„Die EU-Wahl eignet sich nicht als Denkzettel“

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Staatsminister Eric Beißwenger hielt die Rede am politischen Aschermittwoch der CSU in Betzigau. © Lajos Fischer

Kempten/Oberallgäu – Zentrales Thema beim politischen Aschermittwoch der CSU-Kreisverbände Kempten und Oberallgäu war Europa und die Europawahl am 9. Juni. Passend dazu hielt die Rede des Abends der neue bayerische Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales, Eric Beißwenger.

Der Saal des Gasthofs Hirsch war gefüllt, als die Kemptener Kreisvorsitzende MdB Mechtilde Wittmann ans Mikrofon trat, um die Anwesenden auf das Wahljahr einzustimmen. Sie plädierte dafür, im Juni für ein starkes Europa zur Wahl zu gehen und rief dazu auf, sich auf die wichtigsten Inhalte zurückzubesinnen. Die Kraft der Demokratie komme aus den Kommunen und aus den Regionen. „Wir müssen einen klaren Kompass behalten“, sagte sie. Der sehnlichste Wunsch der Menschen in Europa sei Frieden und dieser beginne im Kleinen. Dieser Wunsch stehe auch im Fokus der diesjährigen Rede zum Aschermittwoch.

Eric Beißwenger berichtete zunächst über die vielen Herausforderungen in seinem neuen Amt. In den letzten drei Monaten habe er die Erfahrung gemacht, dass man als Minister nicht in sein Ministerium eingesperrt werde oder nur noch im Ausland unterwegs sei. Er könne trotz der Belastungen genug Zeit aufbringen, als Kreisvorsitzender im Oberallgäu mit den Menschen vor Ort in direktem Kontakt zu bleiben.

Kantige Sprüche Richtung Ampelregierung

In seiner Rede fehlte es nicht an kantigen Sprüchen und kritischen Anmerkungen Richtung politische Konkurrenz, die er aber in einer für einen politischen Aschermittwoch ungewöhnlich ruhigen Tonlage vortrug. Der Redefluss wurde nur ein-, zweimal durch einen kurzen Zwischenapplaus unterbrochen.

„Warum gibt es in der EU gerade in Deutschland eine Rezession?“, fragte der Minister. Der wichtigste „Sonderfaktor“ sei die Ampel: „Weil die Ampel regiert, wird die Wirtschaft ruiniert.“ Er hoffe, dass die „Bauernproteste“ hierzulande friedlich bleiben. Die Demonstrationen, die er selbst erlebt habe, seien im Gegensatz zu den Klimaklebern alle angemeldet gewesen und die Teilnehmer hätten auf die freien Rettungswege geachtet. Für den Agrardiesel gebe es in jedem anderen EU-Land Subventionen. Die Regierung habe die Landwirte bei der Kürzung ausgewählt, weil diese ihre Parteien sowieso nicht wählen würden.

Bürgergeld und Zuwanderung

„Wenn bei der Ampel alle Farben gleichzeitig leuchten, gibt es Unfälle“, behauptete Beißwenger. Das Bürgergeld bezeichnete er als „Abstandsgeld von der Arbeit“. Dadurch verzichte man auf Leute, die man auf dem Arbeitsmarkt dringend brauche. Dazu gehörten auch ukrainische Geflüchtete. Er berichtete über Gespräche in Albanien mit dem Ziel, Pflegekräfte nach Bayern zu holen. Er sei für Zuwanderung, aber in die Arbeit und nicht in die Sozialsysteme, sagte der CSU-Politiker, und fügte hinzu: „Wer seine Grenzen aufgibt, gibt seinen Staat auf.“

Die AfD sei eine „Riesenherausforderung“. Diese Partei habe sich inzwischen in dem Maße radikalisiert, dass sogar Marine Le Pen auf Distanz zu ihr gehe. Das mache Beißwenger Angst. Höcke meine, die EU solle sterben. Aber wenn Deutschland die Europäische Union verlassen würde, würde das dem Land massiv schaden. Kein Land profitiere so viel von der EU wie die Bundesrepublik und vor allem Bayern: „Noch haben wir eine Exportwirtschaft.“ Wenn Bayern ein eigenständiger Staat wäre, wäre es das Land mit der sechststärksten Wirtschaft in der Union. Deswegen wolle die CSU in Europa verstärkt mitreden. Man dürfe nicht vergessen, dass 70 Prozent aller Gesetze von der EU kämen. Bei seinem England-Besuch habe er gesehen, welche Probleme in Großbritannien heute existierten, die es vor dem Brexit nicht gegeben habe. „Die EU-Wahl eignet sich nicht als Denkzettel“, sagte der Oberallgäuer. Eine niedrige Wahlbeteiligung würde den Rechtsradikalen helfen, wegen derer Stärkung sich zurzeit jeder unserer Nachbarstaaten Sorgen mache.

Das Verbot der Verbrennungsmotoren ab 2035 sieht Beißwenger als „Riesenproblem“ an. Die besten Autos der letzten 100 Jahre seien in Deutschland hergestellt worden, bei der Elektromobilität würden aber andere Länder den Deutschen den Rang ablaufen. Die Länder Afrikas, Asiens, Amerikas und Russland werden seiner Meinung den Weg weg von den Verbrennern nicht mitgehen, deswegen werde sich Europa abhängen lassen.

Sicherheitspolitik

Mit großem Stolz erzählte er, dass er am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz dabei sein werde. Dass diese Veranstaltung seit 60 Jahren in Bayern stattfinde, zeige, dass dieses Land das Thema Sicherheit in seiner DNA verankert habe. Die Bayern seien fähig, nicht nur Konflikte zu lösen, sondern diese bereits im Keim ersticken zu lassen. Wenn es jetzt zu einem Krieg käme, würde die Bundeswehr nur für ein paar Tage Munition haben, meinte er. Es sei wichtig, in die Verteidigung zu investieren. Die Zwei-Prozent-Hürde bei den Investitionen in die Verteidigung habe seiner Meinung nach Deutschland nur deshalb überschritten, weil die Wirtschaftsleistung gesunken sei.

Schließlich warb er dafür, bei der Europawahl bayerische Kandidaten zu unterstützen, weil dieses Land das Subsidiaritätsprinzip noch ernst nehme. Nach dem Beifall dankte Wittmann für die Rede und lud zu persönlichen Gesprächen ein. Für die musikalische Begleitung des Abends sorgte die Musikkapelle Betzigau.

Den größten Applaus an diesem Abend bekam Matthäus Mair, der für seine 65-jährige CSU-Mitgliedschaft geehrt wurde.

Matthäus Mair mit Michael Eß, Eric Beißwenger und Mechtilde Wittmann
Matthäus Mair (zweiter von links) wurde für 65 Jahre Parteimitgliedschaft geehrt. Gratuliert haben (von links) CSU-Ortsvorsitzender Michael Eß, Eric Beißwenger und Mechtilde Wittmann. © Lajos Fischer

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