Nach Habeck-Eigenlob wegen seiner Gesetze: FDP-Politiker sieht „Glaubwürdigkeit auf dem Spiel“

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Robert Habeck findet seine Zeit als Wirtschaftsminister angesichts vieler neuer Gesetze schon jetzt gelungen. Das kommt bei der FDP nicht wirklich gut an.

Berlin – In der Ampel-Koalition gibt es zu so gut wie jedem Thema drei verschiedene Meinungen. Und die lassen sich oft nur unter größten Schmerzen der einen oder anderen Partei unter einen Hut bringen. Wenn überhaupt. Dennoch reklamieren SPD, Grüne und FDP jeweils für sich, aus eigener Sicht ziemlich viel richtig zu machen.

So ist auch eine Aussage von Robert Habeck im „Cosmo Machiavelli“-Podcast des WDR zu verstehen. „Ich glaube, wir haben im Wirtschaftsministerium so viele Gesetze, Verordnungen, europäische Verordnungen und so weiter umgesetzt, um das ganze Land wieder in Fahrt zu bringen, wie – ich behaupte jetzt mal frech, ohne nachgelesen zu haben – kein anderer Wirtschaftsminister davor. Das muss wirklich sehr, sehr lange her sein“, lobt sich der Vize-Kanzler in dem Gespräch.

Schaut wohlwollend auf seine Tätigkeit als Wirtschaftsminister: Robert Habeck (l.) lobt seine Arbeit, doch Christoph Meyer gefällt das gar nicht. © IMAGO / dts Nachrichtenagentur, IMAGO / Future Image

Habeck lobt eigene Gesetze: „Deshalb ist die Stimmung im Land nicht so schwierig“

„Da ist wirklich hart am Wind gesegelt worden“, findet der ehemalige Grünen-Co-Vorsitzende, der die Partei wohl als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf führen wird: „Daran liegt es nicht, dass die Stimmung im Land so schwierig ist.“ Aus seiner Sicht hat er die „Kernarbeit eines Ministers“ weitgehend erledigt.

In der FDP scheinen einige Politiker bei diesen Worten zu glauben, dass sie sich verhört haben müssen. So jedenfalls schimpft Christoph Meyer in der Bild: „Aus Erfahrung sind die Erwartungen an Robert Habeck und seine Durchsetzungsfähigkeit gering.“

Als Beispiel führt er ein aktuelles Prestige-Projekt der Bundesregierung an: „Das In-Aussicht-Stellen des Wirtschaftsministers für die schnelle Umsetzung der Wachstumsinitiative scheint bereits von der grünen Fraktion als Makulatur entlarvt zu sein. Seine Fraktion kritisiert, blockiert und versucht zusammenzustreichen.“

Deutschland und die Wirtschaftskrise: Habeck kündigt zweites Rezessionsjahr an

Mit der Wachstumsinitiative sollen die Weichen für mehr wirtschaftliche Dynamik gestellt werden. Sie umfasst 49 Maßnahmenbündel mit mehr als 130 konkreten Schritten. Doch bei der Ausgestaltung gehen die Meinungen zwischen Sozialdemokraten, den Mitgliedern der Ökopartei und den Liberalen dann wieder auseinander. Noch ist das vollmundig angekündigte Paket nicht verabschiedet.

Dabei scheint Eile geboten. So kündigte Habeck gerade erst an, dass die deutsche Wirtschaft auf das zweite Rezessionsjahr nacheinander zusteuert. Das Bruttoinlandsprodukt werde sich preisbereinigt um 0,2 Prozent verringern und erst 2025 wieder anziehen. Im Frühjahr hatte die Ampel-Koalition noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent für 2024 gerechnet.

Für Habeck ist daher entscheidend, „dass die Wachstumsinitiative jetzt voll umgesetzt wird“. Dabei nimmt der Wirtschaftsminister auch die Bundesländer in die Pflicht. Die Wirtschaft hat den Alarmknopf längst gedrückt.

Robert Habeck sitzt auf der Regierungsbank im Bundestag und hat den linken Arm auf eine Stuhllehne gelegt
Warten auf die Wachstumsinitiative: Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht viele Gesetze zumindest auf den Weg gebracht. © IMAGO / Political-Moments

Deutlicher Anstieg bei den Insolvenzen: Höchstwert für ein Quartal seit mehr als 14 Jahren

Derweil stellte das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer Analyse fest, dass die Zahl der Firmenpleiten im September gestiegen ist. Demnach wurden Insolvenzen von 1303 Personen- und Kapitalgesellschaften verzeichnet. Dies ist ein Anstieg um zwei Prozent im Vergleich zum Vormonat und von 28 Prozent zum September 2023. Außerdem liegt der aktuelle Wert um 44 Prozent über dem September-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also der Jahre vor der Corona-Pandemie.

Für das dritte Quartal 2024 wurden 3991 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften festgestellt. Dies ist die höchste Zahl für ein einzelnes Quartal in den vergangenen 14 Jahren. Zuletzt übertroffen wurde der Wert im zweiten Quartal 2010 mit 4071 Insolvenzen. Zu jener Zeit waren die Folgen der großen Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 zu spüren.

Andreas Audretsch gestikuliert am Rednerpult
Fordert Bewegung bei der Wachstumsinitiative: Andreas Audretsch nimmt die FDP in de Pflicht. © IMAGO / photothek

Deutschland und die Wachstumsinitiative: „Habecks Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel“

Womöglich hat Meyer auch diese Zahlen im Blick, wenn er fordert: „Wir erwarten als Minimum, dass der designierte grüne Spitzenkandidat seine eigene Fraktion in die Spur schickt, um die Umsetzung der Wachstumsinitiative mitzutragen.“ Weiter redet der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion dem Wirtschaftsminister ins Gewissen: „Habeck sollte bewusst sein, dass seine Glaubwürdigkeit auf dem Spiel steht – jetzt muss er Verantwortung für das Handeln seiner Fraktion übernehmen.“

Derweil springt Andreas Audretsch seinem Parteikollegen in dem Boulevardblatt bei: „Robert Habeck hat Deutschland 2022 durch eine schwere Energiekrise geführt und die Gas- und Ölversorgung gesichert. Ohne das wäre die Wirtschaft 2022 abgeschmiert.“ Zudem habe er die Erneuerbaren Energien vorangebracht, die Abhängigkeit von Russland und damit Kreml-Chef Wladimir Putin beendet und die Inflation abgesenkt, fügte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion hinzu.

Auch Audretsch mahnt zur Eile bei der Wachstumsinitiative und spielt den Ball zurück ins Feld des Koalitionspartners: „Wir setzen darauf, dass die FDP nicht auch da noch zum Blockadefaktor für Deutschland wird.“ (mg)

Auch interessant

Kommentare