Mann (57) erbt Haus in Kirchseeon - dann beginnt der Ärger
Johannes Heribert Mühlberger (57) hat ein Haus in Kirchseeon geerbt. Einen alten Bauernhof, der unter Denkmalschutz steht. Damit fangen seine Probleme an.
Kirchseeon – „Das ist eine verdeckte Form einer entschädigungslosen Enteignung“, schimpft Johannes Heribert Mühlberger (57). Er meint damit das Verfahren zum Denkmalschutz für ein altes Bauernhaus in Kirchseeon-Dorf samt Grundstück, das er geerbt hat. Die Immobilie könnte für ihn wegen des Denkmalschutzes faktisch wertlos sein, fürchtet Mühlberger. Er will verkaufen, am besten an die Gemeinde, da diese ein Vorkaufsrecht habe. „Wenn ich damit nichts machen machen kann, bin ich ein Sozialfall“, sagt er. Aus gesundheitlichen Gründen könne er nicht arbeiten, eine Sanierung des Hauses könne er sich nicht leisten. „Das ist alles belegbar.“

Mühlberger steht mitten drin in dem Gebäude. Es riecht muffig. Spinnweben kleben an den Wänden, Tapete hängt von der Decke. Der Mann zieht frustriert die Schultern hoch. Aus seiner Sicht wäre das geerbte Grundstück, das direkt neben dem Kirchseeoner Bauhof liegt, „hochpreisig“. Er nennt eine Zahl zwischen 700 000 und 800 000 Euro. Mühlberger erklärt beim Rundgang durch das Gemäuer, dass er bereits im Juli 2022 beim Gutachterausschuss des Landratsamts Ebersberg einen Antrag zur Wertermittlung gestellt habe. Das Ergebnis liege noch nicht vor. Seine Sorge: „Es wurde bereits durchgestochen, dass der Verkehrswert des Grundstücks bei null Euro liegen könnte.“ Grund: Die staatliche Entscheidung, das Bauernhaus unter Denkmalschutz zu stellen. Mühlberger fürchtet die „exorbitanten Kosten“, die eine denkmalgerechte, von Fachfirmen durchgeführte Kernsanierung „des komplett vermoderten und partiell einsturzgefährdeten Bauernhauses verschlingen würde“. Daran änderten auch staatlichen Zuschüsse nichts, sagt der Eigentümer.
Das Betreten des Hauses ist für Unbefugte vorberaten
Von außen betrachtet, macht der historische kleine Bauernhof einen stark beeinträchtigten, aber nicht unbedingt katastrophalen Eindruck. Details wie filigrane Metallverzierungen außen an den Fensterbrettern wecken Interesse. Gelbe Warnschilder am Bauzaun, der das Gebäude umgibt, weisen auf die Einsturzgefahr hin. Den Zaun hat Mühlberger nach behördichen Vorgaben aufgestellt, damit niemand zu Schaden kommt.
Im Inneren des Hauses, dessen Errichtung auf das 17. Jahrhundert datiert wird, zeigen sich die Schäden in ihrer ganzen Wucht: morsches Holz, rote Metallstreben zur Abstützung und Sicherung der Decke. „Ein Experte hat mir gesagt, eine richtige, denkmalgerechte Sanierung, würde etwa das Siebenfache eines Neubaus kosten“, sagt der Eigentümer. Die Sanierung des Hauses sei eine Zumutung auch für reiche Menschen. „Ich kann es mir nicht leisten.“
Mühlberger lebt in München. Er hat das Haus 2021 geerbt
Der 57-jährige Mühlberger, der in München wohnt, hat das Haus im Jahre 2021 nach dem Tod seiner Mutter geerbt. Er erzählt, dass sein Vater hier geboren wurde, nach seinen Unterlagen am 4. Juni 1939 um 13.45 Uhr. Die Familie lebte zeitweise in Kirchseeon, zog mehrmals um. Mühlberger besuchte ein Gymnasium im Landkreis, studierte später unter anderem Physik, machten seinen Abschluss an der Universität.
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Zum Haus habe er einen weiteren persönlichen Bezug. „Ich habe als Kind hier häufig im Garten gespielt.“ Das Anwesen sei bis zum Jahr 2008 genutzt gewesen, berichtet er. Eine ältere Frau habe Wohnrecht gehabt. Das ist durch deren Tod erloschen.
Der Erbe hat sich durch Unterlagen in Archiven gewühlt und „tausende Fotos“ im Haus gemacht. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz seien bereits „Fichtenpaneelen aus dem Baumarkt“ von den Wänden der Zimmer entfernt worden, um den Originalzustand wieder herzustellen. „Dadurch wurden erst die Schäden sichtbar“, erzählt der Eigentümer. Ein Teil des Hauses besteht aus Steinen, ein größerer Teil aus Holz, das in schlechtem Zustand ist. Die Stromversorgung mit den antiquierten Leitung ist schon lange abgestellt, die sanitären Einrichtungen sind kaum als solche zu bezeichnen. Der frühere Abort-Anbau steht noch.

„Ich habe bisher alles gemacht, was der Denkmalschutz wollte“, sagt Mühlberger. Er meint vor allem Veränderungen, die später vorgenommen worden waren, rückgängig zu machen und Müll zu entfernen. Das seien rund 90 Kubikmeter gewesen. „Ich verwahre mich jedoch dagegen, dabei etwas kaputt gemacht zu haben, falls der Vorwurf jemals kommen sollte. Ich will auch keinen Rechtsstreit mit der Behörde.“ Man habe jedoch kaum mehr etwas kaputt machen können. „Selbst bei vorsichtiger Entfernung eines einzigen Paneels ist der Putz sofort kiloweise von den Wänden gefallen.“ Mühlberger hat Zweifel an der Schutzwürdigkeit des Hauses.
Im Eingang des Hauses fällt ein schöner Steinboden auf. Im angrenzenden Zimmer sind die abstützenden roten Stangen zu sehen. Eine Holztreppe führt nach oben in das nächste Geschoss „Keine Angst“, sagt Mühlberger beim Rundgang. „Das ist nach den Vorarbeiten soweit stabil.“ Die Zimmer sind niedrig, die Durchlässe der Türen ebenso. Alte Öfen stehen noch in den Räumen. Auch Holzböden sind teilweise erhalten.

Das Haus ist gesichert. Mühlberger hat an Toren zur früheren Tenne schwere Ketten und Schlösser angebracht. Die anderen Türen sind nur zum Lüften geöffnet, wenn der Eigentümer selbst vor Ort ist.
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Es gibt noch den hinteren Teil des Grundstückes, der von der Straße nicht zu sehen ist. Die Gemeinde Kirchseeon habe das Areal in den 1980er Jahren an der Ostseite, im Jahr 2014 auch an der Nordseite zugebaut, erklärt der Erbe. An der Westseite grenze ein Privatgrundstück an. „Infolge des Denkmalschutzes wurde das Grundstück auch an dessen Südseite versiegelt. Es lässt sich nicht mehr erschließen, weil das Baudenkmal im Weg ist.“ Eine separate Wohnbebauung scheide deshalb aus. „Damit ist das Grundstück ökonomisch tot. Was soll ich damit anfangen? Soll ich darauf Tulpen anbauen?“, fragt Mühlberger verzweifelt.