zu wappnen, rattert Bürgermeister Josef Oswald (CSU) noch kurz die Eckdaten seiner Gemeinde runter: knapp 5000 Einwohner, Verwaltungsgemeinschaft, 1250 Jahre bestehend. Anschließend übernimmt Aiwanger und rühmt die aufmerksam zuhörenden Gewerbetreibenden direkt als „systemrelevant“. „In Deutschland brauchen wir Leute, die anpacken“, sagt der Minister mit Blick auf die applaudierende Gruppe.

Fleißiges Händeschütteln: Hubert Aiwanger (mi.) begrüßt von (li.) Josef Oswald, Bürgermeister von Glonn, Franz Keller (v.), Inhaber von Obermaier Moden und Markus Steinberger (re.) vom gleichnamigen Marktblick in Glonn.
Fleißiges Händeschütteln: Hubert Aiwanger (mi.) begrüßt von (li.) Glonns Bürgermeister Josef Oswald, Franz Keller (v.), Inhaber von Obermaier Moden und Markus Steinberger (re.), Vorsitzender des Gewerbeverbands in Glonn. © sro

In seiner 40-minütigen Rede betet der Minister anschließend das Wahlprogramm der Freien Wähler herunter und schießt gegen die Ampelregierung. Als größten Kritikpunkt hebt er dabei die „Verbotspolitik“ der Bundesregierung hervor. Ob bei der Energiewende, der Sozialpolitik oder der Migration – kaum einen Punkt lässt der bayerische Wirtschaftsminister unkommentiert. Von seinen Zuhörern erntet er dafür viel Zuspruch, wird des Öfteren von zustimmendem Klopfen auf den Holztischen unterbrochen. Es scheint, als spräche Aiwanger den Glonner Gewerbetreibenden aus der Seele.

Denn auszusetzen hat der Minister viel. Entsprechend kritisch steht er etwa dem Bürgergeld gegenüber, plädiert auf die Senkung von Unternehmens- und Einkommenssteuer sowie auf eine Rente, bei der steuerfrei hinzuverdient werden könne. „Auf einen Schlag wäre der Fachkräftemangel gelöst, das Arbeiten wird wieder attraktiver“, so der Minister. Erfreutes Raunen durchzieht die Reihen.

Gemeinderat kritisiert fehlende finanzielle Mittel für Hochwasserschutz in Glonn

Das Verbrennerverbot möchte Aiwanger „so schnell es geht wieder abschaffen“, die Digitalisierung vorantreiben, die Bürokratie für Gewerbetreibende vereinfachen. „Wir probieren, das anzupacken“, versichert er mit erhobenem Zeigefinger. Konkrete Lösungsvorschläge kann Aiwanger jedoch nicht nennen. Im gleichen Atemzug pfeffert er gegen die Bundesregierung, die „nicht differenziert genug denken“ könne.

Da werd‘ ich narrisch, da muss es doch eine Lösung geben.

Im Dialog tritt der Gemeinderat schließlich mit einer Bitte an den Wirtschaftsminister heran. „Vor zwei Wochen sind wir nur ganz knapp dem Hochwasser entgekommen“, schildert Peter Gröbmayr (CSU) die heftigen Unwetter. Im Marktgremium habe es bereits mehrfach Plaungen für den Hochwasserschutz gegeben, so Gröbmayr. Doch jedes Mal sei es an der Finanzierung gescheitert. „Da werd‘ ich narrisch, da muss es doch eine Lösung geben“, ärgert sich der CSU-Gemeinderat. „Wir haben dafür zu wenig Geld in der Staatskasse“, resümiert Aiwanger. Dass die Freien Wähler zusammen mit der CSU in ihrer ersten gemeinsamen Regierungszeit 2018 den Hochwasserschutz in Bayern zusammengestrichen haben, lässt der Minister dabei außen vor. Stattdessen verweist er auf die Bundesregierung, die beim Katastrophenschutz gespart habe.

Mobilfunk und Windenergie: Aiwanger diskutiert über politische Themen des Landes

In einem „unfassbaren Zustand“ sei auch das Mobilfunknetz in der Gemeinde, erklärt Franz Keller, Inhaber des Modegeschäfts Obermaier Moden. Aiwanger zieht daraufhin sein Handy aus der Hosentasche und seufzt. Selbst der Minister hat in Glonn keinen Empfang, kommentiert das aber trocken: „Oft bist du froh, wenn dich keiner erwischt.“ Wegen des schlechten Netzes wolle er aber auf die Mobilfunkanbieter zugehen.

Beim Thema Windenergie hält sich Aiwanger dann etwas zurück. Während er kürzlich noch Bürgerbegehren gegen Windräder in den Staatsforsten abschaffen wollte, zeigt sich der Minister nun bürgernah. „Wir müssen die Anwohner für dieses Thema gewinnen“, sagt er. Dass in Glonn der Bau von fünf Windrädern, unter anderem durch Anlieger-Abstimmungen, gescheitert sind, kommentiert Aiwanger auf Nachfrage so: „Damit muss man leben.“ Statt sich anschließend, wie geplant um kurz nach 20 Uhr zu verabschieden, diskutiert Aiwanger noch über eine Stunde eifrig in kleinerer Runde beim Abendessen über die politischen Themen des Landes.

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