Rechtsruck: Vorsitzende Lebenshilfe befürchtet Angriffe auf Menschen mit Behinderung
Angesichts des Rechtsrucks hat die Vorsitzende der Lebenshilfe, Monika Haßlberger, große Sorgen geäußert. Zugleich zeigte sie sich kämpferisch.
Freising - Der Rechtsruck in Deutschland ist auch für die Lebenshilfe Freising spürbar. „Unsere Menschen werden immer häufiger die Zielscheibe von Hetze und Hass“, berichtete Vorsitzende Monika Haslberger beim Sommerempfang des Vereins am Donnerstagabend im Bildungszentrum an der Gartenstraße. Als Beispiel nannte Haslberger den Vorfall bei der Lebenshilfe Mönchengladbach. Dort hatten im Mai dieses Jahres mutmaßlich Rechtsextreme einen Ziegelstein durch ein Wohnheimfenster geworfen. Haslberger zitierte auch, was auf diesem Ziegelstein geschrieben stand, nämlich „Euthanasie ist eine Lösung“.
Haslbergers Botschaft war unmissverständlich: „Unseren Menschen wird damit das Lebensrecht abgesprochen. Aber ich sage: Ein Angriff auf die Bewohner ist ein Angriff auf uns Alle.“ Das sei aber längst noch nicht alles, laut Haslberger gäbe es immer mehr Werkstätten, an dessen Wänden wohl Hakenkreuze geschmiert werden. Doch sie wurde auch deutlich, woher diese „Verrohung“ unter anderem stamme: „Ein Maximilian Krah von der AfD sagt etwa, Nachrichten in einfacher Sprache seien Nachrichten für Idioten“, nannte sie ein Beispiel für Aufwiegelungen.
Tosender Applaus für Haslbergers Appell
Haslberger betonte aber auch, dass ihr Credo gerade deshalb unverrückbar ist: „Wir sind fest entschlossen, jeder Form von Ausgrenzung eine Absage zu erteilen. Und es ist gut, dass Sie alle dabei an unserer Seite stehen, damit wir nicht alleine sind. Wir müssen die Menschen darauf aufmerksam machen – immer wieder. Das wollte ich jetzt einfach mal loswerden“. Für diese flammende Rede, die für Gänsehaut sorgte, aber das Publikum auch sehr betroffen machte, erntete Haslberger den tosenden Applaus von den anwesenden rund 150 Gästen.

Nicht minder engagiert war die Rede von Jürgen Dusel, dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung. „Inklusion ist kein Akt der Nächstenliebe, sondern Demokratie“, sagte er. „Der Staat muss dafür sorgen, dass die Rechte ankommen und eben nicht nur auf dem Papier stehen. Bei der Inklusion geht es um nicht weniger als um die Umsetzung von Grundrechten.“
Wir sind fest entschlossen, jeder Form von Ausgrenzung eine Absage zu erteilen.
Was ihm schwer im Magen liegt, ist der fehlende Zugang zum Gesundheitssystem für Menschen mit Handicap. Ein Beispiel: „In gynäkologischen Praxen gibt es so gut wie keine Möglichkeit für Frauen, die im Rollstuhl sitzen, sich dort untersuchen zu lassen. Dafür muss die Person dann extra in ein Krankenhaus. Wir sprechen ständig von Hochleistungsmedizin, haben aber solche Zustände – das ist wirklich eine Schande.“
Weil Dusel nicht glaubt, dass Freiwilligkeit bei der Umsetzung von Barrierefreiheit zum Erfolg führen wird, soll hier ein Gesetz zur Verpflichtung Abhilfe schaffen. Einen weiteren Punkt, den der Beauftragte der Regierung, ansprach: Partizipation. „Menschen mit Behinderung wollen dabei sein und sich einbringen – das eint alle Menschen.“ Dafür müsse man die Barrierefreiheit in jeglicher Form nach vorne bringen. Denn das sei ein großes Qualitätsmerkmal für ein modernes Land.
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Dusel griff aber auch die einleitenden Ängste von Haslberger auf und formulierte es so: „Wir leben in einem offenen, bunten und diversen Land, deshalb müssen wir uns dem Rechtsruck und den Angriffen entgegenstellen. Wer Inklusion in Frage stellt, greift zentrale Werte der Demokratie an“.
Die Lebenshilfe plagen auch finanzielle Sorgen. Ein hohes Defizit, das die Schule verursacht, stellt den Verein vor existenzielle Nöte.