Designierte Parteichefin Bas kritisiert SPD für Umgang mit Esken
16.00 Uhr: Die designierte SPD-Vorsitzende Bärbel Bas hat ihre Partei für den Umgang mit der bisherigen Parteichefin Saskia Esken kritisiert. Esken habe erleben müssen, "dass Solidarität nicht immer selbstverständlich ist – auch nicht in der Sozialdemokratie", sagte die Arbeitsministerin auf dem Parteitag in Berlin. "Ich sage hier ganz deutlich: Das müssen wir wieder anders machen." Wenn die SPD für eine solidarische Gesellschaft kämpfen wolle, müsse sie zuallererst eine solidarische Partei sein. "Sonst glaubt uns das keiner!", sagte Bas.
Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl hatte SPD-Chef Lars Klingbeil nach der Macht gegriffen: Er ist nun Vizekanzler. Esken dagegen bekam keinen Platz im Kabinett und tritt nun auch als Parteivorsitzende nicht erneut an. Viele in der SPD kritisieren die rigorose Personalpolitik, doch während der Koalitionsverhandlungen gab es auch viel öffentliche Kritik an Esken.
Bas soll heute Abend zur neuen SPD-Chefin gewählt werden und an der Parteispitze Eskens Platz neben Klingbeil einnehmen. Sie betonte: "Ich bin intern für jedes offene Wort zu haben." Nach außen aber erwarte sie ein geschlossenes Auftreten von ihrer Partei.
Weil eröffnet SPD-Parteitag mit scharfer Kritik an Putin
15.14 Uhr: Der frühere niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat den SPD-Bundesparteitag mit einer scharfen Kritik am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eröffnet. Er verurteilte Gebietsansprüche, wie sie der russische Präsident Wladimir Putin formuliere: „Das ist völkischer Imperialismus. Und völkisches Denken, das bekämpft die deutsche Sozialdemokratie nun wirklich aus tiefster Überzeugung“, sagte Weil.
Vier Monate nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl will die SPD auf dem Parteitag bis Sonntag inhaltliche und personelle Weichen für die Zukunft stellen. Die 600 Delegierten werden auch die Parteispitze neu wählen: Vizekanzler Lars Klingbeil will trotz großen Unmuts über seine rigorose Personalpolitik Parteichef bleiben. An seine Seite soll statt der bisherigen Co-Parteichefin Saskia Esken Arbeitsministerin Bärbel Bas rücken.
Weil sagte: „Uns allen steckt das Ergebnis der Bundestagswahlen am 23. Februar noch in den Knochen. Etwas mehr als 16 Prozent – das ist wirklich ein Ergebnis, das hätten wir uns früher in unseren schlimmsten Träumen nicht vorstellen können.“ Über die Gründe und die Konsequenzen aus diesem Ergebnis müsse der Parteitag reden. Er warnte aber vor einfachen Antworten oder einer oberflächlichen Personalisierung gemeinsamer Probleme.
Weil forderte auch ein Ende der Gewalt im Nahen Osten. Dabei gelte die Solidarität der SPD den in den Gazastreifen verschleppten Israelis. „Aber unsere Solidarität gilt auch den Menschen im Gaza-Gebiet, die nun schon so lange in ihrem eigenen Bereich von einer in die andere Ecke vertrieben werden“, sagte Weil. Sie müssten inzwischen schon Angst haben, „nicht mehr lebend nach Hause zurückkehren zu können, wenn sie morgens versuchen, Lebensmittel zu ergattern“.
Der SPD-Arbeitnehmerflügel geht auf Distanz zur Empfehlung der Mindestlohnkommission, die gesetzliche Lohnuntergrenze in zwei Schritten bis 2027 auf 14,60 Euro zu erhöhen. Die schwarz-rote Koalition solle den Mindestlohn gesetzlich auf 15 Euro hochsetzen, sagte die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit in der SPD, Cansel Kiziltepe, der Deutschen Presse-Agentur.
SPD-Frau kritisiert Mindeslohnkommission - Bundestagsfraktion zufrieden
„15 Euro sind das Minimum für ein Leben in Würde“, sagte Kiziltepe, die auch Berliner Sozialsenatorin ist. „Wer Vollzeit arbeitet, darf nicht aufstocken müssen oder im Alter in Armut leben.“ Dies sei ein zentrales Versprechen sozialdemokratischer Politik.
Die SPD-Bundestagsfraktion zeigt sich hingegen zufrieden mit der Empfehlung der Mindestlohnkommission, auch wenn diese in den kommenden Jahren unterhalb der im Wahlkampf von der Partei geforderten Höhe liegt. „Es sind zwar keine 15 Euro, aber in wirtschaftlich angespannten Zeiten ein wirklich annehmbares Ergebnis“, sagte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Bernd Rützel der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstagausgabe). „Mit 13,90 Euro ab 1. Januar .26 und 14,60 Euro ab 1. Januar. 2027 hat die Mindestlohnkommission einen guten Schritt gemacht für einen armutsfesten gesetzlichen Mindestlohn“, sagte Rützel.
Die SPD hatte mit der Forderung nach 15 Euro Mindestlohn Wahlkampf gemacht und die Zielmarke in den Koalitionsvertrag verhandelt. Beim heute beginnenden Bundesparteitag der SPD könnte dies Thema werden. Gegen eine gesetzliche Festlegung hat die Union Widerstand angemeldet.
Die Mindestlohnkommission hatte empfohlen, den Mindestlohn ab 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro anzuheben, ab 1. Januar 2027 dann auf 14,60 Euro. Heute liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro.