Auch Kruste und Krumen müssen stimmen

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Schmackhaftes Brot backen (v.l.) Alfred Kellner aus Lenggries, Marco Mellies aus Lenggries, Peter Köglsperger aus Deining, Leo Büttner aus Bad Tölz mit Prüfer Manfred Stiefel, Obermeister Florian Perkmann aus Miesbach, Sebastian Butz aus Bayrischzell und Jakob Gritscher aus Schliersee. © Stefan Schweihofer

Ein sehr gutes Ergebnis haben die allermeisten Betriebe der Bäcker-Innung bei der jährlichen Brotprüfung erzielt. Dennoch ist Innungs-Obermeister Florian Perkmann in Sorge: Wegen der Pläne des Bundes zur Besteuerung von Nachtarbeit.

Miesbach – Irgendwann hat selbst der geübteste Gaumen genug: „Mehr als 50 Brote pro Tag kann ich nicht testen“, sagt Manfred Stiefel vom Deutschen Brotinstitut, der die jährliche Brotprüfung im Auftrag der Bäcker-Innung Miesbach-Bad Tölz-Wolfratshausen durchführt. Da passt es, dass die 14 teilnehmenden Innungsbetriebe heuer 109 Brote und 44 Semmeln beziehungsweise Brezen ins dreitägige Rennen geschickt haben, also 153 insgesamt. Stiefels Fazit: „Das Brot hier in der Region ist wirklich sehr gut.“ 54 Proben hat er mit „sehr gut“ bewertet und 49 mit „gut“. Nur sechs Proben wurden nicht prämiert.

Objektive Kritik

Wie Innungs-Obermeister Florian Perkmann erklärt, bietet die Prüfung Innungsbetrieben die Möglichkeit, ihre Produkte objektiv bewerten zu lassen – und so die Betriebsblindheit zu überwinden. „Man kann sich selbst kritisch hinterfragen und dann verbessern“, sagt Perkmann. Schließlich gebe es neben Stiefel noch einen weiteren Prüfer: „Der Kunde“, sagt Perkmann. „Aber dessen Urteil erfahren wir erst, wenn er nicht mehr kommt.“

Nachwuchswerbung

Die Brotprüfung hat heuer, anders als sonst, nicht in den Räumlichkeiten der AOK in Bad Tölz stattgefunden, sondern in der Mittelschule Miesbach: „Wir wollen die Gelegenheit nutzen, Schülern unser Handwerk nahezubringen“, erklärt Perkmann. „Die Idee ist, ihnen zu zeigen, wie schön dieses Handwerk ist.“ Nach Angaben der Agentur für Arbeit Rosenheim kommen derzeit im Agenturbezirk auf 26 gemeldete Stellen in der Branche nur 16 gemeldete Bäcker und Konditoren. Der Innung geht’s aber nicht nur um die Nachwuchsrekrutierung: Laut Perkmann wolle man jenen den Wert von handwerklich gebackenem Brot vermitteln, deren Eltern nur Industriebrot vom Discounter kaufen.

Kriterien

Bei den Schülern kam das gut an: „Sie waren sehr interessiert“, erzählt Stiefel. Lediglich die durchlöcherten Brotscheiben, die er beim Testen übrig lässt, ernteten Missbilligung: „Man darf nicht das Weiche rauspulen und die Rinde übrig lassen!“, belehrten ihn die Schüler naseweis – bis er erklärte, dass dies notwendig sei, um Lockerung und Krumenbild, Struktur und Elastizität zu testen. Das sind vier Kriterien, die neben Krusten- und Oberflächeneigenschaft, Geruch, Geschmack und Form in die Bewertung einfließen. Hinzukommt, dass Stiefel nicht 50 Brotscheiben am Tag verdrücken kann. Ausspucken, wie es Sommeliers tun, sei aber bei der Bewertung von Brot nicht gangbar. Nach jeder Probe nimmt Stiefel einen Schluck Wasser, um zu neutralisieren.

Nachtarbeit

Während Stiefel die Produkte aus dem Innungsbereich lobt, kritisiert Perkmann auf Nachfrage die Erwägungen des Bundes, Nachtdienste voll zu besteuern (wir berichteten im Politik-Teil): „Damit wird den Menschen der Anreiz genommen, außerhalb regulärer Zeiten zu arbeiten“, kritisiert er. „Und man findet niemanden mehr, der sich selbstständig macht.“ Gerade im Bäcker-Handwerk sei die Steuerfreiheit von Feiertags- und Nachtdiensten ein Argument bei der Personalrekrutierung. „Unser Verband wird der Politik sachlich unseren Standpunkt erläutern“, so Perkmann, „mich wundert allerdings bei dieser Regierung gar nichts mehr“, fügt er kopfschüttelnd hinzu.“

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