Ukraine bekommt deutsche Super-Haubitze: Doch Probleme begleiten Waffenlieferung
Die Ukrainer erhalten die erste Radhaubitze RCH 155 aus Deutschland. Doch: Bis zum Einsatz gegen Wladimir Putins Armee dauert es. Und die Bundeswehr hat ein Problem. Eine Analyse.
Kassel – Es sollte ein Signal sein, als Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am 13. Januar dem ukrainischen Botschafter in Deutschland, Oleksij Makejew, im hessischen Kassel die erste hochmoderne Radhaubitze RCH 155 übergab.
Waffen im Ukraine-Krieg: Deutschland übergibt Kiew Radhaubitze RCH 155
Es ist die erste ihrer Art überhaupt, die in die Streitkräfte eines Landes integriert wird. Und zwar in die ukrainischen. Oder wie es Makejew am Standort des deutsch-französischen Rüstungsherstellers KNDS formulierte: „Vor der Bundeswehr.“ In diesem Satz steckte eines von zwei erheblichen Problemen, die die mutmaßlich modernste Haubitze der Welt begleiten und die Freude für die Ukraine erst mal schmälern dürften.
Denn: Eigentlich hat Berlin für Kiew im Ukraine-Krieg insgesamt 54 Radhaubitzen bestellt. Und: Parallel hat das Bundesverteidigungsministerium für die deutsche Bundeswehr noch 80 Stück geordert. Die müssen aber alle nacheinander gebaut werden, bei begrenzten Produktionskapazitäten des Rüstungskonzerns. Die Folge: ein Stau in den Fertigungshallen. Anders formuliert: Die Auslieferung wird noch sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.
Waffen aus Deutschland für die Ukraine: RCH 155 schießt vollautomatisiert
Heißt: Die ersten sechs RCH 155 sollen erst Ende des Jahres 2025 auf den ukrainischen Schlachtfeldern zwischen Saporischschja, Donbass und Charkiw eintreffen. Davor sollen die ersten RCH 155 in Deutschland verbleiben, damit die für die selbstfahrenden Haubitzen vorgesehenen ukrainischen Soldaten an Standorten der Bundeswehr auf den völlig neuartigen Waffensystemen ausgebildet werden. Innovativ vor allem, weil: Es handelt es sich Herstellerangaben zufolge um die erste Haubitze weltweit, die aus voller Fahrt schießen kann.
Wobei Ziele zentimetergenau anvisiert werden können. Neuartig auch, weil der Geschützturm unbemannt ist. Heißt: Das (Nach-) Laden und das Ausrichten der Glattrohrkanone im Kaliber 155 Millimeter findet vollautomatisiert statt. Deswegen steht RCH auch für Remote Controlled Howitzer. Es sollen entscheidende Vorteile gegen die Invasionsarmee des Moskau-Regimes aus Russland sein. Schließlich sind viele russische Waffensysteme des brutalen Kreml-Autokraten Wladimir Putin völlig veraltet. Samt entsprechender Risiken für die Soldaten dahinter.
RCH 155 (Remote Controlled Howitzer 155 mm) | |
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Hersteller: | deutsch-französisches Rüstungsunternehmen KNDS |
Besatzung: | 2 (Kommandant und Kraftfahrer) |
Länge / Breite / Höhe: | 10,40 m / 2,99 m / 3,60 m |
Masse (Gewicht): | 39,0 t |
Geschwindigkeit: | mehr als 100 km/h (Straße) |
Hauptwaffe: | Kanone 155 mm/L52 |
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Deutsche Waffen im Ukraine-Krieg: RCH 155 kann aus voller Fahrt schießen
Mit dem Artillerie-Geschütz-Modul der RCH 155 sind dagegen neun Schuss pro Minute möglich – während die Haubitze fährt. Das bringt den Vorteil mit sich, dass keine Zeit vergeht, um nach dem Feuern das 10,40 Meter lange und 3,60 Meter hohe Gefährt vor möglichem Gegenbeschuss in Sicherheit zu bringen. Damit nicht genug: Wie schon bei der Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000), von der die Ukraine 25 erhalten hat, können mehrere hintereinander abgefeuerte Schüsse nahezu zeitgleich ein Ziel treffen. Mit entsprechender Schlagkraft dahinter.
Bei üblicher Nato-Munition im Kaliber 155 Millimeter beträgt die Reichweite der abgeschossenen Granaten bis zu 40 Kilometer. Das ermöglicht ein militärisches Operieren deutlich hinter der Front. Aber: Bis die Ukrainer mehrere RCH 155 haben werden, wird es eben noch lange dauern, wie auch die „Tagesthemen“ der ARD kommentierten. Wie viele selbstfahrende Haubitzen am KNDS-Standort in Kassel gleichzeitig gefertigt werden können, ist nicht bekannt. Als Anhaltspunkt dienen begrenzte Kapazitäten für die Produktion von Leopard-2-Panzern. Und: Bis Ende 2025 sollen der ukrainischen Armee, wie geschildert, sechs RCH 155 ausgehändigt werden.
Bundeswehr und Armee der Ukraine: Warten auf die RCH 155 geht weiter
Und: Die Bestelllisten verschiedener Nato-Mitglieder sind lang. Im Frühjahr hatten Bundesregierung und Bundestag zum Beispiel zehn Panzerhaubitzen 2000 nachbestellt. Auch diese Exemplare müssen erst noch gefertigt werden. Und so wartet die deutsche Bundeswehr wohl noch lange auf weitere Modelle der PzH 2000 und der neuen RCH 155. Ehe die deutschen Soldaten nach den ukrainischen Soldaten auf diesem Waffensystem überhaupt geschult werden können. (pm)