Nach Kind-Rüffel: Stadträtin verlässt Kulturausschuss – „Heikles Thema“
Nachdem Florian Perkmann sein Amt als Wirtschaftsreferent abgegeben hat, folgt nun Aline Brunner. Die Stadträtin verlässt den Kulturausschuss. Auslöser sind Beschwerden über ihren kleinen Sohn nach der Kulturausschusssitzung.
Miesbach – Es ist ein Schritt, der für Wirbel sorgt: Stadträtin Aline Brunner (Freie Liste) ist als Mitglied des Kulturausschusses zurückgetreten. Auslöser war ein Telefongespräch mit Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) eine Woche nach der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses.
Das ist passiert: Brunner brachte in die Ausschusssitzung am 8. April ihren zehn Monate alten Sohn mit – nicht das erste Mal. Doch anders als in den vorherigen Monaten im Stadtrat, in denen der junge Mann sich sehr ruhig und unauffällig verhielt, zeigte er diesmal einen starken Bewegungsdrang. Die Folge: Brunner verbrachte längere Phasen der über zweistündigen Sitzung, die im Foyer des Waitzinger Keller stattfand, im Eingangsbereich, um den Kleinen zu betreuen und zu beruhigen.
Eine Woche später kam es dann zu dem folgenschweren Telefonat. Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) rief Brunner an und – wie er auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt – wies sie auf die störende Situation im Ausschuss hin. „Ich wollte sie für die Situation im Vier-Augen-Gespräch sensibilisieren“, sagt Braunmiller, der beteuert, dass er nichts gegen Kinder habe.

Das ist gelungen – mehr als gewollt. Denn laut Brunner sprach Braunmiller von „mehreren Beschwerden“, die es nach der Sitzung gegeben habe, weil es „unruhig“ gewesen sei. Brunner wiederum machte deutlich, dass sie das fehlende Verständnis enttäusche, gerade weil es in der Vergangenheit so gut mit dem Kleinen geklappt habe.
Bürgermeister: „Heikles Thema“
Wer sich beschwert hatte, will Braunmiller gegenüber unserer Zeitung nicht sagen. Nur so viel: „Die Wortbeiträge wurden nicht mehr von allen verstanden.“ Dabei sei es seine Aufgabe als Sitzungsleiter, dafür zu sorgen, dass „die nötige Ruhe und Konzentration gewährleistet werden“.

Brunner wird hier deutlicher. Denn nach dem Telefonat mit dem Bürgermeister habe sich Kulturamtsleiterin Isabella Krobisch bei ihr gemeldet und gemeint, dass es keine direkten Beschwerden gewesen seien. „Was stimmt denn nun: Beschwerden oder doch nicht“, fragt Brunner verärgert. Denn Anlass sei offenbar eine Anfrage von Medienvertretern – nicht von unserer Zeitung – gewesen, die eine Präsentation angefordert hätten.
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Brunner jedenfalls ist enttäuscht „vom fehlenden Rückhalt“. Auch vermisse sie eine ehrliche, offene Kommunikation, zumal sie nicht die einzige sei, die ihr Kind mitbringe. Denn auch Verena Schlier (CSU) bringt ihre sieben Monate alte Tochter regelmäßig mit zu Sitzungen. Brunner: „Vielleicht sollten dazu einfach Rahmenbedingungen festgelegt werden. Die gibt es aber bislang nicht. Deshalb bleibe ich in Zukunft zu diesem Termin bei meinem Sohn zuhause.“
Das Dilemma ist auch Braunmiller bewusst. „Es ist ein heikles Thema. Ich habe ganz sanft einen Hinweis gegeben, um zu sensibilisieren“, sagt der Bürgermeister. Die einwöchige Verzögerung seines Anrufs erklärt er so: „Ich hatte den Schreibtisch voll und sah das Thema als nicht so dringlich an.“ Auch mit Verena Schlier wolle er noch das Gespräch suchen.
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Inzwischen nimmt das Thema im Stadtrat Fahrt auf. Da Brunner zum Ende der jüngsten Sitzung am 18. April ihre Erklärung zum Rücktritt wegen ihres Sohnes daheim und der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr im Gremium verlesen konnte, folgte diese nun per Mail an die Stadtratsmitglieder. Und die zeigt Wirkung: So hatte Zweite Bürgermeisterin Astrid Güldner (Grüne) beim Jour-Fixe-Termin der Miesbacher Bürgermeister die neue Möglichkeit aufgezeigt, wonach Kommunen mandatsbedingte Betreuungskosten für Kinder und pflegebedürftige Angehörige beispielsweise bei Sitzungsterminen übernehmen können. Diese Regelung wird nun seitens der Verwaltung geprüft, bestätigte Braunmiller.
Für Güldner ein wichtiger Schritt: „Das macht es leichter, Bürgerinnen und Bürgern mit familiären Verpflichtungen für die Übernahme eines kommunalen Mandats zu gewinnen. Wir brauchen gerade jüngere Leute, um diesen Teil der Gesellschaft zu repräsentieren.“ Wobei ihr Brunner indirekt Recht gibt: „Wenn in meinem Fall anders mit der Situation umgegangen wäre, hätte das alles vielleicht ein anderes Ende genommen.“ Auch Wirtschaftsreferent Florian Perkmann hat kürzlich hingeschmissen. ddy